13. Meer, Meer und noch mehr Meer

Kapitel 13 und 14

13. Meer, Mer und noch mehr Meer

Da Max die Morgenwache hat, bimmelt er um fünf Uhr Morgens mit der Schiffsglocke zum wecken. Flo zaubert ein kräftiges Frühstück mit Speck und Eiern. Um halb sechs sitzen alle am Tisch im Salon und genießen ihr letztes Mal im ruhigen Hafen. Wir werden noch zusätzliche Sicherungsleinen spannen und zwar eine unten wegen Kolumbus und eine als Topleine in der Höhe von Einmeter zehn ums ganze Schiff. Prüft bitte noch mal, ob alles an Deck richtig gesichert ist.“ Wenn Ihr fertig seid, Leinen los und ab, immer Richtung Südwest. Woll`n doch mal sehen, ob wir diese Pfütze unbeschadet durchpflügen können.“ ruft Giorgio nassforsch und versteckt damit seine Anspannung.

Er hat zwar bereits eine Atlantiküberquerung mitgemacht, aber das war Jahre her und auch nicht als Skipper sondern nur als Crewmitglied. Die Yacht war wesentlich kleiner und lange nicht so gut ausgerüstet wie die Catalina. Aber alle haben sich gut vorbereitet und er ist ja schließlich auch nicht ganz unerfahren, sagte er sich selbst. „Pünktlich um sechs werden die Maschinen angeworfen. Theresa und Max springen auf die Pier, lösen die Leinen und holen die Gangway ein. „Wir werden die ersten zwei Meilen mit Motor fahren um aus den Bergschatten zu kommen, dann müsste uns eigentlich der Passat streicheln, so dass wir Segel setzen können,“ hofft Giorgio.

Sie stehen an Deck und schauen zurück auf die Isla La Palma, die langsam immer kleiner und kleiner wird. Es liegt Wehmut in der Luft. Obwohl die Kanaren geographisch nicht mehr zu Europa gehören, haben alle das Gefühl, ihren Heimatkontinent jetzt für lange Zeit hinter sich zu lassen. Nach über einer Stunde ist dann endgültig kein Land mehr zu sehen. Vor ihnen liegen nun tausende von Seemeilen nichts als Wasser. Die See ist ruhig, es gibt nur leichte Wellen von Nordost, die das Schiff ruhig durchpflügt und fast das Gefühl vermittelt, auf festem Boden zu fahren. Die Passatwinde setzen bald nach La Palma ein und treiben sie automatisch in die richtige Richtung. Nicht eine Wolke zeigt sich am Himmel. Die Sonne brennt unbarmherzig auf das Deck,

so dass alle, die nicht mit der Navigation beschäftigt sind, faul herum dösen können oder in den Kabinen schlafen. Das Mittagessen ist eine willkommene Unterbrechung der Eintönigkeit und weckt ihre Lebensgeister.

Sie sitzen um den großen Deckstisch bei einer brasilianischen Feijoada, durch die aufgeblähten Segel und dem Bimini (Sonnendach) über dem Tisch vor der Sonne geschützt. Der Fahrtwind bringt zusätzlich etwas Kühlung. Wenn das bis Barbados so bleibt, können wir nicht meckern!“ meint Theresa. Keine Angst, Du wirst schon noch meckern können. Wir haben gerade mal 100 Seemeilen  hinter uns und noch mehrere Tausend vor uns, da wirst Du schon noch Abwechslung in Deinen tristen Alltag bekommen“ versichert Pia lachend. In dem Moment springt Flo auf und schreit, „Da, da, seht mal, ich glaub das sind Delphine!“ und deutet aufgeregt nach Backbord.

Tatsächlich zeigt sich direkt neben ihnen eine ganze Delphinschule mit mindestens Dreißig Tieren. Die schnellen, grazilen Bewegungen der Tiere faszinieren sie. Max hält das ganze sofort im Bild fest. Einige Tiere riskieren sogar Luftsprünge, so dass sie sich wie in einer Delphinshow vorkommen. Mehr als eine Stunde schwimmen sie neben der Catalina her und haben an diesem Wettschwimmen offensichtlich auch ihren Spaß. Plötzlich drehen sie ab und sind in den Tiefen des Atlantiks verschwunden.

Giorgio hört den Wetterbericht ab und flucht laut, da gerade für ihr Seegebiet nur noch Windstärke null bis zwei vorhergesagt wird. Na das fängt ja gut an, wir können uns in den nächsten Stunden auf eine Flaute gefasst machen. Nur gut, dass wir trotzdem durch die Strömung weiterkommen.“ „Wieso gibt es hier so eine starke Strömung?“ will Theresa wissen. Das hängt mit dem Globalen Wettersystem zusammen. Du kannst Dir das Ganze als Karussell vorstellen. Im südlicheren Atlantik gibt es eine starke Ost West Strömung, bis an die Mittelamerikanische Küste. Durch die Erwärmung im Golf von Mexiko verstärkt sich diese Strömung noch. Weil sie durch diesen Golf zieht, heißt sie ab da auch Golfstrom. Der zieht dann an der Küste Nordwärts, um dann quer über den Atlantik wieder nach Europa zurückzukehren. Dort kühlt er sich wieder ab und zieht dann, jetzt etwas langsamer, südwärts, bis das Ganze von vorn beginnt. Deshalb ist diese Passat Strömung in Ost West Richtung bei Seglern so beliebt. Wer von Westen nach Osten will, Segelt meistens wesentlich nördlicher in der Golfströmung.“

Theresa sieht Giorgio tief beeindruckt an. „Jetzt habe ich das endlich mal verstanden. In der Schule hab ich das gar nicht richtig gehabt. Aber das Leben ist eben doch der beste Lehrmeister.“ „In diesem Fall aber nicht das Leben, sondern Giorgio,“ muss Max seinen Senf dazugeben. Die erste Nacht bricht an. Fasziniert schauen sie in den Sternen-himmel. Eine derartige Menge an Sternen kann man in Europa, schon wegen der Luftverschmutzung nicht erleben. Die fast völlige Flaute hat sie mittlerweile erfasst. Die Segel hängen nur noch schlaff herunter. Trotzdem macht die Catalina, wie von Geisterhand gezogen, immer noch ein wenig Fahrt.

