15. Alte Freunde und neue Gefahren

Kapitel 15 und 16

15. Alte Freunde und neue Gefahren

Dank der günstigen Winde kann die Catalina bereits am Abend des zweiten Tages in den Hafen von Salvador de Bahia einlaufen. Ihnen wird ein Liegeplatz im kleinen Yachthafen am Forte Sao Marcelo zugeteilt. Hier dürfen nur Segel und Fischerboote anlegen. Mit dem großen mittelalterlichen Fort Sao Marcelo von 1650, welches genau in der Mitte des Hafens aus dem Wasser ragt, sieht der Hafen sehr malerisch aus. Am oberen Teil der Pier wird ihnen ein Liegeplatz zugewiesen. Pia stellt mit geübtem Auge fest, das ihre Yacht wieder die Größte hier im Hafen ist.

Giorgio hat seinem Freund die Ankunft mitgeteilt. Jürgen Lüttich steht bereits mit seiner Frau Consuela, einer waschechten, attraktiven Brasilianerin und einem großen Korb tropischer Früchte am Pier und erwarten die Catalina. Beide staunen nicht schlecht über die Größe und Eleganz der Catalina. Im nu füllt sich die Pier mit allerlei Neugierigen, die einen Blick auf den stolzen Segler werfen und sich das Anlegemanöver nicht entgehen lassen wollen. Kaum ist die Gangway runter gelassen, kommt Familie Lüttich an Bord. Beide Männer liegen sich in den Armen und begrüßen sich über-schwänglich. Nach einer ausgiebigen Besichtigung des Schiffes setzen sie sich in den Salon, weil es hier etwas kühler als an Deck ist und auch keine ungebetenen Zuhörer hat. Mein lieber Giorgio, mir ist der Schreck ganz schön in die Glieder gefahren, als Du mich angerufen hast. Ich hab durch Amadeus auch einiges rausbekommen über Eure neuen Freunde in Recife. Ich muss schon sagen Giorgio, früher hattest Du einen besseren Umgang!“ er grinst und erzählt dann, was seine Freunde von Amadeus rausbekommen haben.

Also dieser Manuel Cabrall ist in der Unterwelt Nordbrasiliens eine ganz große Nummer und sehr gefährlich. Er hat Recife und viele andere Städte fest unter seiner Kontrolle was Prostitution, Mädchenhandel und Drogen anbelangt. Außerdem soll er für etliche Morde verantwortlich sein. Man hat ihm aber noch nie was nachweisen können. Zeugen sind entweder umgefallen oder spurlos verschwunden. Auch die Polizei und Gerichte hat er, zumindest in Recife, offensichtlich unter seiner Kontrolle. Er kann dort schalten und walten, wie er will!“ Ein liebenswerter Mensch, so richtig sympathisch!“ bemerkt Max und Pia stammelt nur: „Oh Gott, mir wird jetzt noch schlecht, wenn ich daran denke, was passiert wäre, wenn wir uns nicht befreit hätten.“ Theresa und Flo laufen kalte Schauer über den Rücken.Das Problem ist nur, dass dieser nette Mensch auch Verbindungen nach Salvador de Bahia hat und Ihr hier nicht sicher seid. Euer Schiff ist so auffällig, wie ein lila Elefant, so dass er in spätestens zwei Stunden weiß, dass Ihr hier geankert habt.

Die Wut über Eure Flucht macht ihn zusätzlich unberechenbar und gefährlich. Aber meine Freunde von Amadeus und wir werden Euch helfen und haben vier Mann abgestellt, die Euch und Euer Schiff ständig bewachen. Das sind absolute Fachleute mit reichlich Geheimdienst Erfahrung. Die kennen alle Tricks dieser Ganoven und werden Euch begleiten, bis Ihr aus der Gefahrenzone raus seit, beziehungsweise bis die ganze Bande geschnappt ist. Denen könnt Ihr voll vertrauen!“  Was ist das für ein Club, dieser Amadeus?“ interessiert sich Giorgio. Amadeus ist ein Zusammenschluss von Männern aus allen möglichen Schichten und Berufen, hauptsächlich aus Europa, aber auch aus Nordamerika, Asien und Australien, die sich gegen alle Widrigkeiten die dieses schöne Land zu bieten hat, zur Wehr setzen, sich gegenseitig helfen und unterstützen wo immer es geht. Das kann bei vielen Dingen ganz schön hilfreich sein. Wir haben ein Netzwerk über das ganze Land, auch in Argentinien, Chile und ein Paar weiteren Ländern gibt es Amadeus!“ berichtet Jürgen. Er ist stolz, auch zu dieser exklusiven Vereinigung zu gehören.Vor allem kann man sich nicht für eine Amadeus Mitgliedschaft bewerben, sondern man wird vorgeschlagen, ähnlich wie bei Rotary oder Lions.“

Jetzt meldet sich Consuela Lüttich zu Wort und meint in fast akzentfreiem Deutsch. Mein schönes Land hat aber nicht nur Gangster und Korruption zu bieten, sondern viel mehr. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie alle für einige Tage unsere Gäste sind und wir Ihnen die Schönheiten Brasiliens zeigen dürfen!“ Woher sprechen Sie so gut Deutsch?“ fragt Flo verwundert. „Ich habe einen deutschen Mann!“ Sie schaut lächelnd auf Jürgen, ihre dunklen Augen funkeln dabei. Außerdem arbeite ich im deutschen Konsulat hier in Bahia und bin auch auf eine deutsche Schule gegangen!“ Dass Salvador de Bahia sehr schön sein muss, haben wir schon beim Einlaufen gesehen. Es ist faszinierend, durch diese weitläufige Bucht der Baia de Todes os Santos mit ihren vielen kleinen Inseln zu fahren und dann das Lichtermeer der Stadt die Berge hoch schlängeln zu sehen,“ schwärmt Pia. Ja, hier unten ist die Cidade baixa, die Unterstadt und oben cidade alta, die Oberstadt. Man kann mit der Seilbahn oder mit Aufzügen hin und her fahren, aber es gibt auch Straßen hinauf. Salvador de Bahia ist die drittgrößte Stadt Brasiliens mit fast drei Millionen Einwohnern und wird auch das schwarze Herz Brasiliens genannt.

li. der Aufzugturm der in die Oberstadt führt

Es ist neben Rio auch die bunteste und lebhafteste Stadt mit dem größten afrikanischen Einfluss. Das kommt durch den Sklavenhandel. Die Stadt war die Hochburg des Sklaven-handels. Hier legten die meisten Sklavenschiffe aus Afrika an. Der ehemalige Sklaven-markt, der Pelourinho in der Altstadt ist heute ein bekannter Künstler und Szenetreff und sehr interessant.“ Jochen ergänzt: „Wir möchten Euch gern einladen, morgen mit uns einen Stadtrundgang durch die Altstadt zu machen. Der Mercado modelo ist der größte Markt für Afro Brasilianische Kunst und Kitschmarkt und unglaublich Bunt. Er ist gleich da drüben. Außerdem wollen wir mit Euch morgen essen gehen, damit Ihr die typische Küche dieser Gegend kennen lernt. Wir denken da an ein sehr gemütliches Restaurant in der Oberstadt mit einem tollen Blick. Zur Sicherheit kommen unsere Bodyguards aber mit.

Am Morgen darauf setzen sie sich unter fachkundiger Anleitung des Ehepaar Lüttich in Richtung Mercado Modelo in Bewegung, im Schlepptau drei Bodyguards. Der Vierte bleibt zur Bewachung des Schiffes an Bord. Kolumbus unterstützt ihn dabei.Die Markthalle quillt beinahe über von bunten Bildern, Skulpturen, Masken, Tellern, Tüchern Gold- und Silberwaren und vielen weiteren Dingen, die teilweise schön und kunstvoll , teilweise aber auch furchtbar kitschig sind. Es wimmelt von Einheimischen in allen Hautschattierungen und Touristen. Es ist furchtbar laut, bunt und stickig. Aber, hier herrscht eine natürliche Fröhlichkeit, die jeden Besucher sofort ansteckt.

Flo, die für solche Dinge sehr empfänglich ist, stöbert aufgeregt durch die Stände und ergattert alsbald einen sehr bunten, aber durchaus geschmackvollen Stoff, aus dem sie sich einen Bolero schneidern will. Auch Giorgio, der sonst nicht so schnell zu begeistern ist, kann an einem sehr kunstvollen, abstrakten Bild, von einem Brasilianischen Obst und Gemüsemarkt, nicht vorbeigehen. Anschließend marschieren sie zum Aufzug Lacerda, der sie in Rekordgeschwindigkeit in die Oberstadt katapultiert. Hier empfängt sie das Flair des alten Salvador und versetzt sie augenblicklich zurück in die Kolonialzeit. Rosa, babyblau, hellgelb und pastellgrün gestrichene Häuser mit vielen kleinen Läden prägen das Straßenbild.

Sie schlendern Richtung Tereiro de Jesus, einem der zentralen Plätze der Stadt. Überall verkaufen Händler ihre Waren. Schuhputzer bemühen sich um Kundschaft. In der Mitte des Platzes steht ein riesiger Brunnen mit vier Statuen, die laut Frau Lüttich die vier wichtigsten Ströme Brasiliens darstellen sollen. Hier in der Altstadt werden sie überall von der Lebensfreude und Fröhlichkeit der Einwohner mitgerissen. Ich habe noch in keiner Stadt so viele Kirchen und Kathedralen gesehen wie hier!“ staunt Pia. Nachdem sie einige besichtigt haben, auch sonst allerlei Sehenswertes, klagen die Seefahrer über müde Füße und haben einen Bärenhunger.

