Eindrücke vom Treffen der Literatur- und Kulturfreunde Costa Blanca Nord

N a c h b e r i c h t   z u m   T h e m a   R U M Ä N I E N

vom 26. April 2018, im schönen Restaurante Pedramala (Benissa),

von Dr. Gabriela Calutiu Sonnenberg.

Rumänien - Siebenbürgen Was war das für ein umfangreiches Thema, das mir unsere stets an Neuem interessierte Organisatorin und Moderatorin Natascha L. Michnow vorschlug, als sie das Wort RUMÄNIEN nannte! Mein Herz fühlte sich plötzlich ganz schwer an, denn die Bewältigung dieser umfangreichen Aufgabe erschien mir schier unmöglich. Wie soll man die vielfältigen Facetten meines Heimatlandes in zwei kurze, viel zu kurzen Stunden zusammenfassen?

Auf der anderen Seite wusste ich, dass ich so ein großzügiges Angebot niemals abschlagen durfte, denn schließlich hatte ich insgeheim schon seit längerer Zeit auf eine faire Chance gewartet, mein Heimatland so vorzustellen, wie es wirklich ist, und nicht so wie es leider oft in gängigen Klischees verbreitet wird. „Irgendwo muss irgendwie irgendjemand anfangen“, ging es mir durch den Kopf, und „es gibt nichts Gutes, außer man tut es“.

Zugegeben, ich wusste dass ich in Natascha eine starke Verbündete hatte, die sich mit immensem Einsatz einbringt und tatkräftig anpackt. Um meinen gestärkten Rücken wissend, sagte ich also begeistert zu.

Die Vorbereitungszeit war kurz. Vielleicht war das auch unser Glück, denn nur unter Druck konnten wir uns tatsächlich auf das Wesentliche konzentrieren und mussten, manchmal auch schweren Herzens, einsehen, dass wir wirklich nur einige „Appetithäppchen“ anbieten durften, in der Hoffnung dass unsere Gäste sich anschließend so vom Thema angesprochen fühlten, um es auf eigene Faust weiter zu erkunden.

Wenn man mit eher nüchternen Erwartungen auf ein Ziel zugeht, kann man eigentlich nur positiv überrascht werden. Getreu diesem Motto ging ich fröhlich zum Treffen und wurde prompt von der großen Anzahl der Gäste angenehm überrascht. Spätestens als der Saal im Restaurante Pedramala – von Bernd Jopp – so voll war, dass wir Stühle von der Terrasse holen mussten, wurden meine Knie ganz weich. Ich begann nach Luft zu ringen. Die vertraute Musik der rumänischen Rockband PHOENIX im Vorprogramm kam mir dann aber zur Hilfe und verlieh mir Selbstvertrauen. Guten Mutes fingen wir an.

Und dann ging alles wunderbar leicht! Natascha lotste das Publikum und mich durch die Programmpunkte und zeigte gleichzeitig, sehr gekonnt, Bilder und Musik, die das Gesagte wunderbar untermalten. Dank des Toningenieurs Gerdi Gerhardt gab es eine hervorragende Akustik und unsere Mikrofone funktionierten einwandfrei. Somit verpuffte auch meine letzte Angst, dass meine Stimme womöglich nicht bis in den hinteren Rängen vernehmbar sein würde.

Die starken Töne der Musikband PHOENIX, dessen Leader Nicu Covaci (ganz rechts) auch an der Costa Blanca lebt, aber leider in letzter Minute seine Teilnahme absagen musste, weckten in manchen Anwesenden derartig lebendige Erinnerungen, dass sogar ein paar davon mitsangen. Die fetzige Musik der Band, die seit 55 Jahren besteht, und die Geschichte der abenteuerlichen Flucht ihrer Mitglieder ins Ausland, zur Zeit des Eisernen Vorhangs, bewirkten, dass einige Herzen bebten. Manch unruhiges Tanzbein zuckte unmerklich im Rhythmus der zeitlosen Hits unterm Tisch. Die Aufnahmen von Livekonzerten zündeten auf unserer Leinwand. Spätestens da stellten auch die letzten Zuschauer ihre Mobiltelefone aus, und es wurden Stühle gerückt, damit alle einen freien Blick nach vorne hatten.

Ich las die erste Geschichte aus den Schilderungen des immer wieder faszinierenden Alltags Rumäniens vor, geschrieben vom Siebenbürger Benjamin Jozsa, und erntete sofort Beifall und amüsiertes Lachen. Erneut hörten wir Musik von Nicu Covaci und bewunderten einige seiner in Spanien und Deutschland entstandenen Gemälde.