Erst Morgen Mittag soll es nach dem neuesten Wetterbericht ein bisschen auffrischen“ verkündet Pia gerade. Also machen sie das Beste aus ihrer Situation und veranstalten einen Quiz und Spiele Abend. „Mensch, das haben wir schon ewig nicht mehr gemacht. Ich wusste gar nicht mehr, wie viel Spaß das machen kann. Den letzten Spiele Abend haben wir noch mit Mama veranstaltet,“ seufzt Flo wehmütig.

Die Nacht bleibt ruhig und die Wachhabenden haben, mangels Ablenkung, mit der Müdigkeit zu kämpfen. Nach dem Frühstück stellt Giorgio fest, dass sie während der Nacht, trotz Windstille immerhin fast zehn Seemeilen  zurückgelegt haben. Er nutzt die ruhige See und wirft in der Hoffnung auf ein leckeres Mal, seine neu erworbene Angel aus. Als Köder versucht er es mit Brotstücken. Aber es tut sich gar nichts. Nach fast zwei Stunden will er aufgeben und die Angel einholen. Er merkte, dass der Köder offensichtlich weg gefressen wurde, denn nur direkt um den Haken herum war noch ein kleiner Brotrest. „Die Viecher sind schlauer, als die Polizei erlaubt“ staunt er und versucht es mit einem neuen Köder. Diesmal hat er mehr Glück. Nach einer knappen Viertelstunde zappelt ein riesiger Fisch von ungefähr zwanzig Zentimetern am Haken.

Flo, hier hast Du Dein Mittagessen, Du musst bei der Zubereitung alles gerecht in fünf Teile teilen, damit alle satt werden.“ grinst er. „Pap´s, Du spinnst. Erstens werde ich das niedliche Tier sicherlich nicht töten und ausnehmen, zweitens wird davon höchstens einer satt. Du hast ihn gefangen, deshalb steht Dir auch die Ehre zu, ihn zu töten und zu essen!“ strahlt sie ihn an. Also befreit Giorgio den Fisch schnell vom Haken und gibt ihn, mit der genuschelten Bemerkung „Ich kann so was auch nicht,“ seinem nassen Element zurück.

Gegen zwei Uhr mittags briest es tatsächlich wieder auf. Die Segel knattern erst leicht im Wind um sich dann in ganzer Schönheit aufzublähen. Das erste, von Pia errechnete, Etmal ( Seemannssprache, von einem astronomischen Mittag zum anderen ) bringt immerhin 110 Seemeilen (=203,72 km), trotz der Flaute, was Giorgio ganz zufrieden stellt. Der Wind läßt die Catalina jetzt ordentlich Fahrt aufnehmen und mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von dreizehn Knoten (=24,08 km/h) pflügt sie gleichmäßig durch die Wellen. Das ist schon ein anderer Schnack als bei meiner letzten Atlantiküberquerung. Das war ein vierzehn Meter Boot und ließ uns die Wellen ganz anders spüren. Hier hat man ein viel größeres Gefühl der Sicherheit“ schwärmt Giorgio. Pia hört den Wetterbericht ab, der nach wie vor ruhige See, Sonne bei dreißig Grad und Windstärke vier angab. Nur fünfhundert Seemeilen nördlich von ihnen gibt es ein kleineres Tiefdruckgebiet, das tangiert sie aber nicht weiter. Also verbringt die Crew ganz entspannt den Nachmittag mit faulenzen oder lesen.

Ihr Schiff bewegt sich Meile um Meile westwärts und kann die Geschwindigkeit sogar noch auf fünfzehn Knoten erhöhen. Gegen acht Uhr Abends trifft sie plötzlich, ohne Vorwarnung die erste Kreuzsee und unterbricht jäh das gleichmäßige auf und ab der von Achtern kommenden Wellen. Die Catalina neigt sich nach der ersten Welle leicht auf die Seite, um dann gleich auf die andere Seite zurückzufallen. Prompt wird alles, was sie nicht festgezurrt haben, kräftig durcheinander gewirbelt. Pia, Theresa und Max versuchen gerade, alles in den Griff zu bekommen, als die zweite, etwas höhere Welle heranrollt. Die Catalina neigt sich nun noch stärker nach Backbord und dann nach Steuerbord. Pia kann gerade noch Kolumbus festhalten, der an Deck hin und her rutscht. Achtung, die dritte Welle wird noch stärker, haltet Euch fest!“ schreit Giorgio und versucht mehr nach Backbord zu steuern, um die Kraft der Welle abzumildern. Genützt hat das aber nicht viel. Die Catalina neigt sich diesmal noch stärker. Es kommt sofort das Gefühl einer Achterbahnfahrt auf. Jeder versucht sich, so gut es ging, auf den Beinen zu halten.

Kreuzseewellen

Giorgio hat das Großsegel eingefahren, was aber auch keine gute Idee ist, da das Schiff dadurch die Fahrt verlangsamt und den Wellen noch mehr Angriffsfläche bietet. Der Wind ist nicht stärker geworden und Giorgio vermutet das fünfhundert Meilen entfernte Tief als Auslöser dieser Kreuzseen. Plötzlich steht Flo fluchend am Nieder-gang. „Könnt Ihr mich nicht mal warnen. Ich habe gerade einen Kuchen gebacken. Mehl und Zuckertüten haben sich selbstständig gemacht. Das sieht unten aus, wie nach einem Schneesturm. Wofür lungert Ihr denn hier eigentlich an Deck herum!“ Sie wirft empörte Blicke auf ihre Geschwister und Theresa. Ohne eine Antwort abzuwarten ist sie auch schon wieder verschwunden.