Lüttichs haben ein Einsehen und steuern ein hübsches, kleines Lokal an der Praca Tomé de Souza an, welches direkt an der Felskante der Oberstadt liegt und über eine schwindelerregende Terrasse mit traumhaften Blick auf die Unterstadt, den Hafen und das Meer verfügt. Die Catalina liegt majestätisch zu ihren Füßen. Selbst Kolumbus können sie als kleinen Punkt hin und her wuseln sehen. Jürgen Lüttich macht den Vorschlag, verschiedene Spezialitäten zu bestellen und dann am Tisch aufzuteilen. Da keiner der Weltenbummler die brasilianische Küche kennt, sind sie durchaus für den Vorschlag zu haben. Also bestellt Consuela Vatapá, das Lieblingsgericht der Bewohner Salvador der Bahia´s, bestehend aus Weißbrot, getrockneten Krabben, Cashew- und Erdnüssen, Kokosmilch und vielen frischen Gewürzen (li. oben).

Dann natürlich das brasilianische Nationalgericht, Churrasco Misto, welches aus diversen Fleisch- und Wurstsorten vom Grill besteht(re. oben), die dann in verschiedenen würzigen aber auch scharfen Marinaden eingelegt werden. Dann darf natürlich auch Feijoada Completa (li. unten) nicht fehlen, eine Mischung zwischen dicker Suppe und Eintopf aus marinierten schwarzen und braunen Bohnen, Suppenfleisch, verschiedene Wurstsorten, geräuchertem Speck, Orangenscheiben, vielen Gewürzen und einer scharfen Pfeffersauce. Eine leckere, aber auch nicht ganz leichte Kost. Zu allen Gerichten kommen als Beilagen Farofa de ovos, eine Maniok speise und Couve Mineira (re. unten), ein grüner Kohl. Als Nachspeise werden noch Compota de Golaba, ein Guaven Kompott aufgetischt. Alles ist sehr lecker, aber den Mädchen ist es einfach zu viel Fleisch. Sie halten sich mehr an die Beilagen, die Krabben und den Nachtisch.

Sie haben gerade ihren Guaven Kompott vor sich, als das Walki talki von einem ihrer Sicherheitsleute knarrt und jemand unverständliche Sätze hinein brüllt. Consuela übersetzt sofort, dass der auf der Catalina zurückgebliebene Bodyguard zwei merkwürdige Gestalten am Schiff herumschleichen sah und jetzt von seinem Boss, der mit ihnen im Lokal war, Instruktionen haben will. Dieser sagt ihm, dass er nur verdeckt beobachten und auf keinen Fall versuchen soll, die Kerle zu schnappen. Er soll auf die Anderen warten, da sie zu viert größere Chancen haben, die Ganoven zu überwältigen.

Nach dem ausgiebigen Rundgang durch die Altstadt, dem herrlichen Essen und dem Genuss von einem süffigen chilenischen Rotwein, sind sie ziemlich müde und schläfrig, weshalb man beschließt, zum Schiff zurück zu gehen und den Tag mit einem starken Kaffee an Bord ausklingen zu lassen. Am nächsten Tag wollen Lüttichs den Weltenbummlern noch die schöne Umgebung der Stadt zeigen und sie gegen neun Uhr am Schiff abholen. Sie schlendern jetzt Richtung Fahrstuhl und sind in wenigen Minuten wieder an ihrem Schiff. Von verdächtigen Gestalten ist nichts zu sehen, weshalb Giorgio und die Mädchen sofort an Bord gehen. Max überprüft das Schiff noch von außen, kann aber nichts Besonderes feststellen und klettert dann, mit Lüttichs zusammen an Bord. Der zurückgebliebene Bodyguard berichtet seinem Boss ausführlich. Dieser gibt knappe Anweisungen an seine Truppe. Zwei Security Männer gehen darauf wieder von Bord um ausgiebig den Kai abzusuchen. Nach zwei Minuten hören sie kurz hintereinander mehrere Schüsse, die vom Ende des Kais kommen. Unmittelbar darauf kann Pia ihre beiden Beschützer erkennen, die zwei weitere Gestalten im Schlepptau haben. Ein kleinerer und ein langer schlaksiger Mann. Erst beim näher kommen erkennt Pia, dass es sich um ihre Entführer handelt. Auch Flo erschrickt beim Anblick ihrer Peiniger. „Giorgio!“ schreit sie mit zittriger Stimme. „Das sind die Schweine die uns entführt haben!“ Theresa kommt an Deck gestürzt und erkannt die Kerle auch sofort wieder. „Kein Zweifel, dass sind diese widerlichen Stinktiere!“ Sie bekommt beim Anblick ihrer Entführer sofort eine Gänsehaut und zittert am ganzen Körper.

Die beiden Wachmänner gehen nicht gerade zimperlich mit ihnen um und treiben sie mit verdrehten Armen vor sich her, die Gangway hoch. Als sie an Deck stehen, springt Pia auf die Kerle zu und gibt Beiden, bevor überhaupt jemand reagieren kann, eine kräftige Ohrfeige. All die Angst und Schmach, die sie erlitten hat, legt sie in die Schläge hinein, so dass die Gangster kräftig schwanken. Flo, Theresa und Max klatschen Beifall. Auch Giorgio würde die Beiden am liebsten verprügeln. Giorgio, Jürgen Lüttich und der Boss der Wachtruppe berieten sich kurz, was sie mit den Gangstern machen wollen.

Jürgen, der durch Amadeus gute Kontakte zur hiesigen Polizei hat, schlägt vor, die Kerle der Polizei zu übergeben um dadurch eventuell die ganze Bande auffliegen zu lassen. „Ich kenne da einige Leute, die sicherlich nicht Korrupt sind und bestimmt die Chance nutzen, diese Kerle zum Reden zu bringen, um an die Hintermänner heran zu kommen.“ Giorgio mag sich lieber nicht vorstellen, wie die Polizei diese Gauner behandeln wird, aber sein Mitleid hält sich in Grenzen. Also ruft der Chef der Bodyguards die entsprechenden Leute bei der Polizei an, berichtet in kurzen Sätzen, was passiert ist, und erzählt dann: „Die Polizei wird in zehn Minuten hier sein und unsere „Gäste“ in Empfang nehmen.“ Dann haben Pat & Patachon doch tatsächlich versucht, uns noch einmal aufs Korn zu nehmen. Unsere Mädchen müssen ihnen also lieb und vor allem teuer sein. Zum Glück sind diese Beiden so dämlich, dass sie keine besondere Vorsicht getroffen haben. Mit Bodyguards haben sie bestimmt auch nicht gerechnet.“ überlegt Max. Nach einer halben Stunde endlich kommt die Polizei und verfrachtet die Ganoven in ein vergittertes Fahrzeug. Sie haben ein ganzes Waffenarsenal bei sich. In ihrem Auto finden die Polizisten zusätzlich noch Stricke, Klebeband und Chloroform.

Der Chef der Bodyguards und Jürgen Lüttich setzen mit dem Einsatzleiter das Protokoll auf und auch gleich ihre Unterschrift darunter. Damit ist das Thema Entführung für die fünf Weltreisenden erst mal erledigt. Giorgio hofft sehr, dass die Behörden auch die Hauptfiguren in diesem Drama möglichst schnell hinter Gitter bringen, da sie sich erst dann in Brasilien einigermaßen sicher fühlen können. Kurz nachdem die Polizei verschwunden ist, brechen auch Lüttichs auf. „Morgen um Neun sind wir hier und holen Euch zu einer schönen Tour ab, damit Ihr auch die schönen Seiten unseres Landes kennen lernt. Die Security bleibt, wenn´s Euch Recht ist, bis der Rest der Bande erwischt wird zur Sicherheit an Bord.“ „Ich danke Dir, Jürgen!“ Giorgio umarmt seinen Freund herzlich. Die drei Mädchen und auch Max sind sehr beruhigt, so einen professionellen Schutz zu haben.

Pünktlich neun Uhr am Morgen kommt Ehepaar Lüttich den Kai hoch geschlendert und wird von Kolumbus stürmisch begrüßt. Kaum an Deck angekommen, erklärt Consuela das Programm, welches sie für die Weltenbummler zusammengestellt hat. „Wenn Ihr mögt, schauen wir uns zuerst den Stadtteil Pelourinho in der Oberstadt an. Das ist die größte zusammenhängende Barockarchitektur in ganz Amerika und sehr interessant, Es ist ein Weltkulturerbe der UNESCO!“ erklärt sie stolz.

Dann fahren wir aus der Stadt heraus, die Küste entlang und suchen uns eine schöne Badestelle unter Palmen, Also nehmt bitte Euer Badezeug mit. Anschließend fahren wir weiter auf der Estrada de Coco, also Kokosstraße nach Praia do Forte. Das ist ein hübsches kleines Fischerdorf mit schönen Stränden. Vielen ursprünglichen Restaurants und Bars. Da gibt es das Projekt Tamar zum Schutz der Meeresschildkröten, das möchten wir Euch auch gern zeigen!“ Sie holt tief Luft und sieht sich in der Runde um. Giorgio blickte über seine Crew und bemerkt volle Zustimmung in ihren Minen. „Vielen Dank für dieses tolle Programm. Kultur, Natur und Tiere sind für uns genau die richtige Mischung. Wir dürfen Euch als Revanche dann in eines dieser Restaurants in diesem Fischerdorf einladen, bevor wir zurückfahren?“  Die Einladung nehmen wir gerne an, also lasst uns losfahren!“ ruft Jochen. Fünf Minuten später folgen sie den Beiden zu ihrem Auto, einem geräumigen Van, wo auch Kolumbus sich bequem ausstrecken kann. Da alle vier Bodyguards an Bord Wache halten, hat Kolumbus heute frei.

