Liebe Natascha, und liebe Literatur- und Kulturfreunde!
Hier ein paar Gedanken zum Jahresausklang:
Irgendwie empfand ich das vergangene Jahr anders als die Vorhergehenden. Erlaube mir, ein paar Gedanken hierzu auszudrücken. Gerade jetzt am Jahresausklang schaut man zurück und versucht Bilanz zu ziehen, so wie das früher jeder kleine Krämerladen am Jahresende machte. Die guten Vorsätze hängen wir erst einmal an den Nagel. Abnehmen und Fitness verschieben wir aufs nächste Jahr.
Die Zeiten haben sich geändert, Wertmaßstäbe haben sich verschoben, die Herausforderungen an die Gesellschaft sind gewachsen. Dabei scheinen letztere und auch wir selbst, immer weniger auf diese Aufgaben vorbereitet zu sein. Leider hat auch die Politik Schwierigkeiten, den neuen Herausforderungen gerecht zu werden. Sie enttäuscht im Moment nicht nur viele in Deutschland. In anderen Ländern der so genannten „ersten Welt“ ist es meist noch schlimmer.
Die alte Welt ist müde geworden im Mehrfrontenkrieg der unterschiedlichsten Herausforderungen. Unserer Angela merkt man das deutlich an. Wie einfach war doch das Regieren als die Feindbilder noch klar umrissen werden konnten. Jetzt ist auf einmal alles anders als noch vor wenigen Jahren. Fast scheint es, als seien wir in ein neues Zeitalter eingetreten. Technische Entwicklungen des Internets vermischen sich mit gesellschaftlichen Mutationen. Fake News und Lügen sind hoffähig geworden, Egozentrik und Macht Besessenheit scheinbar gleichermaßen.
Die Religionen spielen ihre unrühmliche Rolle auf ähnlichem Parkett, aber mit unterschiedlicher Bedeutung, je nachdem in welche Himmelsrichtung man schaut!
Die Präzision der kritischen Analyse verliert an Bedeutung. Gefragt sind mundgerechte Aussagen, im Wettbewerb gefälliger Worthülsen, deren Bedeutung mehr darin liegt, dass sie wirken und Beifall finden als inhaltlich korrekt zu sein. Wir stellen fest, dass Lügen salonfähig geworden sind bei einer Vielzahl von Hütern der Macht.
Es ist grausam, der Populismus siegt auf breiter Front. Schauen wir um uns herum. In welchem Land Europas finden wir gegenwärtig das wieder, was wir in der Vergangenheit so Wert schätzten, was uns antrieb und motivierte, als Diener des Staates, der Industrie oder unserer Gesellschaft, für eine gemeinsame Zukunft in Freiheit und Wohlstand für alle ?
Leider ist außerhalb Europas nicht viel Besseres zu finden, eher im Gegenteil, es scheint noch schlimmer zu sein. Die USA haben mit Tramp die Führungsrolle der „gefakten“ Glamour Politik übernommen, Putin macht es auf seine Weise, der Nordkoreaner hat es sogar geschafft, seine Bürger zum Lachen zu zwingen. Wer nicht an der richtigen Stelle lacht wird degradiert, erschossen oder kommt ins Lager. Werte zählen nicht, es ist die Macht, die zählt und den Mächtigen folgen die Handlanger der Macht, welche sie tragen und verteidigen.
War das nicht schon einmal früher so, in Zeiten, die wir gerne verdrängen wollen und in anderen, noch weit davor? „Panem et circenses“, Brot und Zirkusspiele schrieb schon der römische Dichter Juvenal in seinen satirischen Texten im ersten Jahrhundert nach Christus, als er sah, welches Spiel das Prinzipat zu spielen im Stande war, um den Senat in seiner Bedeutung zu schwächen, dabei aber die eigene rigorose Machtposition zu stärken und das Volk dennoch zufrieden zu stellen.
Sind wir nicht heute auf einmal wieder fast da, wo die Römer einst waren, nur dass die Spiele von einst jetzt von den Tattoo prächtigen Helden des Fußballs und anderen der Showbranche übernommen werden? Und ersetzt nicht in Zeiten der relativen Überernährung großer Bevölkerungsschichten unser lieb gewonnenes Internet das Brot der damaligen Epochen? Fast könnte man den Eindruck gewinnen, dass man, ohne unsere tradierten Werte als Leitlinie, viel schneller zu Ruhm und Reichtum gelangen kann und dabei noch verehrt und bewundert wird. Welcher Weg wird sich zeigen, wenn die Ziele im Dunst der Unzuverlässigkeit abhanden zu kommen drohen?
Ich selbst und viele mit mir haben damit absolut keine Probleme aber wohin driftet die Gesellschaft in deren Mitte wir uns befinden? Wohin treibt uns dieser Strom? Das sind Gedanken, die mich im Ausklang des Jahres beschäftigen.
<– Prof. Dr. Klaus Wiemer
Natürlich auch die Gedanken an die lieben Freunde die in diesem Jahr von uns gegangen sind. Es waren eine ganze Menge. Es lebe die Erinnerung an die schönen Stunden, die wir gemeinsam verbracht haben und somit sind sie eigentlich doch nicht von uns gegangen. Sie sind immer noch da und werden es somit auch immer bleiben.
Doch halt, war da nicht noch etwas? Habe ich da nicht unlängst ein fröhliches Kinderlachen gehört, so spontan, so voller Übermut glucksend, hüpfend und taumelnd im Kreis sich drehend? Sah ich da nicht die großen staunenden Augen welche die Wunder ihrer kleinen Welt erblickten und in sich aufsaugten. Waren da nicht die Momente der Ruhe, die Stille des Lauschens, um zu spüren, was die Natur uns beschert? Waren sie nicht da, diese Momente der Glückseligkeit, wo die Welt und wir eins zu sein schienen in unserem eigenen Biotop?
Und halt, war es nicht auch ein besonders schönes Jahr, in dem wir alte Freundschaften gepflegt und neue hinzugewonnen haben? Das war wirklich wunderschön, wir haben es mit Freuden genossen. Wir müssen Danke sagen, denn so ein Jahr ist nicht einfach selbstverständlich. Viele um uns herum hatten eine schwere Zeit und hoffen auf bessere Tage.
Vergiss die große Welt. Die kleine um uns herum hat so viel Schönheit zu bieten: „Warum denn in die Ferne schweife, wenn das Gute liegt so nah?“. Und wie sagte Seneca zu Beginn unserer Zeitrechnung vor 2000 Jahren. „Eines der höchsten Güter, die der Mensch besitzt ist seine Zeit. Wieso geht er so sorglos mit ihr um?“ Dann nimm sie Dir für die schönen Dinge, die das Leben Dir bietet und vergiss die Sorgen um die große Welt. Sie wird sich weiter drehen.
Wir wünschen Dir und allen Literatur- und Kulturfreunden alles Gute und freuen uns auf das Jahr 2018. – Isabel und Klaus