Drei Minuten später kommt die nächste Serie von Kreuzseen und verhilft ihnen erneut zu einer kostenlosen Achterbahnfahrt. Langsam kippt ihre gute Laune um, verwandelt sich erst in Verzweiflung und nach dem fünften Wellengang schließlich in Resignation. Wie lange müssen wir dass denn noch ertragen, Giorgio?“ Fragt Theresa flehentlich, nun doch schon etwas grün im Gesicht. Ich heiße Giorgio und nicht Jesus und bin auch kein Hellseher!“ gibt er ungerührt zurück. „Dass kann schon noch ein, zwei Stündchen dauern.“ Flo stürzt erneut an Deck, rennt zur Reling und opfert Neptun: „Lasst mich bitte an der nächsten Haltestelle raus!“ ruft sie verzweifelt. „Geht nicht, Sie haben einen Non Stopp Flug gebucht, gnädiges Fräulein!“ lästert Max. Flo hat noch nicht einmal für eine passende Antwort Zeit, da sie schon wieder über der Reling hängt. Jetzt ist es auch um Theresa geschehen. Sie gesellt sich zu Flo und macht es ihr nach.

Pia hat Mitleid mit den Beiden und bietet sich an, Tee zu machen um den Magen zu beruhigen. Giorgio verordnet ihnen sein spezielles Mittel gegen Seekrankheit. „Nehmt dass und in einer Stunde die zweite Tablette. Danach geht es Euch besser. Möchte sich noch jemand anschließen?“ Er sieht den Rest der Mannschaft an. Pia und Max machen durchaus einen fidelen Eindruck und schütteln die Köpfe. Als Pia unten den Tee zubereitet, fällt ihr Blick auf Kolumbus, der flach auf den Boden gepresst, in seinem Körbchen liegt und leise winselt. Sie weiß, dass es ihn auch erwischt hat und löste eine halbe Tablette in Wasser auf und hofft, dass das Mittel auch bei Hunden wirkt. Kolumbus schlabbert einige Schlucke, dreht sich dann zur Seite und leidet weiter still vor sich hin. Theresa und Flo haben nach der Einnahme von Tee und Tabletten die Übelkeit bald überwunden und ihre alte Selbstsicherheit wieder gefunden.

Langsam gewöhnt sich die Crew an den gleichmäßigen Rhythmus der Heckwellen mit dreiminütiger Unterbrechung durch die zusätzlichen Kreuzwellen. Wenn´s nicht schlimmer kommt, können wir nicht meckern!“ meint Max. Drei Stunden später wurden die Kreuzseen niedriger und waren bald ganz verschwunden. Darf ich dann mal Abkassieren. Drei Stunden Achterbahn fahren, macht für jeden achtzig Euro!“ witzelt Flo wieder herum, kassiert jedoch nur mitleidige Blicke. Die Etmal Berechnung des zweiten Tages erbringt sogar 185 Seemeilen und stellt Giorgio sehr zufrieden. Auch jetzt macht die Catalina ordentlich Fahrt. „Wenn das so weitergeht, müssen wir in etwa drei Tagen in der Wiege der Hurrikans sein und weitere drei Tage später sollten wir diesen Gefahrenpunkt überwunden haben.

Der Wetterbericht gibt im Moment noch nichts Kritisches her, das kann sich leider stündlich ändern. Die Wassertemperatur liegt hier noch bei 25°. Über 26° wird´s kritisch. Das ist die Temperatur, die so ein Hurrikan zum entstehen braucht. Also sollten wir sehen, dass wir so schnell wie möglich weiter kommen. Da wir bereits alles Tuch gesetzt haben, ist leider nicht mehr drin!“ klärt Giorgio seine Mannschaft auf. Sie machen immerhin fast siebzehn Knoten und werden damit wohl das Ergebnis des

letzten Tages Toppen können.Tatsächlich ergibt am dritten Tag die Etmal Berechnung stolze 228 Seemeilen (=422.25 km) . Der Süd West Passat hält weiter an.

Langsam kommt bei ihnen das Gefühl auf, ganz allein auf der Welt zu sein, da sie seit ihrem Aufbruch auf La Palma kein weiteres Schiff zu Gesicht bekommen haben. Egal in welche Richtung sie blicken, nur Wasser und manchmal ein paar Delphine. Sie verbringen viel Zeit mit lesen, schlafen, Briefe schreiben, Spiele spielen und einfach nur herum blödeln. Der vierte und fünfte Tag bringen auch keine Abwechslung in ihr eintöniges Bordleben. Inzwischen haben sie fast 1000 Seemeilen (=1852 km) zurück-gelegt und die Kapverdischen Inseln bereits hinter sich gelassen. Am Nachmittag des sechsten Tages schreckt Giorgio sie mit der Nachricht auf, dass sich vor der Küste Honduras der erste Hurrikan gebildet hat und nordwärts zieht. Für die Catalina hat das keine Auswirkungen, aber es wird ihnen bewusst, wie unberechenbar das Wetter sein kann und dass sie noch lange nicht aus der Gefahrenzone raus sind. Giorgio hält jetzt stramm auf die Brasilianische Küste zu, um das Gefahrengebiet weiträumig zu umfahren.

Am Abend hört er erneut den Wetterbericht ab. Noch ist alles im grünen Bereich. Nur die gemessene Wassertemperatur ist zwischenzeitlich auf über 26° gestiegen und bereitet ihnen Sorge. „Notfalls müssen wir unsere Pläne ändern und erst nach Brasilien, Uruguay und Argentinien segeln und uns da umsehen, bis die Hurrikan Saison im Dezember vorbei ist!“ überlegt Giorgio. Au ja, Copacabana und Ipanema, Giorgio da fällt mir richtig was ein!“ strahlt Max und erntet sofort einen giftigen Blick von Theresa. Am Morgen des siebten Tages hören sie im Wetterbericht, dass sich Nordwestlich der Kap Verden tatsächlich ein Hurrikan bildet. Über die Stärke ist noch nichts bekannt, aber alles läßt darauf schließen, dass er schnell als gefährlich eingestuft wird. Sie sind jetzt fast 1500 Seemeilen von La Palma entfernt und ungefähr 800 Seemeilen vom Hurrikan Gebiet. Da man jedoch die Fläche schlecht abschätzen kann, über die sich ein Hurrikan ausbreitet, besteht durchaus die Möglichkeit, noch davon betroffen zu sein.