Jochen fährt eine steile Straße hoch in die Cidade Alta. Nach kurzer Zeit sind sie bereits im dichtesten Gewimmel des Stadtteils Pelourino. Er kann im Hinterhof eines Freundes parken, da sonst Parkplätze fast nicht vorhanden sind. Dieser Stadtteil ist die Urzelle von Salvador. Hier wurden Sklaven verkauft, bestraft oder sogar getötet. Es waren raue Zeiten damals. Aber heute ist es ein Ort der Fröhlichkeit, der alle Sinne anspricht. Es gibt hier allein 12 Museen, viele Galerien, Bars, Restaurants und vieles mehr. Und es gibt auch Capoeira Schulen, wo sogar jeder für eine Stunde mitmachen kann!“ erklärt Consuela. Was ist das denn?“ will Flo wissen. „Capoeira war ursprünglich ein Kampf-gesang aus der Sklavenzeit. Heute jedoch wohl die stimmungsvollste Ausdrucksform mit Gesang und Tanz. Es finden immer viele Wettbewerbe statt, ähnlich wie beim Karneval, der übrigens auch hier seinen Ursprung hat!“

Sie schlendern durch die Gassen und werden von dem quirligen, fröhlichen Leben immer mehr mitgerissen. Gerade als sie eine der großen Galerien betreten wollen, schrillte das Handy von Jochen. Er meldet sich, hörte eine Weile zu, wobei sein Gesicht sich zunehmend verfinstert. Nachdem er das Gespräch beendet hat, zieht er alle in eine ruhige Ecke und erklärt: „Auf unsere Security Mannschaft ist doch verlass. Die haben an der Pier zwei Männer herumschleichen sehen, ohne dass sie selbst gesehen wurden. Ein kleiner, dicker und ein großer schlaksiger. Einer unserer Männer hat den Dicken erkannt. Es ist der Gangsterboss Manuel Cabrall höchstpersönlich.“ „Pat & Pattachon!“ entfährt es Max mit entsetzter Mine. Jochen fährt fort. Unsere Männer haben einen Plan. Da die Kerle nicht wissen, dass Ihr bewacht werdet und Euch an Bord vermuten oder zumindest in der Nähe. Außerdem noch nicht wissen, dass die anderen beiden Strolche gestern verhaftet wurden, werden sie versuchen an Bord zu kommen um ihre Kumpel zu suchen und die Mädchen einzukassieren.

Die Polizisten haben die Ganoven gestern vorsichtshalber nicht in das Zentralgefängnis gebracht, sondern an einen geheimen Ort, um auch an die Hintermänner heranzukommen. Man weiß nicht genau, wie weit die Verbindungen von Cabrall führen. Da er von hier das letzte Lebenszeichen seiner Handlanger bekommen hat, ist er natürlich sofort hierher gekommen, in der Hoffnung zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen!“ Prima“ meint Pia „Dann können unsere Männer doch sofort die Polizei rufen und die Kerle verhaften lassen!“ Leider geht das nicht, da ihnen so wieder mal nichts nachgewiesen werden kann. Das ist schon zu oft passiert, daher läuft dieser Kerl immer noch frei herum und geht seinen schmutzigen Geschäften nach!“ Er holt tief Luft und meint: Der Plan sieht so aus, dass Ihr ganz normal an Bord geht und Euch völlig unauffällig verhaltet. Die wissen ja nicht, dass unsere Jungs bereits an Bord sind.

Cabrall wird frühestens am Abend aufs Schiff schleichen, da er Tagsüber zu viele Zeugen befürchten muss. Ihr seid dann unter Deck und wartet, bis die zwei kommen. Sie werden Euch bedrohen und wahrscheinlich fesseln. Wenn Ihr das über Euch ergehen lasst, haben wir genug Beweise. Unsere Männer können dann eingreifen. Ich selbst werde vorher wieder die Polizei verständigen, die den Ganoven den Rückweg ab-schneiden und die Pier besetzen kann. Passieren kann Euch eigentlich nichts, da unsere Leute, sollte es brenzlig werden, sofort eingreifen. Aber die Entscheidung, ob Ihr den Köder spielen wollt, kann ich Euch nicht abnehmen!“ beendet Lüttich seinen Monolog.

Giorgio räuspert sich und meint dann: „Grundsätzlich finde ich Deine Überlegungen gut und es wäre eine große Genugtuung, diese Gangster endlich zur Strecke zu bringen, aber die letzte Entscheidung sollen unsere Mädchen treffen, da sie unter diesen Gangstern am meisten gelitten haben. Ich kann es ihnen nicht verdenken, wenn sie jetzt zu viel Angst und Ekel haben, sich noch mal in die Hände dieser Verbrecher zu begeben!“ Flo, Pia und Theresa sehen sich fragend an. Wie aus einem Munde rufen alle drei spontan: Na klar, machen wir den Lockvogel. Wir wollen diese Kerle in der Hölle schmoren sehen!“ Damit ist das weitere Vorgehen entschieden. Sie brechen ihre Besichtigungstour hier ab, suchen sich eine ruhige Bar und wollen die Details besprechen. Jochen schlägt vor, die Weltenbummler direkt vor ihr Schiff zu fahren und sich unter lautem Hallo zu verabschieden. So ist einerseits sichergestellt, dass sie unterwegs nicht noch abgefangen werden können. Andererseits ist glaubhafter, dass die Lindners dann allein an Bord sind.

Zwischenzeitlich hat Jochen mit seinem Freund von der Polizei telefoniert und in den Plan eingeweiht. Der ist begeistert und erzählt Jochen, dass ein Sonderkommando schon seit zwei Jahren versucht Cabrall irgend etwas nachzuweisen. Er kann es kaum glauben, dass es jetzt endlich klappen kann. Gegen drei Uhr nachmittags bringen Consuela und Jochen die Seefahrer direkt an die Pier und halten unmittelbar vor der Gangway. Alle steigen aus, verabschieden sich herzlich und lautstark von einander und klettern dann auf die Catalina. Vollkommen unbefangen deckt Flo den großen Tisch an Deck. Alle Fünf setzen sich gemütlich zum Kaffeetrinken zusammen. Sie sind sich fast sicher, dass sie von Land aus beobachtet werden. Vom Niedergang ihres Schiffes, bewacht sie die Security. Bis zur einsetzenden Dunkelheit vertreiben sie sich die Zeit mit Kartenspielen. Kurz nach sechs räumen sie den Tisch ab und verziehen sich planmäßig unter Deck. Ein Security Mann hat sich in dem Hohlraum unter dem Niedergang versteckt. Er wird ein Zeichen geben, wenn die Ganoven anrücken. „Hoffentlich haben Pat & Patachon nicht noch Verstärkung dabei!“ grübelt Theresa. „Das glaub ich nicht, die sind bestimmt alleine hier. Ihr Betätigungsfeld liegt hauptsächlich in Recife, Rio und Sao Paulo!“ vermutet Giorgio.

Es ist kurz nach acht, draußen bereits stockdunkel, wenn man von den wenigen, trüben Laternen an der Pier absieht. Sie hören ein leises klopfen an der Wand zum Salon. Das ist das verabredete Zeichen, dass die Kerle im Anmarsch sind. Drei Minuten später wird die Salontür aufgerissen. Erst stürmt der Lange rein, dicht dahinter der Dicke mit den Schweinsäuglein. Die Weltenbummler sind zwar darauf gefasst, erschrecken jetzt aber doch und müssen das nicht mal spielen. Cabrall setzt sein breitestes Grinsen auf und ruft in schneidendem Ton: „Na, so klein ist doch die Welt. Ich freue mich, sie alle gesund und munter wieder zu sehen, ob dass so bleibt, daran habe ich doch meine Zweifel!“ Er zieht einen Revolver aus seinem Hosenbund und schreit: „Die Männer auf den Boden mit Gesicht nach unten und die Weiber da an die Wand!“ Dann gibt er dem Langen ein Zeichen. Der fängt sofort an, Flo zu fesseln und geht dabei nicht gerade zimperlich um. Dann kommt Theresa an die Reihe, zum Schluss Pia. Die Mädchen wimmern und verdrücken sogar ein paar Tränen. Die ganze Zeit über hält der Dicke Giorgio und Max mit seiner Waffe in Schach.

Zum Schluss werden auch sie an Händen und Füßen gefesselt, in Giorgios Kabine geschleift und aufs Bett geworfen. Dann grunzt der Dicke und höhnt: „Von den Weibern könnt Ihr Euch an dieser Stelle auf Nimmerwiedersehen verabschieden. Nachdem ich und mein Freund mit denen fertig sind, werden sie zukünftig gute Dienste in unseren verschiedenen “Fachbetrieben“ leisten. Unsere “Ausbilder“ freuen sich schon darauf und unsere Kunden bestimmt auch. So leckere Puppen findet man nicht alle Tage!“ Er lacht schallend und gibt seinem Kollegen die Anweisung, die Mädchen zu knebeln und mit Chloroform außer Gefecht zu setzen. Pia, Flo und Theresa reißen vor Schreck an ihren Fesseln und beginnen zu schreien, was jedoch durch den Langen schnell unterbunden wird. Zuerst drückt er Pia, dann Theresa den Wattebausch unter die Nase. Beide sacken sofort zusammen. Flo schreit aus Leibes Kräften und Giorgio und Max stimmen aus Giorgios Kabine mit ein.

Der Dicke will Max gerade mit dem Kolben der Waffe einen Scheitel ziehen, als drei Security Männer aus ihrem Versteck springen, sich auf die Ganoven werfen und sie im nu außer Gefecht setzen. Der vierte Wachmann sichert vorsichtshalber weiterhin den Niedergang. Nachdem die beiden Gangster fest verschnürt, mit blödem Gesichtsausdruck auf dem Boden liegen und die Mädchen, Giorgio und Max von ihren Fesseln befreit werden, rappeln sich auch Theresa und Pia wieder auf. Sie haben vorher verabredet, falls sie wieder betäubt werden sollen, die Luft anzuhalten, die Ohnmacht vorzutäuschen und schnell zu Boden zu gehen. Das hat auch gut geklappt. Sie haben leider nur vergessen, Giorgio und Max von diesem Plan zu erzählen, so dass deren Entsetzen durchaus echt ist.