Als der gegen Tierquälerei und Stierkampf gerichtete  neue Song Nicus´ „Orujo“ erklang, stellte sich heraus, dass wir mal wieder einen Nerv bei unseren Zuschauern aus Benissa getroffen hatten, die sich in den letzten Wochen mit tragischen Hundevergiftungen konfrontiert gesehen hatten. Es gab zum Song standing ovations.

Aktuell wie auf der Leipziger Buchmesse, die in diesem Frühling, im März, Rumänien als Gastland gerade eben vorgestellt hatten, gestaltete sich der mittlere Teil unseres Vortages. Gespickt mit Auszügen aus Werken rumänischer Klassiker und Rumäniendeutschen Autoren präsentierte sich Geschichte, Kunst und Fakten aus einer Welt, die teilweise überraschend, teilweise aber auch erstaunlich vertraut anmutete und zum Nachdenken animierte. Auf der Leinwand sah man Bilder der traumhaften Gegend zwischen Donau und Karpaten, nicht selten von entzückten und erstaunten Zurufen und Ergänzungen aus dem Publikum begleitet.

Teile aus Manfred Krawatzkys´ Buch, „Rumänien,  der unbekannte Nachbar“, zeigten die amüsante Sicht der Rumänen über sich selbst und über die nationalen Minderheiten, die seit Jahrhunderten auf dem Gebiet des jetzigen Rumänien beispiellos friedlich mit- und nebeneinander leben. Schilderungen aus der überwundenen Zeit der Unterdrückung durch den repressiven Apparat des kommunistischen Regimes ergänzten das Bild und machten den gewaltigen Fortschritt deutlich, den Rumänien in der Zeit nach der Wende vollbrachte. Dennoch wurden auch die Punkte erwähnt, die sich zu langsam oder  sogar in falscher Richtung bewegt haben. Mit ein paar Bemerkungen aus den erschütternden Büchern der Banaterin und Nobelpreisträgerin Herta Müller, die den psychischen Druck deutlich macht, dem man ausgesetzt wird, wenn man unter Freiheitsentzug leidet, schloss sich die Reise in der Vergangenheit ab. In der Luft schwebte die Hoffnung, dass so etwas nie wieder passieren darf.

Im letzten Teil des Vortrages las ich aus meinem vor kurzem in Rumänien erschienenen Buch „Bolero“ vor. Man hätte beinah die Stecknadel auf den Boden fallen hören können! Ich konnte spüren, wie die Zuhörer mit mir mitatmeten, lachten und nachdachten. Ein einmaliges Erlebnis!

Ich beendete meine Rede mit einem kurzen Essay zum Thema Heimat und, da wir alle als Europäer mit diesem Begriff manchmal hadern, brachte es mir Applaus. Dann nochmal das Lied „Orujo“, dass mittlerweile zum Ohrwurm avanciert war und… mein allerherzlichster Dank an Natascha, die diesen wunderbaren Nachmittag möglich machte!

Der Abschied fiel uns schwer, denn wir mussten aus Zeitgründen auf Nataschas Internetseite www.literaturfreunde-costa-blanca.com ausweichen, um unserem Publikum ein köstliches „Schmankerl“ zur Verfügung zu stellen, welches ein völlig neues Licht auf die Widersprüche der rumänischen Securitate (Ceausescus Schergen) wirft.

Der Text „Ja nicht Ja“ ist ein Meisterstück der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur. Geschrieben vom in Deutschland gefeierten siebenbürgischen Schriftsteller Eginald Schlattner, dessen mehrfach verfilmte Bücher zu den Bestsellern zählen, zeigt er, wie Unterdrückung auch mit Humor und Gelassenheit überwunden werden kann. Ich empfehle unbedingt, ihn zu lesen, denn nicht Vielen von uns wird die Ehre zuteil, einen so bewegenden Text, mit Erlaubnis des Autors, publizieren zu dürfen! Inzwischen erschien der Text auch in der “Allgemeinen Deutschen Zeitung” in Bukarest, und iin dem frisch gedruckten Buch “Der siebenbürgische Voltaire” in Hermannstadt.

“Die Schergen Ceausescus” – Ja nicht ja.      Zum Lesen bitte anklicken.

Anschließend drückte ich Hände von Menschen die sogar aus Denia, Torrevieja oder La Nucia gekommen waren, um aus ihrer alten Heimat Neues und Altes zu erfahren, oder einfach weil sie wirklich „das unbekannte Rumänien“ kennenlernen wollten. Einige stammten aus meiner Heimatstadt, Hermannstadt, andere hatten vor Jahrzehnten Konzerte der Gruppe PHOENIX besucht. Eine Dame aus Denia gestand mir, dass sie nur ganz wenig Deutsch verstehe, aber, als Rumänin, die in Spanien lebt, musste sie hierher kommen, um die Personen zu treffen die aus eigenem Antrieb Rumänien im Ausland vorstellen.