Wir können nicht mehr machen, als ruhig weiter zu segeln und das Schiff vorsichtshalber Sturmsicher zu machen. Also alles zusätzlich Festlaschen und was hier nicht hingehört kommt unter Deck. Aber seht zu, dass auch da alles sicher verstaut wird. Ab sofort halten zwei Mann Ruderwache. Der Wetterbericht wird ab jetzt permanent abgehört. Pia, versuch bitte Funkverkehr mit anderen Schiffen aus diesem Gebiet aufzunehmen, sofern es die überhaupt gibt und erkundige Dich, ob die mehr Informationen über die Hurrikan Entstehung haben. Jede Info ist jetzt für uns wichtig!“ Obwohl Giorgio angespannt ist, versucht er Ruhe und Vertrauen auszustrahlen und auf seine Crew zu übertragen. Der Himmel nimmt langsam eine blass blaue Farbe an. Gegen Mittag legt sich ein dunstiger Schleier über das Meer. Der Wind nimmt etwas ab, aber immer noch segeln sie mit vierzehn Knoten Richtung Brasilien.

Giorgio, ich hab einen Funkspruch von der „MS Hestia“ erhalten, das ist ein Containerschiff auf dem Weg von Kapstadt nach Houston und fährt etwa dreihundert Seemeilen hinter uns. Die sagen, dass in ihrem Gebiet der Luftdruck rapide abgefallen ist und das Meer langsam kabbelig wird. Außerdem hätten sie gehört, dass sich der Hurrikan in Nordwestlicher Richtung bewegen soll und noch mit Windstärke zwölf eingestuft wird. Die Ausdehnung beträgt im Moment ungefähr dreihundert Seemeilen, mit steigender Tendenz!“ Pia übergibt Giorgio einen Zettel mit den entsprechenden Koordinaten. Okay, das bedeutet, dass wir vielleicht Glück haben und nur leicht gestreift werden. Jede Meile die wir dazwischen bringen, ist eine Meile mehr an Sicherheit. Wir können jetzt nur abwarten und hoffen, dass wir so lange wie möglich vor dem Wind segeln können und das der Spuk an uns vorbei geht.“

Weitere zwei Stunden später verdunkelt sich der Himmel im Osten zusehends. Das Meer wird deutlich unruhiger, der Wind briest auf und treibt die Catalina mit voll aufgeblähten Segeln pfeilschnell in Richtung Westen. „Noch können wir alles so lassen, aber noch eine Windstärke mehr und wir müssen das Großsegel einfahren.“ entscheidet Giorgio. Die Wellen erreichen langsam eine Höhe von zwei Metern und kommen nicht mehr gleichmäßig von achtern, sonder aus unterschiedlichen Richtungen und machen das Segeln nicht gerade zum Vergnügen. Dadurch wird die schnelle Fahrt ihres Seglers deutlich gebremst und läßt die Catalina in alle Richtungen rollen. Giorgio holt das Großsegel ein. Sofort beruhigt sich das Schiff etwas.

Außer Flo, die unten aufpasst, dass alles sicher verstaut ist und ein Auge auf Kolumbus hat, sind alle an Deck und haben voll mit dem sichern von Leinen und Segeln zu tun. Der Windmesser zeigt bereits Stärke sieben an, die Wellen steigen mittlerweile auf

z.B. eine große Welle

über drei Meter Höhe. Das Etmal von heute beträgt 210 Seemeilen. Somit sind sie bereits über 1000 Seemeilen vom Zentrum des Hurrikans entfernt. „Giorgio, hier kommt ein neuer Funkspruch rein, von einer kleineren Yacht, die ungefähr 180 Meilen nördlich von uns fährt und schwer mit dem Sturm zu kämpfen hat. Die sprechen von Wellenhöhen von über fünf Metern. Die „Hestia“ meldet, dass sich der Hurrikan weiter nach Nord Westen verlagert, aber an Stärke und Ausdehnung stark zunimmt. Das bedeutet ja wohl, dass wir hier höchstens noch die Ausläufer mitkriegen, oder?“Kann sein, kann aber auch sein, dass wir noch voll in den Schlamassel reinkommen. Diese Biester sind unberechenbar. Aber wir haben mit unserer Catalina eine reelle Chance, da unbeschadet durch zu kommen. Wir müssen nur wachsam sein und keine Risiken eingehen!“ ruft Giorgio ungerührt gegen den tosenden Wind an. Da sie nur noch die Genua gesetzt haben, gibt der Käptn die Order an Max aus, beide Maschinen anzuwerfen, um besser im Sturm manövrieren zu können.

Das Schiff gibt nun alle möglichen Geräusche von sich. Von ächzen, über stöhnen bis klappern ist alles dabei. Das Heulen des Windes in der Takelage und die Gischt der Wellen tun ein Übriges, ein schaurig, schönes Konzert anzustimmen. Da der Sturm von Minute zu Minute zunimmt, entschließt Giorgio sich, auch die Genua zu bergen und nur ein kleineres, besonders stabiles Sturmsegel zu setzen. Das Meer um sie herum fängt langsam an zu kochen. Schwerere Brecher rollen unablässig von allen Seiten auf ihr Schiff zu. Das Deck wird immer wieder von schweren Brechern überspült und zwingt die Besatzung zu höchster Vorsicht. Das Heck der Catalina wird oft so hoch aus dem Wasser gehoben, dass die Schrauben sich zeitweise in der Luft drehen, um gleich darauf wieder in ein Wellental zu stürzen.