Der Boss der Security ruft sofort die Polizisten, die vor dem Schiff lauern. Mit vier Beamten stürmen sie in den Salon und nehmen Pat & Patachon in Empfang. Giorgio fragt sofort: „Na reichen die Be-weise gegen diese Kerle jetzt aus?“ Der Chef der Einsatztruppe unterhält sich kurz mit den Security Leuten und meint dann fröhlich: „Da kann ich Sie beruhigen, wir haben genügend Zeugen die den Überfall auf Sie mitgehört und gesehen haben. Außerdem auch zahlreiche Beweise sichergestellt. Sobald wir deren Auto gefunden haben, was ja in der Nähe abgestellt sein muss, finden wir dort sicher noch mehr. Die beiden Gentleman werden ihr Leben im Gefängnis beenden. In Brasilien bedeutet Lebenslänglich auch wirklich Lebenslänglich. Wenn wir deren Yacht und Wohnungen durchsuchen, werden wir bestimmt genügend Beweise für die anderen Verbrechen und vor allem, mit wem sie bei Behörden und der Polizei zusammen-gearbeitet haben, finden. Endlich können wir die ganze Bande jetzt hochnehmen!“ lächelt er zufrieden. Er läßt die Kerle abführen, bedankt sich bei den Lindners und auch bei der Security. Dann ruft er im gehen „Das Protokoll bringt morgen jemand zur Unterschrift vorbei!“ Ja, ja, das kennen wir schon,“ brummt Max und denkt an Casa-blanca. Dann verabschieden sich auch ihre Beschützer von der Schiffsbesatzung und bedanken sich herzlich für deren tolle Hilfe.

Als sie endlich wieder allein sind, ruft Giorgio sofort Jochen Lüttich an, um ihm die freudigen Ereignisse mitzuteilen. Dann setzen sie sich an Deck zusammen, schlürfen alkoholfreie tropische Cocktails und müssen das Geschehen verarbeiten, in dem sie ausführlich und detailliert diese, nicht ungefährliche Situation, Revue passieren lassen. Zwei Stunden später sind, außer der Deckswache alle in den Betten und sofort eingeschlafen.

Morgens beim Frühstück, ruft Jochen an und fragt, ob sie ihren abgebrochenen Ausflug heute Vormittag fortsetzen wollen. Da ihnen, nach all den Aufregungen einfach nur nach relaxen und schwimmen ist, schlagen sie vor, nur einen ausgiebigen Badeausflug mit anschließender Schildkröten Besichtigung zu unternehmen. Nach weiterem Trubel oder Menschenmengen ist ihnen heute nicht mehr. Lüttichs haben dafür volles Verständnis und wollen die Crew der Catalina in einer Stunde abholen. Wann fahren wir eigentlich weiter?“ fragt Pia mit einem Blick in die Runde. „Na ich denke mal morgen Vormittag. Dann bunkern wir noch Sprit und Wasser. Ein Paar Lebensmittel müssen wir morgen früh auch noch besorgen!“ erklärt Flo. Wir müssen heute Abend erst mal festlegen, wo es jetzt hingehen soll. Habt Ihr von Brasilien nun die Nase voll oder wollen wir hier noch weiter segeln, darauf möchte ich heute Abend gern Antworten!“ meint Giorgio.

Es wird ein wundervoller Tag an einem fast menschenleeren Strand mit schwimmen, schnorcheln, tauchen und relaxen, sowie anschließendem köstlichen Brasilianischem Essen in einem einfachen Lokal in Praia do Forte. Sie beenden ihren Ausflug mit einem Besuch in dem Schildkröten Schutzgebiet Tamar wo die großen Meeresschildkröten erforscht und geschützt werden.

Gegen sechs Uhr abends sind sie wieder bei der Catalina und bitten Lüttichs noch auf einen Drink an Bord. Nachdem man sich zwei Stunden später von Consuela und Jochen unter vielen Umarmungen verabschiedet hat, setzt sich die Besatzung um den großen Deckstisch, um über das weitere Programm zu diskutieren. Bevor wir die weitere Route besprechen, muss ich noch mal sagen, dass ohne die Hilfe von Jochen, die Sache wahrscheinlich ganz anders ausgegangen wäre. Wir sind Consuela und Jochen zu großem Dank verpflichtet!“ erklärt Giorgio seiner Mannschaft.

So und nun zu unserer weiteren Route. Es gibt mehrere Möglichkeiten!“ fängt der Käpt´n an. „Wir könnten nach Rio segeln und wenn wir schon mal da sind, auch weiter nach Montevideo und auf der anderen Seite des Rio de la Plata Buenos Aires einen Besuch abstatten. Montevideo soll sehr schön sein und völlig anders als die anderen Südamerikanischen Städte. Die Hauptstadt von Argentinien und des Tangos ist bestimmt eine Reise wert. Danach können wir, wenn Ihr wollt, runter zum Kap Horn und versuchen die Stürme abzureiten und um die Südspitze zu umrunden. Dann auf der Westseite Südamerikas hoch segeln und verschieden Häfen in Chile und Peru einen Besuch abstatten. Oder aber,” hier macht er eine Pause.

Oder wir segeln dann wieder zurück, ohne viele Zwischenstationen Richtung Karibik und setzen unseren ursprünglichen Plan um, wofür ich eigentlich eher wäre, auch wenn wir über viertausend Seemeilen mehr herunterreißen müssten!“ Pia ruft sofort. „Nee Giorgio, das mit Kap Horn kannste vergessen. Ich habe auf unserer Atlantiküberquerung genug Sturm gehabt und das muss nicht schon wieder sein.“ Entrüstet rollt sie ihre schönen Augen. Ich bin auch für die Tour in die Karibik, Giorgio. Bis Buenos Aires können wir ja noch schippern, damit wir diese Ecke der Welt auch kennen lernen, aber dann unbedingt in die Karibik. Das soll doch eines der schönsten Segelreviere der Welt sein und um Kap Horn herum würden wir davon und auch von den USA ja gar nichts sehen!“ Theresa hat sich in Rage geredet. Giorgio sieht Max und Flo an. Die stimmt sofort ihrer Schwester und Theresa zu, allein schon mit dem Gedanken, sonst ihren geliebten Laurin in New Orleans nicht treffen zu können. Max mault, nicht ganz überzeugend, dass er dann ja kein Cap Hornier werden könne. Wenn Ihr dieser Meinung seid, sind wir uns Mehrheitlich einig und lichten morgen die Anker mit Kurs Rio!“ Giorgio ist erleichtert, keine großen Diskussionen führen zu müssen.

Am nächsten Morgen sind sie bereits gegen sieben Uhr mit Frühstücken fertig. Max und Flo besorgen die letzten Vorräte, Giorgio holt vorsichtshalber noch ein paar Kanister Diesel und erledigt die Formalitäten bei der Hafenbehörde. Pia und Theresa sind mit dem Aufklaren des Schiffes und Vorbereitungen für ihren nächsten Törn beschäftigt. Nur Kolumbus läßt es sich gut gehen und schläft selig im Schatten des Großmastes. Gegen Elf Uhr ist alles erledigt, Pia löst die Leinen an der Pier, springt die Gangway hoch und holt sie an Deck. Giorgio wirft die Maschine an und steuert langsam aus dem engen Hafenbecken aufs offene Meer hinaus. Nachdem sie die kleinen, Vorgelagerten Inselchen umschifft haben, gibt er die Anweisung „setzt Segel!“ Bei Windstärke drei nimmt der Segler gerade soviel Fahrt auf, dass Giorgio die Maschine wieder abstellen kann. „Bis Rio sind es ungefähr sechshundert Seemeilen, also ungefähr fünf Tage, wenn wir keine Flaute erleben!“ hofft Giorgio. Sie segeln gerade noch in Sichtweite der Brasilianischen Küste südwärts und sind Neptun dankbar, das er ihnen Wind aus Nordwest schickt.

Kapitel 16

16. Kühle Drinks und heiße Nächte

Die nächsten Tage verlaufen ohne Störungen oder Katastrophen. Alle können relaxen, schlafen oder an Deck entspannen. Am frühen Abend des fünften Tages tauchen am Horizont, viele kleine Inseln auf. An Steuerbord ist die riesige Bucht von Rio de Janeiro erkennbar.

Giorgio hat vom Hafenkapitän einen Liegeplatz in der Botofago Bucht zugewiesen bekommen. Hier liegen Yachten aller Größen und einige kleinere Kreuzfahrtschiffe. Auf Grund der geringen Winde segeln sie unter Vollzeug in die große Bucht von Rio. Dann um den Zuckerhut herum und holen die Segel erst bei der Einfahrt in die Guanabara Bucht ein. Es ist ein wundervolles Schauspiel in der Dämmerung die Lichter von Rio zu sehen.

Da sie keinen Liegeplatz direkt am Kai bekommen, müssen sie in zweiter Reihe an einem alten, etwas ungepflegt wirkenden Dreimaster mit Namen “Yacaranda“ längsseits gehen. An Land können sie nur über die Reling auf das andere Schiff und dann auf der Backbordseite die Gangway runter an Land. Auf diesem Schiff ist kein Mensch. Das Deck macht zwar einen aufgeräumten aber schmuddeligen Eindruck. Giorgio hat erfahren, dass dieser Segler zum Verkauf steht, aber sich bisher noch keinen Käufer gefunden hat. Das Hafenbecken wuselt nur so von Booten, Barkassen und Yachten. Es ist ein Leben und Treiben, wie es nur im temperamentvollen Brasilien möglich ist. Sie haben gerade die Fender eingehängt und die Catalina festgemacht, als auch schon zwei schwarzhaarige Herren in edlen weißen Uniformen mit goldenen Litzen auf dem Deck des Dreimasters auftauchen und sich als Beamte des Hafenamtes zu erkennen geben. Sie wollen die Schiffspapiere, Pässe und das Impfzeugnis von Kolumbus sehen und natürlich die Liegegebühren für drei Tage im voraus kassieren.