Und dann war noch eine aparte Dame aus Deutschland da, die mir gestand, dass sie aufgrund unseres Vortrags eine Wohnmobilreise im Sommer nach Rumänien in Erwägung ziehe. Was kann man sich mehr wünschen?

Andere fanden den Humor der rumänischen Autoren besonders ansprechend und lobten unseren Einsatz in vielen Hinsichten (auch für Details wie Kleidung, Haltung, Aussprache gab es Anerkennung). Kurz zusammengefasst, es war ein Bad in guten Gefühlen, oder, wie der Lieblingsspruch von Nicu Covaci es so schön sagt: „geteilte Freude ist doppelte Freude“.

Wer glaubt, dass dies das Ende war, der täuscht sich. Für Natascha Michnow fängt nach der Veranstaltung erst recht die Arbeit an. Auf der Seite der Literatur- und Kulturfreunde Costa Blanca, die sie alleine betreut (doch bei arg schwierigen Details hilft Gerdi Gerhardt), sind schon 50 Autorenportaits hochgeladen und man findet Woche für Woche immer mehr neue Beiträge. Die Rumänien-Veranstaltung, zum Beispiel, ist bereits jetzt auf YouTube Filmen zu sehen! Alles was ich hier geschildert habe, kann man also dort nachsehen. Eine Galerie mit  Fotos von allen (!) 76 Veranstaltungen ist nun fertig…

Kein Wunder, dass die Besucherzahl (übrigens aus aller Welt) der Internetseite der „Literatur- & Kulturfreunde Costa Blanca“ in letzter Zeit rapide gestiegen ist und mittlerweile die 49.030 überschritten hat (seit Februar 2014 bis Anfang30. Mai 2018). Das Lob, das Natascha Michnow dafür verdient, hört sie leider viel zu selten. Ich danke ihr auch bei dieser Gelegenheit noch einmal aus ganzem Herzen!

Gabriela Căluțiu Sonnenberg

Besuchen Sie auch gerne die Webseite von Gabriela C. Sonnenberg

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Als Dankeschön von mir  dieses Gedicht von Mihai Eminescu:

Ein riesengroßes Dankeschön geht an Benjamin Jozsa, Manfred Krawatzky und Herta Müller, denn ohne die Auszüge aus Ihren wunderbaren Büchern wäre unser Rumänien Bild nur halb so gut gewesen.

Tausend Dank auch an Eginald Schlattner, mit einer Verbeugung, aber am Liebsten mit einer begeisterten Umarmung, dass ich den absolut lesenswerten Text von Ihnen auf meine Internetseiten bringen durfte.

Ich bleibe ihnen allen sehr verbunden!

Übrigens meine Mama und natürlich ihre gesamte Familie waren Deutsche aus der Ukraine, und mein Vater Ukrainer …

Herzlichste Grüße, Ihre Natascha L. Michnow

Liebe Gabriela!

Ich bedanke mich bei Dir, dass wir zusammen eine Idee verwirklichen konnten und so gut und erfolgreich umsetzten. Das macht Lust auf mehr …

Ich bin sehr glücklich und stolz, dass Du, die ja schon etliche Sprossen der Erfolgsleiter erklommen hat, sich bei mir, oder besser bei uns, den Literatur- & Kulturfreunden, so wunderbar einfügst und wir immer wieder fantastische Geschichten aus Deinem reichen Beobachtungsschatz hören, die uns oft zum Lachen und auch zum Nachdenken brachten. Wir staunen auch über Deinen unbestechlichen, klaren Blick auf alles, besonders wenn es politisch wird.

Deine Vorträge sind “umwerfend”, denn Du triffst mit Worten und Deinem unvergleichlichen Ton – leicht ironisch, immer versöhnlich mit Herz,  Seele und eben viel Gefühl, und doch mit einer spitzen Feder den Punkt treffend.

Deine große Redlichkeit, Dein breitgefächertes Wissen “ob der Dinge” über die Du schreibst, begeistern mich immer wieder. Ich freue mich schon jetzt  etwas NEUES von Dir zu hören und ich sammle gerne Deine Trophäen auf Deiner Künstlerseite in meiner Homepage hier.

Dankeschön, und hoffentlich bald auf ein Neues.

Natascha

Reaktion aus Siebenbürgen, Rumänien

Nachtrag:

Dieser Bericht hat schon seinen Weg nach Siebenbürgen, genauer gesagt Hermannstadt, der Heimatstadt von Gabriela gefunden. Anbei mit freundlicher Genehmigung der Hermanstädter Zeitung der Artikel vom 8.5.2018.

Hermannstädter Zeitung – 18.05.2018