Pia und Max, die draußen sichern, haben voll damit zu tun, sich auf den Beinen zu halten. Obwohl mit Sicherungsleinen und Rettungswesten gegen das über Bord fallen geschützt, ist es dennoch sehr gefährlich. Giorgio überlegt gerade, ob er die beiden Mädchen nicht auch unter Deck schicken und nur mit Max dem Sturm trotzen soll, als ein besonders großer Brecher von der Steuerbordseite über das Deck spült und Pia von den Beinen fegt. Sie wird mitgerissen und knallt mit voller Wucht gegen den Besanmast, so dass ihr die Luft wegbleibt und völlig benommen am Mast zusammensackt. Eine zweite, fast genauso starke Welle trifft sie jetzt und hätte sie unweigerlich über Bord gerissen, wäre sie nicht angeleint. So wird sie gegen die Reling geschleudert und verfängt sich in den zusätzlich gezogenen Sicherungsleinen. „Theresa halt das Ruder fest, ich muss zu Pia!“ schreit der Käpt´n und ist auch schon draußen.

Auch Max kämpft sich gegen die tosenden Elemente zu Pia durch und versucht seine Schwester in sichere Bereiche zu ziehen. Giorgio kommt dazu. Gemeinsam bringen sie Pia, durch weitere Brecher kämpfend, nach unten. Sie ist bewusstlos und blutet heftig an der Stirn. „Schnell in ihre Kajüte, dann verarztet Ihr Sie. Hoffentlich hat sie keine ernsten Verletzungen. Ich muss wieder hoch ans Ruder. Theresa ist bei dem Sturm im Ruderhaus völlig überfordert. Sobald Ihr wisst, was Ihr fehlt, sagt mir Bescheid.“ Schon ist er wieder oben und kämpft sich erneut durch den Sturm zum Ruderhaus. Theresa sieht ihm mit blassem Gesicht, ängstlich entgegen. „Bin ich froh, dass Du wieder da bist. Ich kann das Schiff bei dem Sturm einfach nicht steuern. Wie geht es Pia?“ Frag mich was leichteres. Sie hat sich offensichtlich verletzt und ist Ohnmächtig.  Flo und Max untersuchen Sie und sagen uns so schnell wie möglich Bescheid. Ohne Sicherungsleine wäre Sie unweigerlich über Bord gespült worden. Du siehst, wie wichtig solche Maßnahmen sind!“

Der Himmel hat sich fast völlig verdunkelt, obwohl es erst fünf Uhr Nachmittags ist. Zu allem Überfluss setzt auch noch Regen ein. Nein, Wolkenbruch trifft das Ganze wohl mehr. Die Sicht beträgt höchsten noch fünfzig Meter.

Giorgio kann nur versuchen, die Catalina so gut wie möglich durch diese Wellenberge zu manövrieren und bei den schlimmsten Wellen gegen zu halten, damit die Schieflagen nicht allzu bedrohlich wird. An Kurs halten ist nicht mehr zu denken. Theresa unterstützt ihn, so gut sie kann und hat in Giorgios Nähe ihre anfängliche Angst abgelegt. Über Seekrankheit nachzudenken, hat sie keine Zeit. Der Wind heulte so laut, das eine Unterhaltung fast unmöglich ist. „Was ist mit Pia? Ist Sie schon wieder aufgewacht?“ Will Giorgio wissen und brüllt in die Gegensprechanlage. Nein, sie ist immer noch bewusstlos. Max hat die Wunde versorgt. Scheint nicht so schlimm zu sein, aber wahrscheinlich hat sie eine Gehirnerschütterung. Sie hat aber noch eine Verletzung an der Brust, wohl durch den Aufprall am Mast. Hoffentlich ist das kein Rippenbruch oder innere Verletzungen. Puls und Herz scheinen normal zu sein und ich hoffe, dass sie bald aufwacht!“ ruft Flo besorgt durch das Mikro.

Giorgio ist keineswegs beruhigt und flucht vor sich hin, weil er hier nicht weg kann um nach seiner Tochter zu sehen. Der Tanz auf den Wellen erfordert jetzt seine ganze Kraft. Theresa gibt zwar ihr Bestes, hat aber weder die Kraft noch die Erfahrung um diesem Kampf gegen die Elemente genügend entgegen zu setzen. Zwischendurch hört er zum x ten Mal den Wetterbericht ab und vermerkt erfreut, dass unterhalb des Äquators eine Wetterberuhigung eingetreten sei. „In etwa dreißig Seemeilen haben wir den Äquator erreicht. Eigentlich wollte ich Euch ja eine zünftige Äquatortaufe bieten, aber die fällt wohl im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Aber bei der nächsten Äquator Überquerung wird das nachgeholt, da kommt Ihr nicht drum herum. Dort im Süden reißt übrigens die Wolkendecke etwas auf. Ich hoffe, dass langsam auch Wind und Wellen schwächer werden, damit ich mal nach Pia sehen kann.“ Der Regen läßt langsam nach, aber Wind und Wellen halten nach wie vor Schiff und Besatzung in Atem.

Mittlerweile bricht die Nacht herein und gibt einen funkelnden Sternenhimmel frei. Gegen acht Uhr Abends hört der Wind so plötzlich auf, als wenn ein Ventilator ausgeschaltet wird. Max, der mit Flo seinen Vater und Theresa vor einer Stunde am Ruder abgelöst hat, hofft dass auch die Wellen bald ruhiger werden. Es ist richtige Schwerstarbeit das Schiff auf dieser Berg und Talbahn einigermaßen zu stabilisieren. An Kurs halten ist aber noch nicht zu denken. Nach den letzten Berechnungen von Flo, die ihren Bruder im Ruderhaus unterstützt, sind sie bisher ungefähr sechzig Meilen vom eigentlichen Kurs abgekommen. Giorgio und Theresa, die von ihrer Ruderwache ziemlich erschöpft sind, halten bei Pia Krankenwache. Sie ist inzwischen wieder aufgewacht und klagt über heftige Kopfschmerzen, leichte Übelkeit und Schmerzen im oberen Brustbereich. Giorgio, der sie vorsichtig untersucht hat, glaubt nicht dass ihre Rippen gebrochen sind, sondern vermutet eine starke Prellung. Da er sich etwas geniert, bittet er Theresa, Pias Brust mit einer Spezialsalbe einzureiben und anschließend ein Kühlpatt draufzulegen um eine Schwellung zu verhindern. Da er vermutet, dass sie auch eine Gehirnerschütterung hat, verordnet er außerdem, unter Protest von Pia, strikte Bettruhe, was bei dem schwankenden Schiff gar nicht so einfach ist.