Beide machen einen netten Eindruck. Giorgio lädt sie spontan zu einem deutschen Bier an den großen Tisch vorm Ruderhaus. Das lassen die sich nicht zweimal sagen und setzen ihr fröhlichstes Grinsen auf. Beide können recht gut englisch. Sofort ist eine lebhafte Diskussion im Gange über das Schiff, ihre Reise und vor allem ihre Erlebnisse in Salvador de Bahia. Max staunt, woher die das wissen. Der Ältere der Beiden erklärt fröhlich, dass gestern in allen Zeitungen des Landes ausführlich über die Überfälle und Verhaftungen geschrieben wurde und die Catalina samt Besatzung jetzt in Brasilien berühmt ist. Giorgio stöhnt: „Auch das noch, anonym wäre uns viel lieber gewesen. Aber offensichtlich ist dann wohl die ganze Bande geschnappt worden, sonst hätte die Polizei nicht die Presse informiert!“ Flo witzelt „ich habe doch gar keine Autogrammkarten!“ Theresa fragt mit sorgenvoller Mine. „Sind auch Fotos von uns dabei?“ „Nein, es ist nur ein Bericht über die geglückte Verhaftung der Gangster!“ beruhigt sie der Jüngere. Es gefällt ihnen offenbar im Kreise der Catalina Crew, denn bei einem zweiten Bierchen geben Sie noch diverse Ratschläge und Tipps für Besichtigungen in Rio.

Ihr müsst unbedingt den schönsten Felsen der Welt von Oben ansehen, den Zuckerhut. Am besten ist es, am späten Nachmittag hochzufahren, die Abend-dämmerung und das Lichtermeer von Rio zu beobachten. Da kann man alles um sich herum vergessen!“ schwärmt der Ältere mit Nationalstolz in der Stimme. Das stimmt, und selbstverständlich müsst Ihr auch den Corcovado besuchen, das ist der Berg mit der Christusstatue drauf!“ ergänzt sein Kollege ebenso stolz. Giorgio fragt nach einer Stadtrundfahrt, um wieder einen Gesamtüberblick von der Stadt zu bekommen. „Na klar gibt es so was. Eine Station ist sogar ganz in der Nähe, ungefähr 300 Meter von hier,“ der Ältere zeigt in die Richtung Hafenausfahrt. „Was könnt Ihr denn sonst noch empfehlen?“ fragt Theresa.

Ach es gibt hier so viel, da könnt Ihr ein ganzes Jahr bleiben und habt immer noch nicht alles gesehen. Schade, das Ihr nicht im Februar hier seid. Der Karneval ist weltberühmt und bestimmt dann unser ganzes Leben!“ Seine Augen funkeln allein bei dem Gedanken daran. Der Kollege ergänzt noch: „Dann ist es richtig schön warm hier und nicht so kalt wie jetzt im Juli!“ Flo und Theresa sehen sich an und finden die 23° im Moment eigentlich auch ganz erträglich.

Max will wissen, welches denn die schönsten Strände wären. Der Ältere grinst: „Du meinst wohl, wo die schönsten Mädchen zu finden sind? Da kann ich Euch nur den Strand von Ipanema empfehlen. Copacabana ist zwar auch toll und mit vier Kilometer Länge auch viel größer, aber dort ist es voll mit vielen Touristen und Gaunern. Ipanema ist etwas ruhiger und die aufregendsten Boddy´s findet Ihr dort!“ „Da gibt es auch die besten Restaurants, Bars und Discos!“ meint sein Partner noch. Dann brechen sie, nicht ohne persönlichen Handschlag, auf und klettern fröhlich über den Dreimaster zurück auf den Kai.

Vorschlag zur Güte!“ überlegt Giorgio. „Wir suchen uns jetzt ein kleines Restaurant hier in der Nähe. Morgen Früh werden wir zunächst eine Stadtrundfahrt machen. Dann wissen wir, was wir uns genauer ansehen wollen. Am späten Nachmittag fahren wir zum Zuckerhut rauf und haben dann einen Überblick von Oben. Übermorgen können wir von mir aus am Strand von Ipanema baden gehen, damit wir das auch mal gesehen haben. Danach vielleicht einen Bummel zu den interessantesten Plätzen der Stadt machen und abends können wir irgendwo schön essen gehen. Was haltet Ihr davon?“ „Wie Lange wollen wir hier denn bleiben?“ fragt Pia dagegen. „Reichen Euch vier Tage, oder soll es etwas mehr sein?“ fragt Giorgio wie ein Verkäufer.Also ich finde Giorgios Vorschlag gut. Wenn wir das Programm durchgezogen haben, können wir uns ja immer noch überlegen, ob und wenn ja, was wir noch sehen und wie lange wir noch bleiben wollen!“ meint Theresa. Pia, Flo und Max sind zufrieden und starten zu ihrem Restaurantbesuch.

Am nächsten Morgen stehen sie kurz vor neun am Haltepunkt der Stadtrundfahrt. Drei Minuten später kommt ein oben offener Doppeldeckerbus und los geht´s. Sie umrunden zunächst den Zuckerhut, fahren durch verschiedene Stadtteile mit dichtem Verkehr und zahllosen Hochhausschluchten. Dann nähern sie sich dem Viertel Copacabana und steigen dort, nach einem ersten Blick auf den Strand, aus.

Wow, das ist ja riesig hier. Entfährt es Max. Trotz der frühen Stunde ist am Strand schon allerhand los. Unzählige bildhübsche Mädchen in Bikinis die so knapp sind, dass die männliche Phantasie kaum noch gefordert wird. Aber auch viele Muskelbepackte Männer sind da und stellen sich mehr oder weniger aufreizend zur Schau. Es geht hier offensichtlich mehr um sehen und gesehen werden, als um Spaß und Entspannung!“ stellt Giorgio trocken fest. Max sieht sehr interessiert den Strand rauf und runter, während Theresa sehr interessiert auf Max schaut. Ihr Gesicht verfinstert sich immer mehr.

Als Max dann auch noch einen lockeren Spruch über die vielen schönen Mädchen hier am Strand bringt, explodiert sie förmlich und giftet ihn an: „Während unserer ganzen Reise warst Du schon auf die Weiber von der Copacabana scharf, Du geiler Bock. Mir erzählst Du, dass Du mich liebst und ich die schönste für Dich bin. Kaum sind wir hier, geilst Du Dich an diesen fast nackten Tussis auf. Was ist das denn für eine Liebe?“ Ihre Stimme wird immer lauter. Mit so einem kann und will ich nicht zusammenleben. Mit Dir würde ich ja meines Lebens nicht mehr froh, weil ich immer befürchten muss, dass Du sowieso nicht treu sein kannst und fremd gehst!“ Das spanische Temperament kocht in Theresa hoch, während der Rest der Crew, wie vom Donner gerührt, daneben steht. Max starrt sie fassungslos an und bekommt keinen Ton raus. Theresa zischt jetzt mit leiser, schneidender Stimme und Tränen in den Augen, Max an: „Ich werde jetzt mit einem Taxi zurück zur Catalina fahren, meine Koffer packen und nach Hause fliegen. Dir wünsche ich noch ein schönes Leben. Such Dir eine tolle Tussi, die Dir mehr bieten kann als ich, Auswahl haste ja genug. Mit uns ist es jedenfalls aus!“ Sie dreht sich auf dem Absatz um, haucht zu Pia, Flo und Giorgio gewandt eine knappe Entschuldigung. Dann läuft sie den Strand hoch zur Straße und ist unmittelbar darauf in einem Taxi verschwunden.

Giorgio findet als erster seine Worte wieder. „Da hat mein Herr Sohn ja wohl ganz schönen Mist gebaut!“stellt er sachlich fest. Flo in ihrer unbekümmerten, temperamentvollen Art brüllt ihren Bruder jetzt an. „Du Hirni kannst es auch nicht lassen, Theresa zu provozieren. Du weißt ganz genau, dass Frauen bei so was empfindlich sind, besonders Theresa. Aber nein, mein dämlicher Bruder muss ja wieder mal den Macho raus hängen lassen. Du wirst in Deinem ganzen Leben keine so tolle Frau mehr finden wie Theresa. Aber das hast Du jetzt auch verdient, Du blöder Hammel und unsere Reise hast Du damit auch verdorben!“ Flo blitzt ihren Bruder böse an. Pia, in ihrer ausgleichenden Art versucht erst mal die Gemüter zu beruhigen.Das war bestimmt nicht einer seiner besten Einfälle, aber Theresa kennt ihn doch und weiß, dass er gerne mal etwas provoziert, es aber nicht so meint. Ich glaube, dass auch Theresa etwas überreagiert hat!“

Sicher war Theresas Reaktion schon heftig, aber nachvollziehbar. Besonders wenn man an ihre Erlebnisse der letzten Tage und Wochen denkt, kommt bei ihr vermutlich vieles zusammen und hat sich jetzt entladen. Ich hoffe sehr Max, dass Dir das eine Lehre ist und Du zukünftig diese blöden und teilweise auch verletzenden Sprüche lässt. Flo hat völlig Recht. Eine so tolle Frau wie Theresa findest Du so bald nicht wieder, ihr passt doch eigentlich sehr gut zusammen, habt viele Gemeinsamkeiten. Du liebst sie und sie liebt Dich, also was soll das dann. Sicher gibt es hier jede Menge schöne Mädchen. Aber ein richtiger Gentleman genießt und schweigt. Er gibt seiner Partnerin nicht noch das Gefühl, zweite Wahl zu sein. Und das ist Theresa mit Sicherheit nicht. Ich glaube nicht, dass Du hier am Strand auch nur eine findest, die ihr das Wasser reichen kann!“ rüffelt Giorgio seinen Sohn. Max sitzt jetzt völlig verzweifelt im Sand, hat Tränen in den Augen und sucht mühsam nach Worten.