Pia will natürlich doch aufstehen, legt sich aber, kaum dass sie steht, freiwillig wieder hin und ergibt sich ihrem Schicksal. Sie schickt ihren Vater raus und lässt sich von Theresa die Brust einreiben, was diese zärtlich und vorsichtig macht. „Wenn Du noch lange so weitermachst vergesse ich meine Schmerzen und auch meine guten Vorsätze und vernasche die Krankenschwester,“ stöhnt Pia. Theresa lacht und ist froh, dass es Pia schon wieder besser geht. „Das heben wir uns lieber für bessere Zeiten auf,“ meint sie anzüglich. „Jetzt versuche zu schlafen, Du verpasst draußen nichts und Morgen sieht die Welt schon wieder besser aus.“ Hoffe ich. Jawohl Schwester Theresa,“ murmelt Pia und ist schon halb eingeschlafen.

Erst gegen Mitternacht verebben die Wellen langsam und erreichen fast schon wieder eine Normalhöhe von etwa 2 Metern. Max kann wieder auf Kurs gehen und ist sogar mutig genug, nach Absprache mit Giorgio, das Großsegel zu setzen und die Motoren abzuschalten.

Als gleiches  Muster Brigg Roald Amunsen

Dass diese Entscheidung richtig ist, merkten sie sofort daran, dass die Catalina wesentlich ruhiger durch die Wellen gleitet und die Schaukelei schlagartig nachlässt. Giorgio schläft nach dem anstrengenden Tag wie ein Stein, auch Theresa ist nach all der Aufregung in einen tiefen, traumlosen Schlaf gesunken. Kolumbus liegt seit Stunden apathisch in seinem Körbchen, will nicht fressen und hat offensichtlich mit dem Leben abgeschlossen.Max und Flo halten an Deck die Stellung und freuen sich, endlich richtig Fahrt machen zu können. Sie haben jetzt alle Segel gesetzt.

Flo hört über Funk, dass der Hurrikan mehr Nordwestlich zieht, Richtung Puerto Rico und kleine Antillen. Da er aber weiter an Stärke und Größe zunimmt, bedeutet das für die Inseln nichts Gutes. Sie sind jetzt aber zum Glück weit genug entfernt um von diesem Wetterchaos nicht mehr betroffen zu sein. Das Meer ist wieder einigermaßen ruhig. Auch der Wind zeigte sich von seiner besten Seite und bringt die Catalina mit Stärke 4 in Richtung Südamerikanische Küste. Wo wollen wir eigentlich jetzt hin? hat Giorgio dazu was gesagt oder wollen wir das jetzt einfach festlegen?“ fragt Flo übermütig. Spinnst Du, wir können das doch nicht über die Köpfe der Anderen entscheiden. Außerdem hat der Käpt´n die Verantwortung und damit auch das Sagen!“ entrüstet sich Max. „Außerdem, wo ich hin will habe ich bereits gesagt, doch da zickt Ihr Weiber ja herum. Rio ist schon eine Sünde wert!“ seufzt er mit leuchtenden Augen und hofft, den Rest der Mannschaft doch noch überzeugen zu können. Du elender Macho!“ Flo regt sich wieder auf. „Du hast eine der tollsten Frauen die Du auf diesem Planeten finden kannst als Freundin und gierst schon wieder nach anderen Weibern. Aber so seid Ihr Männer!“„Das sagt die Richtige. Ich sage nur ein Wort >Marseille<!“ Max grinst sie triumphierend an. Flo fragt sich wieder einmal, wozu große Brüder überhaupt gut sind und hätte ihn am liebsten über Bord geworfen, da sie diese unschöne Episode doch gerade erst verdrängt hat.

Gegen 6 Uhr am nächsten Morgen geht die Sonne an einem strahlend blauen Horizont auf und läßt die Probleme des gestrigen Tages schnell vergessen. Kolumbus fühlt sich deutlich besser, springt laut bellend unter Deck herum und weckt alle auf, da er jetzt einen riesigen Hunger hat. Flo macht sich daher schnell an die Zubereitung eines üppigen und kräftigen Frühstücks, da keiner von ihnen, auf Grund der Anspannung und Turbulenzen gestern, viel gegessen hat. Max deckt sogar, um bei ihr wieder Pluspunkte zu sammeln, freiwillig den großen Deckstisch. Kaum ist er fertig, kommen nacheinander Kolumbus, Giorgio, Theresa und zum Schluss, noch etwas blass Pia. „Wie geht es Dir heute, hast Du noch Schmerzen?“ Alle erkundigen sich besorgt nach ihrem Befinden. Ach Ihr wisst ja, Unkraut vergeht nicht. Die Schmerzen in der Brust sind auszuhalten. Die Kopfschmerzen sind auch besser geworden. Ich habe herrlich geschlafen und bin nun entsetzlich hungrig,“ strahlt sie. Du hast mir gestern einen ganz schönen Schrecken eingejagt, als ich Dich so über das Deck fliegen sah, dachte ich ,nun ist alles aus. Aber dank unserer Vorsichtsmaßnahmen ist es ja noch mal gut gegangen!“ Giorgio schaut immer noch besorgt auf seine Älteste.