Das wollte ich doch nicht. Ihr kennt mich doch und meine blöden Sprüche. Die sind doch nie so gemeint. Ich liebe Theresa wirklich, wie ich noch nie jemanden geliebt habe und kann und will mir ein Leben ohne sie überhaupt nicht mehr vorstellen. Ich bin so ein Idiot. Dass Theresa das so aufgefasst hat, habe ich wirklich nicht gewollt. Die Weiber hier sehen zwar schön aus, sind mir aber völlig egal. Du hast Recht Giorgio, von denen kommt wirklich keine an Theresa heran!“ Er steht wieder auf, wischt sich die Tränen aus dem Gesicht und ruft: Sie darf auf keinen Fall abfliegen, das würde ich nicht überleben. Ich werde auch ein Taxi nehmen und hinterher fahren. Ich hoffe, dass ich sie noch umstimmen kann und sie mir verzeiht. Meint Ihr, dass das richtig ist?“ Seine Schwestern und auch Giorgio haben schon wieder Mitleid mit ihm. Pia vermutet: Max, es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Theresa wird, wenn sie sich etwas beruhigt hat, auch merken, dass sie ein bisschen überreagiert hat. Also fahr zum Schiff, rede mit ihr und sprecht Euch mal richtig aus. Wenn sie sich noch nicht beruhigt hat, lass sie brüllen, bleib ruhig, dann kommt sie am schnellsten wieder runter. Denk dran, Du hast nichts mehr zu verlieren sondern kannst jetzt nur gewinnen!“ Ist Giorgio überzeugt. „Wenn Du möchtest, komme ich als Mediator oder auch Schiedsrichter mit!“ bietet sich Pia an. „Nee danke Pia. Den Schiet habe ich mir alleine eingebrockt, den muss ich auch alleine wieder auslöffeln!“ meint Max zerknirscht, dreht sich um und springt in ein Taxi, während die restliche Crew ihre Stadtrundfahrt bedrückt fortsetzt.

Am Schiff angekommen, findet er Theresa mit verheultem Gesicht auf ihrem Bett liegend vor. Neben ihr ein halb gepackter Seesack und Kleidung, wild in der ganzen Kabine verteilt. Max hat noch schnell eine schöne Strelizie ergattert und legt sie mit zerknirschtem Gesicht auf ihre Brust. Theresa bitte fahr nicht!“ stammelt er mit entsetztem Gesicht auf den Seesack blickend. „Ich bin der größte Idiot von ganz Rio und wollte Dich bestimmt nicht verletzen. Du weißt, dass meine blöden Sprüche überhaupt nichts zu bedeuten haben. Ich liebe wirklich nur Dich. Du bist für mich die begehrens-werteste Frau, die ich mir vorstellen kann. Ich will Dich nicht verlieren, denn ohne Dich hat mein Leben einfach keinen Sinn. Die anderen Weiber sind mir doch völlig schnurz, nur Du bist mir wichtig. Auch Giorgio hat gesagt, dass keiner dieser Strandtussis Dir auch nur im entferntesten das Wasser reichen kann. Er hat absolut Recht!“ Er sieht sie schuldbewusst an und hofft auf Theresas Absolution.

Die beachtet ihn zunächst gar nicht, wischt sich die Tränen ab, rutscht vom Bett runter und sammelt langsam ihre Klamotten auf. Da von Theresa kein Ton kommt, wird Max immer nervöser und versucht ihrer Mimik etwas zu entlocken. Nach einer ganzen Weile zischt sie dann plötzlich: Du blöder Macho machst mit Deinen noch blöderen Sprüchen alles kaputt zwischen uns. Du bist doch kein Kleinkind mehr, das nicht weiß was es sagt. Von Dir kann ich doch erwarten, dass Du Dir über die Folgen Deines Gequatsches klar bist. Ich kann so mit Dir nicht zusammen sein, weil ich immer Angst haben muss, das da irgendwo noch ne andere Frau ist. Oder Du zumindest noch nach anderen Weibern gierst und ich Dir nicht genug bin. Das ist nicht meine Vorstellung von Partnerschaft und Liebe. Für mich ist außer tiefer Zuneigung, absolutes Vertrauen, Treue und Ehrlichkeit das Wichtigste. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob Du das auch so siehst. Vielleicht habe ich vorhin etwas überreagiert, aber wir waren auch noch nie so lange und so eng zusammen wie hier auf dem Schiff. Da lernt man den Anderen einfach besser kennen!“Sie sitzt unglücklich auf der Bettkante und wagt es nicht, Max anzusehen.

Der hat wieder Tränen in den Augen und weiß nicht so richtig, was er ihr sagen soll. „Es tut mir so leid, Theresa. Es tut mir wirklich von Herzen leid. Ich Idiot habe überhaupt nicht darüber nachgedacht, ob ich Dich damit verletzen könnte. Ich wollte einfach nur witzig sein und das ist mir gründlich misslungen. Aber in der Zeit, in der wir jetzt zusammen sind, haben wir doch auch viele Gemeinsamkeiten aufgebaut, wir haben die gleichen Interessen und Hobbys und wir denken und fühlen auch oft gleich. Und wir haben jetzt schon so viel gemeinsam erlebt, das schweißt doch auch zusammen. Das kannst Du doch nicht alles so einfach wegwerfen. Ich liebe Dich wirklich so doll, wie ich noch nie jemanden geliebt habe und kann mir mein Leben wirklich nur mit Dir vorstellen!“ Er sieht sie aus rot umränderten Augen völlig zerknirscht an. Theresa steht auf, wandert ruhelos in der Kabine auf und ab und fragt dann: Ich weiß nicht ob Du das jetzt nur so sagst, weil Du mich wieder rumkriegen willst, oder ob Du Dir ernsthaft über meine Gefühle Gedanken gemacht hast und verstehst, warum ich ein Zusammenleben so nicht will?“Meine Liebste Theresa, ich habe wirklich verstanden, dass ich Dich verletzt habe und das tut mir unendlich leid. Ich verspreche Dir, dass Du solche schlüpfrigen Sprüche von mir nie mehr hörst. Aber gib mir, nein gib uns, noch einmal eine Chance. Ich liebe Dich zu sehr, als das ich auf Dich verzichten kann!“ ruft er, ehrliche Reue zeigend. Ich liebe Dich doch auch noch, Du Schaf, aber…,“ hier unterbricht er sie hoffnungsfroh. „Wenn schon, dann Hammel!“ Unterbrich mich nicht, es fällt mir schwer genug, die richtigen Worte zu finden. Ich war mir durch die vielen blöden Sprüche in der letzten Zeit Deiner Liebe einfach nicht mehr sicher. Außerdem ist in den letzten Wochen so viel auf mich eingestürmt, im Guten wie im Schlechten, dass meine Nerven einfach ein bisschen blank liegen!“

Theresa blickt schon wieder etwas zufriedener drein und kann sich sogar einen Anflug von Lächeln abringen. Da nimmt Max seinen Mut zusammen, schließt sie in die Arme und drückt sie fest an sich. „Du hast mir eine riesige Angst eingejagt, weißt Du das eigentlich?“ Ohne eine Antwort abzuwarten küsst er sie so leidenschaftlich, wie lange nicht mehr. Theresa erwidert, nach anfänglichem zögern, den Kuss ebenso leidenschaftlich. Sie lassen sich aufs Bett fallen, Max schiebt mit den Füßen den halb gepackten Seesack runter.

Beide reißen sich, so schnell sie können, gegenseitig die Kleider vom Leib und geben sich einem ausgiebigen, stürmischen Versöhnungs-Liebesgelage hin. Die ganze Anspannung der letzten Zeit und vor allem der letzten Stunden entlädt sich in ihrem Liebesspiel und katapultiert sie in bisher nie gekannte Höhen der Lust und Leidenschaft. Beide sind unendlich erleichtert, die Kurve gerade noch einmal geschafft zu haben.

Giorgio, Pia und Flo sehen sich zur selben Zeit ausgiebig die interessantesten Stellen und Plätze von Rio an. Sie haben jedoch keinen allzu großen Spaß daran, da sie in Gedanken bei Theresa und Max sind und hoffen sehr auf eine Versöhnung der Beiden. Auch der Strand von Ipanema wird besichtigt. Flo schlägt vor: „Da wir Max und Theresa jetzt doch nicht helfen können, sollten wir hier wenigstens mal ein Bad nehmen, damit wir später erzählen können, auch am Strand von Ipanema gebadet zu haben. Die Badesachen haben wir ja dabei.

Außerdem können wir mit diesen Schönlingen doch wohl mithalten, oder?“ Pia und Giorgio sehen sich an. Er meinte nur: Wo sie Recht hat, hat sie Recht!“ und läuft schon zur Wasserkante. Die Mädchen haben bereits ihre schickesten und knappsten Bikinis drunter, ziehen sich in Windeseile aus und springen Giorgio hinterher in die Fluten. Alle Drei tollen in der Brandung, schwimmen um die Wette und bauen so ihren Stress der letzten Zeit ab. Danach setzen sie sich in den Sand und beobachten amüsiert die Strandschönen beiderlei Geschlechts.

Gegen drei Uhr Nachmittags brechen sie Richtung Schiff auf, da sie ja später noch zum Zuckerhut wollen. Giorgio meint: „Jetzt haben unsere Streithansel Zeit genug gehabt. Entweder haben die sich ausgesprochen und hoffentlich wieder versöhnt oder aber Theresa ist schon weg und Max heult in die Kissen!“Auch wenn mein Brüderchen manchmal ein echter Kotzbrocken sein kann, aber das hat er nicht verdient. Es täte mir auch leid, so eine tolle Freundin zu verlieren!“ überlegt Flo.Ich glaube, wenn Theresa etwas zur Ruhe gekommen ist, wird sie selber merken, dass sie ein Bisschen überreagiert hat. So besonnen wie sie sonst ist, wird sie dann das Gespräch mit Max suchen. Sie hängt doch auch an ihm. Im Übrigen hast Du Recht Flo, sie gehört doch schon zur Familie. Sie zu verlieren, kann und will ich mir nicht vorstellen!“ meint Pia seufzend. Nach einer knappen Stunde kommen sie bei der Catalina an, bleiben kurz am Kai stehen, sehen und hören aber nichts und klettern dann an Deck.

Giorgio ruft laut: „Hallo, wir sind wieder da. Jemand zu Hause?“ Keine Antwort.Also entweder sind die Zwei unter Deck oder nur noch einer oder gar keiner!“ vermutet Flo tiefsinnig. Giorgio geht bereits den Niedergang runter in den Salon. Auch hier ist von Theresa und Max nichts zu hören und zu sehen. Dann hört er aus der Kabine leise, eindeutige Geräusche, zieht sich diskret zurück an Deck und strahlt seine Töchter an. Wir müssen uns keinerlei Sorgen mehr machen, Sie sind im siebten Himmel der Verliebten. Gott sei Dank haben sie die Kurve noch mal gekriegt. Wir sollten ihnen noch etwas Zeit geben, dann gehen wir runter in unsere Kabinen, ziehen uns um und machen uns auf den Weg zum Zuckerhut.

Ob die frisch verliebten dann mitwollen, werden wir sehen!“ freut er sich. Nach etwa zwanzig Minuten trampeln sie, sich ziemlich laut unterhaltend, den Niedergang runter und stürmen ihre Kabinen. Flo ist überrascht, das Kolumbus in ihrer Kabine liegt und schläft. Jetzt wacht er auf und veranstaltet sofort ein lautes Freudengeheul.Ein Paar Minuten später tauchen die frisch Verliebten, etwas spärlich bekleidet und ziemlich verschwitzt, aber glücklich, aus ihrer Kabine auf.

Giorgio, Pia und Flo, es tut mir sehr leid, dass ich Euch den Tag so versaut habe. Meine Nerven sind mit mir durchgegangen, ich habe einfach überreagiert. Entschuldigt bitte!“ stammelt Theresa mit hochrotem Kopf und kleinlaut. Max ergänzt sofort. „Wir haben uns gründlich ausgesprochen. Ich habe meine Fehler eingesehen. Theresa hat meine Entschuldigung akzeptiert und wir haben uns wieder versöhnt!“ strahlt er mit einem langen, glücklichen Blick auf seine Freundin. Wenn ich wirklich abgeflogen wäre, könnte ich doch meines Lebens nicht mehr froh werden, ich liebe diesen Macho einfach zu sehr!“ strahlt sie zurück. Na wenn das so ist, herzlichen Glückwunsch von uns allen. Ich bin sehr erleichtert, das meine Crew wieder vollzählig ist. So, wollt Ihr nun mit zum Zuckerhut oder habt Ihr noch wichtigeres als Rio auf dem Programm?“ fragt Giorgio etwas direkt. Max und Theresa sehen sich an und Theresa blickt glücklich in die Runde. Wir kommen gern mit, wir müssen nur noch Duschen und uns anziehen. In einer halben Stunde sind wir ausgehfertig!“ Beide verschwinden schnell und etwas verlegen in ihrer Kabine. Flo flüstert frech grinsend zu Pia. „So wie die aussehen, ist bei denen jetzt sowieso die Luft raus.“

Um halb sechs fahren sie mit der Seilbahn auf den Zuckerhut, um sich in der Abend-dämmerung Rio von oben anzusehen.

Da jetzt, Anfang August hier keine Hauptsaison ist, halten sich die Besuchermengen einigermaßen in Grenzen. Sie genießen den einmaligen Blick über das Lichtermeer der Stadt, den Hafen, das Meer und die umliegenden Hügel inklusive Corcovado. Anschließen erobern sie Plätze in einem der sehr einfach gehaltenen, aber guten Restaurants dort oben. Sie stopfen diverse, köstliche Brasilianische Kleinigkeiten in sich hinein. Dazu schlürfen sie phantasievolle, alkoholfreie Cocktails. Theresa und Max himmeln sich die ganze Zeit glücklich an und führen sich auf, wie ein frisch verliebtes Pärchen, was sich gerade eben kennen gelernt hat. Um elf Uhr am Abend machen sie sich wieder auf den Rückweg zur Catalina und verschwinden, nach diesem aufregenden Tag, todmüde in ihre Kojen.

Am Morgen darauf schlägt Giorgio vor, zusammen einen Stadtbummel zu machen. „Von mir aus auch mit ein bisschen Shopping!“ fügt er vorsichtig hinzu um seine drei Damen bei Laune zu halten. Die sind begeistert und überlegen eifrig, nach was sie denn Ausschau halten wollen. Die Entscheidung fällt übereinstimmend auf Bikinis und Badeanzüge Made by Copacabana, da sie so was in nächster Zeit bestimmt gut gebrauchen können. Anschließend fahren wir zum Schiff zurück, besorgen noch den notwendigen Proviant und Wasser. Dann werden wir heute Abend noch mal schick essen gehen. Morgen früh gegen neun Uhr heißt es dann, Anker lichten, Kurs Montevideo. Alle einverstanden?“ Giorgio blickt fragend in die Runde.

Nach einem ausgiebigen Bummel durch Rio kommen die fünf Weltreisenden abgekämpft, mit müden Füßen endlich gegen vier Uhr bei der Catalina an. Keiner konnte der tollen Auswahl von Rio´s Shopping Malls widerstehen. Giorgio hat einen Panama Hut und ein Paar Shorts ergattert. Max legt sich zwei Badehosen nach Copacabana Art zu und jede der Mädchen verwöhnt sich mit einem Bikini, Marke Hauch von nichts, und einem ebensolchen Badeanzug. Alles wird sofort vorgeführt und der Niedergang avanciert zum Laufsteg. Als Giorgio dann anerkennend Pfeift und fragt, ob die Dinger überhaupt Jugendfrei sind, schauen die drei Schönen sehr zufrieden auf ihre Ausbeute. Am Abend hat Theresa einen Tisch im Restaurant Vice Rey an einer schönen Plazza mitten im Zentrum bestellt. Den Tipp hat ihnen einer der Hafeninspektoren gegeben.

Da die drei Mädchen mit Fleisch nicht viel am Hut haben, sind sie hier genau richtig, da man sich dort auf Fisch, Meeresfrüchte und vegetarische Gerichte spezialisiert hat. Es ist ein sehr romantisches Restaurant in einem alten Gebäude aus der Kolonialzeit, mit ebensolchen Möbeln. Sie sitzen bei Kerzenschein unter freiem Himmel und haben eine große Fischplatte mit reichlich Gemüse und Obst für fünf Personen vor sich, die alle begeistert, da die Zubereitung ausgefallen und schmackhaft ist. „Nachdem, was wir in letzter Zeit alles durchmachen mussten, haben wir uns so einen Schlemmerabend redlich verdient!“ ruft Giorgio und erntet allgemein Zustimmung.

Am nächsten Tag, pünktlich um neun Uhr, kommt von Giorgio das Kommando: „Leinen los, Anker lichten, auf nach Montevideo!“ Als sie außerhalb der zwölf Meilen Zone sind, die Brasilianische Küste nur noch schwach am Horizont erkennen können und an Bord alle Segel gesetzt haben, ruft Giorgio seine Mannschaft zusammen. Also “Männer“, unser nächster Törn ist ungefähr 1200 Seemeilen lang, ich schätze, dass wir etwa siebzehn Tagen brauchen werden, wenn Neptun uns gnädig ist. Das liegt daran, dass hier im Winter oft starker Südwind herrscht und wir uns auf häufiges Kreuzen einstellen müssen. Max bekommt die Aufgabe, ein Programm für Montevideo zusammenzustellen. Brasilien war mir etwas zu aufregend. Ich hoffe, Uruguay etwas ruhiger zu erleben.Aber vorher habe ich noch eine Überraschung für Euch. Wir werden heute nur bis Angra dos Reis segeln. Also ungefähr 60 Seemeilen.

Das soll eine der schönsten Insel-gruppen im ganzen Südatlantik sein. Man findet dort tolle, einsame Strände, üppige Vegetation und eine phantastische Tierwelt über und unter Wasser.

Ich habe mir gedacht, wir suchen uns eine schöne ruhige Bucht, ankern dort und können von unserer Badeplattform aus Schnorcheln, Schwimmen oder Tauchen. Dort soll es herrliche Korallengärten geben. Dass das Wasser jetzt im Winter nur etwa 20-22° hat, wird Euch ja wohl nicht weiter stören, oder?“ Er wartet die Antwort nicht ab sondern erzählt weiter. „Heute Abend können wir an irgendeinem schönen Strand Grillen und es uns gut gehen lassen. Morgen Früh lichten wir die Anker und segeln weiter, oder, wenn es uns sehr gut gefällt, bleiben wir noch einen Tag länger!“ Seine “Männer“ sind schwer begeistert. Flo überlegt schon, was sie denn für den Grillabend aus ihrer gut gefüllten Kombüse zur Verfügung stellen soll. Ich hab ein paar tolle Rezepte fürs Grillen,“ schwärmt sie. „Lasst Euch überraschen!“

Nachmittags gegen drei tauchen vor ihnen die vielen kleinen und größeren Inseln von Angra dos Reis auf. Alle sind stark bewaldet mit vielen traumhaften Stränden im Südseeflair. Auf der Steuerbordseite sehen sie die Ilha Grande, die Hauptinsel des Archipels mit dem Pico de Papagelo, was übersetzt Papageienschnabel heißt und die höchste Erhebung ist. Auf der Backbordseite, etwas weiter weg liegt eine Kleinstinsel, die offensichtlich unbewohnt ist. Als die Catalina näher kommt, erkennen sie einen Puderzucker Strand rund um die Insel, die höchstens Dreihundert Meter Durchmesser hat.Dieses Eiland ist doch genau richtig. Hier stört uns keiner und laut Echolot können wir sogar bis auf 100 Meter heran fahren!“ Verkündet Theresa, die gerade am Ruder steht. „Prima, das sieht ja wie das Paradies aus!“ Begeistert sich Flo. Giorgio verkündet: „Werft Anker,“ und bringt das Schiff genau neunzig Meter vor der Insel in Position.