Flo lenkt vom Thema ab und ruft: „Max und ich haben uns vorhin über den weiteren Kurs unterhalten. Wenn es nach dem Lüstling ginge, möchte er nach Rio. Aber der zählt ja nicht!“ Sie blitzt ihn fröhlich an und wirft ihm eine Kusshand zu. Hab ich mir auch schon überlegt. Unseren Plan, nach Barbados zu segeln möchte ich wegen der Hurrikan Saison verschieben. Jetzt ist es dort bestimmt ungemütlich und der nächste Sturm ist schon im Anmarsch. Ich schlage stattdessen vor, dass wir zunächst nach Recife segeln. Uns dort ein bisschen umsehen, Proviant, Wasser und Diesel bunkern und dann weiter Richtung Süden segeln nach Salvador de Bahia. Dorthin hat es einen alten Freund und früheren Kollegen verschlagen, den würde ich gern mal besuchen. Wenn Ihr unbedingt wollt, können wir danach noch nach Rio fahren, aber da müsst Ihr Euch einig sein. Ende September können wir uns dann langsam aufmachen, Richtung Barbados zu segeln und unsere ursprünglich geplante Route fortsetzen. Von Rio aus sind es immerhin ungefähr 3300 Seemeilen. Bis wir dort sind, dürfte das Schlimmste vorbei sein. Die Alternative wäre, dass wir uns gleich Richtung Barbados aufmachen und hoffen, dass wir zwischen den Wirbelstürmen irgendwie durchrutschen, aber ratsam ist das nicht.“ Giorgio lehnt sich zurück und nippt an seinem Kaffee.

Also nach meinem gestrigen Erlebnis bin ich unbedingt für Vorschlag eins!“ meint Pia entschlossen und schaut prüfend in die Runde. „Unseren lüsternen Bruder brauchen wir nicht mehr zu fragen, bleiben also nur noch Theresa und ich“ stellt Flo fest. Ich bin auf jeden Fall für Vorschlag zwei. Erstens habe ich inzwischen Geschmack an der Schaukelei auf dem Schiff gefunden und bin richtig scharf auf Stürme. Zweitens sehe ich gar nicht ein, dass sich mein Kerl mit anderen Weibern an der Copacabana amüsiert.“ Theresa blickt lächelnd ihren Max an und läßt in keiner Weise durchblicken, ob sie es ernst meint oder nicht. Flo, die auch gerade ihre Meinung kundtun will, sitzt mit offenem Mund da und bringt kein Wort heraus, was selten vorkommt. Alle sehen ungläubig auf Theresa und wissen nicht so richtig, was sie davon halten sollen.

Also Moment mal, das ist ja wohl das Letzte. Ich habe nicht der tollen Weiber wegen für Rio gestimmt, sondern wegen der tollen Landschaft und weil dort Lebensfreude pur herrschen soll, natürlich auch an der Copacabana. Ich habe doch schon die tollste und heißblütigste Frau der Welt, was soll ich denn da am Strand mit anderen rummachen!“ Max sieht mit unschuldigem, treuherzigem Blick seine Freundin an, drückt ihr einen schmachtenden Kuss auf den Mund und hofft damit alles wieder gerade gerückt zu haben. Na ja, wenn das so ist und Dir noch so viel an mir liegt dass Du mich den Bikini Schönheiten vorziehst, kann ich mir das ja noch mal überlegen.“ Sie wirft Max einen gönnerhaften Blick zu und flüstert Flo, die neben ihr sitzt, ins Ohr. „Männer sind doch sehr einfach gestrickt und leicht zu manipulieren, oder?“ Flo denkt an ihren Freund Bolle und seufzt: „Wie Recht Du hast. Also haben wir jetzt einstimmig beschlossen, erst mal Südamerika unsicher zu machen, danach in die Karibik zu segeln oder was?“ Ja, wenn meine Crew sich einig ist, heißt unser neuer Kurs Recife. Das sind noch ungefähr 1100 Seemeilen. Wenn wir unsere alten Etmale wieder hinkriegen, heißt das, dass wir in etwa sechs Tagen da sind.“

Na fein, langsam möchte ich mal wieder was anderes als Wasser sehen“ nörgelt Pia. Na dann wart mal ab, bis wir durch den Pazifik pflügen. Von Mittelamerika bis zu den Südseeinseln sind es ungefähr 5000 Seemeilen. Das dauert schon ein paar Stündchen, bis wir da durch sind und wieder Land sehen. Dann weiter nach Neuseeland werden wir auch nicht in einem Tag bewältigen.“ brummt Giorgio. „Das ist Gott sei Dank aber noch lange hin. Bis dahin freue ich mich vielleicht sogar wieder aufs Wasser.“ Beschwichtigt Pia ihren Vater. Die nächsten Tage verlaufen eintönig mit Schiff aufklaren, Rost klopfen und Streichen, faulenzen, lesen oder Spiele spielen. Das Wetter meint es jetzt gut mit ihnen und verwöhnt sie mit reichlich Sonne, angenehmen Wind aus der richtigen Richtung und mäßigen Wellengang, durch den die Catalina wie auf Schienen pflügt.

Zwischendurch leisten ihnen immer wieder Delphine, manchmal auch Wale oder Haie Gesellschaft. Seit ihrem Start von La Palma haben sie immer noch kein weiteres Schiff gesehen. Das vermittelt ihnen langsam das Gefühl großer Einsamkeit. Die einzige Verbindung zur restlichen Welt besteht über Seefunk, der ihnen außer den Wetter-daten auch Verbindungen zu anderen Schiffen ermöglicht. Da die Catalina in den letzten vier Tagen Etmale zwischen 170 und 200 Seemeilen geschafft hat, können sie im Morgengrauen des sechsten Tages am Horizont bereits die Küste Brasiliens ausmachen. Zwei Stunden später liegt vor ihnen das Kap Sao Roque, der östlichste Punkt Südamerikas.

Mit der Flaute am Anfang und dem Teufelsritt über die Sturmwellen haben wir genau 23 Tage gebraucht, den Teich zu überqueren. Wenn man berücksichtigt, dass es hierher noch deutlich weiter ist als nach Barbados und weder das Schiff, noch wir, wenn man von Pia´s Unfall einmal absieht, nennenswerte Blessuren davongetragen haben, ist das durchaus ein gutes Ergebnis!“ verkündet Giorgio zufrieden und blickt stolz auf die Takelage der Catalina. „Aber wir haben auch ein tolles und vor allem sicheres Schiff!“ Er sitzt schon wieder über seine Seekarten gebeugt und berechnet den genauen Kurs in den Hafen von Recife. Mit dem Hafenkommandanten hat er sich bereits in Verbindung gesetzt und einen Liegeplatz auf Reede erfragt. Der Platz wird ihnen an der Baca Portuaria zugeteilt. Das blöde ist, dass wir uns mit Recife vorher gar nicht auseinandergesetzt haben, weil wir diese Gegend überhaupt nicht auf dem Zettel hatten. Wir müssen die Feste eben Feiern, wie sie fallen und uns hier informieren, was so läuft. Sobald wir wieder eine Internet Verbindung haben, kann ich doch Informationen abrufen,“ erklärt Max.