„Wenn Ihr tauchen wollt, immer nur zu zweit und nur mit Neopren Anzügen. Außerdem vorsichtshalber eine Harpune oder Messer mitnehmen.  Man kann nie wissen, was unter Wasser so alles los ist!“ „Ay, ay Sir! Aber ich möchte lieber erst Schwimmen“ verkündet Pia und springt ins Wasser. „Warm ist aber irgendwie anders!“ verkündet sie schnatternd und macht sich mit schnellen Schwimmstößen warm. Jetzt macht es ihr der Rest der Besatzung nach. Auch Kolumbus hält es nicht mehr an Bord. Er springt mit einem großen Satz ins Wasser, strampelt wild mit allen Vieren und schwimmt Pia hinterher. Wenn man das Wasser hier mit Salvador vergleicht, ist es kalt, aber in unserer Nord oder Ostsee wären wir froh, solche Temperaturen zu haben. Du meckerst also auf hohem Niveau, liebes Schwesterlein,“ verkündet Max.  Was sie durch die Schnorchelbrillen erblicken, haben sie nicht vermutet. Es ist eine phantastische, völlig intakte Unterwasserwelt mit Korallen in allen Farbschattierungen, wunderbaren Pflanzen und vielen tropischen Fischen. Die Wassertiefe ist laut Theresa hier nur 20 Meter. Man kann gut bis auf den Grund sehen.

Nach ihrer Schnorchel Exkursion belädt Flo das Dingi mit allen Köstlichkeiten für ihren Grillabend am Strand. Giorgio und Max sind schon auf der Insel und versuchen ein zünftiges Lagerfeuer zu entfachen, über das sie an drei langen Stangen einen Grillrost gehängt haben. Die Mädchen tuckern eine halbe Stunde später mit dem voll beladenen Boot zum Strand. Flo hat zum Grillen eine tropische Mischung aus verschieden Fischen, Gemüse und viel exotischen Obst zusammengestellt und verwöhnte ihre Familie wieder einmal nach Strich und Faden. Südamerikanische Musik aus dem Kofferradio sowie von Giorgio gemixte exotische Cocktails mit und ohne Alkohol tragen zusätzlich zu einem fröhlichen und entspannten Abend am Strand bei. Am nächsten Morgen, brechen die Mädchen und Max zu ihrem ersten Tauchgang auf. Nach Überprüfung der Flaschen und sonstigem Equipment tauchen alle Vier langsam bis zum Grund und begeistern sich wieder an der traumhaften Unterwasserwelt. Giorgio und Kolumbus bleiben unterdessen vorsichtshalber an Bord und genießen die Sonne und die Ruhe.

Theresa und Max bilden eine Gruppe, Pia und Flo die andere. Gerade schwimmt Flo um einen größeren Felsen herum, als sie sieht, dass der Grund danach auf etwa 100 Meter steil abfällt. Das Wasser ist erstaunlich klar, so das man auch hier noch etwas Grund erkennen kann. Pia stößt sie an und zeigt nach links unten. Dort tummeln sich drei größere Haie direkt über Grund und haben die Mädchen offensichtlich noch nicht be-merkt. Da Beide nicht als Hai Frühstück enden wollen, machen sie sich sofort auf den Rückweg, in flachere Gewässer. Sie haben den Felsen noch nicht ganz umrundet, da tauchen direkt neben ihnen drei schwarze Schatten auf

und umrunden ihrerseits die Mädchen. Pia schlägt das Herz bis zum Hals und Flo schreit vor Angst und schlägt wild um sich. Pia, die weiß, dass hastige Bewegungen genau das Falsche sind, schwimmt zu ihrer Schwester und versucht sie zu beruhigen. Flo starrt sie aus angsterfüllten Augen an, begreift aber, das ihre Zappelei die Situation nur gefährlicher macht. Also bleibt sie dicht bei Pia und zwingt sich zu ruhigen Bewegungen. Pia kann jetzt erkennen, das es Weißspitzen Riffhaie sind die mit ungefähr zwei Meter Länge ganz schön bedrohlich wirken. Die Mädchen bleiben eng beieinander und versuchen, den Haien nicht den Rücken zuzudrehen. Trotzdem kommen die Tiere immer näher und umrunden die Zwei im Wahnsinnstempo.

Pia und Flo versuchen, mit ganz langsamen Bewegungen zur Wasseroberfläche zu kommen, um vielleicht von Giorgio Hilfe zu erhalten. Sie sind noch in etwa acht Meter Tiefe, als einer der Haie direkt auf Pia zu schwimmt und einen Meter vor ihrem Gesicht plötzlich stoppt. Dort verharrt er regungslos und blickt Pia starr in die Augen. Sie starrt genauso zurück und hat instinktiv das Gefühl, dass der Hai sie nicht als Beute betrachtet, sondern eher auf spielen aus ist. Vorsichtig fängt sie an, den Hai zu umrunden. Der macht ihre Bewegungen sofort mit. Auch die anderen beiden Haie kreisen jetzt spielerisch um die Mädchen. Einer schwimmt nun direkt auf Flo zu und stupst sie vorsichtig, ja fast zärtlich an die Schulter. Flo hat auch gemerkt, dass dies kein aggressives Verhalten ist und versucht auf die Hai Spiele einzugehen. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis die Haie genau so schnell wieder abdrehen und in der Tiefe verschwinden. Die Mädchen haben Tränen der Erleichterung in den Augen und lassen sich jetzt langsam zur Oberfläche treiben. Wieder an Bord, fangen sie vor Erleichterung hemmungslos an zu weinen. Giorgio ist völlig verwirrt und kann sie nicht beruhigen. Jetzt kommen auch Theresa und Max an Bord. Sie berichten aufgeregt, was sie aus einiger Entfernung beobachtet haben. Also, wer das nicht gesehen hat, glaubt es nicht. Meine Schwestern als Haiflüsterer.

Giorgio halt Dich fest. Pia und Flo hatten Besuch von drei großen Haien, die um sie herum wirbelten. Anstatt sich ein anständiges Frühstück einzuverleiben, haben die miteinander gespielt. Ich habe solche Angst um Euch gehabt, wie noch nie!“ schreit Max vor Aufregung und zittert am ganzen Körper. Theresa ist auch fassungslos und stammelt immer wieder: „Das ist ein Wunder, wirklich ein Wunder!“Als Giorgio endlich begriffen hat, was im Wasser passiert ist und sich alle wieder etwas beruhigt haben, erklärt er: „Haie werden von den Menschen oft verteufelt und in Filmen immer als Monster dargestellt. Menschen passen den meisten Haiarten gar nicht in ihr Beuteschema, was hier jetzt bewiesen wäre. Das heißt aber nicht, dass man sich allen Haiarten sorglos nähern sollte. Es gibt auch durchaus für Menschen gefährliche, oder sogar tödliche Situationen. Aber die Monster der Meere sind sie mit Sicherheit auch nicht. Man soll sich deshalb allen Meeresbewohnern immer mit Vorsicht und Respekt nähern!“ Sie haben das Erlebte gerade verarbeitet, als sich der Himmel urplötzlich verfinstert und ein Tropenschauer, gepaart mit heftigen Sturmböen über die Catalina hereinbricht. Giorgio und Max haben alle Mühe, ihre Habseligkeiten rechtzeitig zu bergen und unter Deck zu bringen.

Hier ist halt jetzt Winter, da ist so ein Wetter wohl normal,“ fürchtet Giorgio. „Daher schlage ich vor, nach einem ausgiebigen Frühstück im Salon, die Anker zu lichten und weiter zu ziehen!“ Die Reise nach Montevideo ist eine, der bisher schwierigsten und anstrengendsten Segelstrecken, da jetzt in der Winterzeit häufig mit Pamperos,

also stürmischen Kaltlufteinbrüchen gerechnet werden muss, die urplötzlich auftreten und dem Käpt´n und seiner Crew ihr ganzes Seglerisches Können abverlangen. Da diese Pamperos meist von Süd oder Südwest kommen, müssen sie häufig kreuzen. An ein schnelles vorwärts kommen ist nicht zu denken. Leute die hier häufig segeln haben mir erzählt, dass es sinnvoll wäre, im Winter nach Norden und im Sommer nach Süden zu segeln. Wir müssen das natürlich genau anders herum machen!“ schimpft Giorgio sarkastisch. Theresa versucht zu trösten: „Sieh es mal so, Giorgio, in spätestens 2-3 Wochen segeln wir hoch in die Karibik, dann haben wir den Wind von achtern und die Catalina läuft wieder wie geschmiert. Diese kalten Sturm- und Regenböen hättest Du um Kap Horn herum viel stärker erlebt. Also meckerst Du jetzt auf hohem Niveau“ grinst sie. „Hast schon Recht Theresa, wir müssen das Wetter halt nehmen, wie es kommt. Ein Anderes gibt’s nicht.“

Die nächsten Tage sind abwechslungsreich. Kalte Regenschauer mit Temperaturen um die 12° mit heftigen Böen werden gleich darauf von strahlend blauem Himmel mit Sonne und Temperaturen bis 24° abgelöst. Mal kommt der Wind von Nord oder Nordost um dann wenig später wieder auf Süd oder Südwest zu drehen. Ölzeug und T-Shirts kommen im ständigen Wechsel zu Einsatz. Als sie nach 13 Tagen endlich auf der Höhe von Montevideo sind und die Küste wieder näher rückt, sind alle erleichtert, da die ständige Kreuzerei schon stark an den Kräften zerrt.

17. Tango am Rio del la Plata