Kapitel 14

14. Samba, Cocos und andere harte Nüsse

Für eine Stadt in der Größe Hamburgs ist der Hafen verhältnismäßig klein. Die Einfahrt wird durch ein großes Korallenriff zusätzlich erschwert, welches sich vor der ganzen Küste entlang zieht.

Der Kommandante hat uns gewarnt, nicht im Hafenbecken zu schwimmen und keine Abfälle über Bord zu werfen, da sowohl die Strände wie auch die Hafenbecken Hai verseucht seien und es immer wieder zu tödlichen Unfällen kommt. Besonders aggressiv sollen die Bullenhaie sein. Es gibt hier aber auch Tiger und Hammerhaie.“ „Na wie beruhigend, so kann uns wenigstens schwimmend niemand angreifen.“ Theresa denkt unbehaglich an ihren Piratenüberfall zurück.

Als sie die Segel gerefft haben und die letzte Strecke langsam mit Motorkraft zu ihrem Liegeplatz tuckern, merken sie erstmals wie unerträglich heiß und feucht es hier, so Nahe am Äquator ist. Obwohl jetzt im August noch Winter herrscht, liegen die Temperaturen bei 38° und die Luftfeuchtigkeit bei über 90%. „Auf See hat man das durch den Fahrtwind überhaupt nicht gemerkt“, wundert sich Max, kramt sofort seinen, aus Hamburg mitgebrachten, Strohhut raus und auch die Mädchen schützten sich gegen die brennende Sonne. Alle fünf sind mittlerweile durch ihre bisherige Reise tiefbraun gebrannt, ohne einen einzigen Sonnenbrand erlitten zu haben.

Die Dukdalben (Pfähle die der Befestigung der Schiffe dienen) die ihnen zugewiesen werden, liegen nur etwa acht Meter von der äußeren Hafenmauer entfernt in einem, etwas unübersichtlichen, leicht schmuddeligem Hafenbecken. Diese acht Meter zwischen den Dukdalben und der Hafenmauer sind mit kleineren Yachten und Booten voll gestopft. Auf der Steuerbordseite liegen zwei kleinere Motoryachten. An der Backbordseite sind bis zur gegenüberliegenden Kaimauer zwar ungefähr 200 Meter, aber auch hier wimmelt es von kleineren und größeren Yachten aller Art.

Viele Boote machen einen verwaisten, heruntergekommenen Eindruck, aber auf einer der teureren Yachten, neben ihnen ist durchaus Leben, wobei es sich ausschließlich um Männer handelt, die im Heck sitzen und offensichtlich in wichtige Gespräche vertieft sind. Da Giorgio und seine Crew mit den Anlegemanövern beschäftigt sind, achten sie nicht weiter darauf. Erst nachdem die Catalina fest vertäut ist, fallen Giorgio die drei Männer auf. Na, einen vertrauen erweckenden Eindruck machen die ja nicht gerade,“ flüstert er und deutet auf die vordere Yacht, die auf der anderen Seite der Dukdalben befestigt ist. Hier werden wir auf jeden Fall Deckswache halten und Kolumbus zur Abschreckung auf dem Deck rumlaufen lassen!“

In dem Moment sehen die Männer zu ihnen hoch, lächeln freundlich und fragen in gerade noch verständlichem Englisch mit Blick auf ihre italienische Flagge: „Sind Sie gerade mit Ihrem schönen Schiff von Italien herüber gesegelt?“ Ja wir waren eigentlich auf dem Weg in die Karibik, aber der Hurrikan hat uns hierher getrieben.“ entgegnet Giorgio. Aber so schnell lassen die drei glutäugigen Brasilianer nicht locker. „Wenn Sie möchten, können wir Ihnen gute Tipps geben für Besichtigungen und Restaurants hier in Recife. Ein Verwandter von mir hat ein Taxiunternehmen, der fährt Sie bestimmt gern zu allen interessanten Plätzen. Er macht für unsere Nachbarn sicher auch einen Spezialpreis!“ Der kleine, gut beleibte Mann, mit pechschwarzen Haaren lacht, als ob er einen Witz gerissen hat. Die anderen beiden stimmen kurze Zeit später mit ein.

Pia fällt auf, dass alle drei teuer und elegant gekleidet sind und einen gepflegten, aber dennoch irgendwie schmierigen Eindruck machen. Am Arm des Dicken und auch des neben ihm sitzenden langen, dürren Mannes blitzten teure Golduhren auf, während der dritte, etwas unscheinbarere und blasse Mann mit einer schweren Goldkette am Handgelenk aufwarten kann. Pia bedankt sich freundlich für das Angebot und meint, nach einem warnenden Blick von ihrem Vater. „Vielen Dank für das Angebot, aber wir haben bereits eigene Pläne und wollen in erster Linie nur Proviant kaufen.“

Aber ich darf Ihnen wenigstens ein Restaurant empfehlen für heute Abend, mit sehr guter Brasilianischer und Chilenischer Küche. Der Besitzer ist ein Freund von mir. Ich rufe ihn an und er verwöhnt Sie mit prima Essen und Wein. Ist auch gar nicht weit, nur ungefähr zwei Kilometer!“ Der Dicke, offensichtlich der Chef der Drei, versucht weiter seine Charme spielen zu lassen. Vielen Dank, wir müssen aber erst unsere Einkäufe erledigen. Das kann einige Zeit dauern. Eventuell kommen wir dann auf das Angebot zurück.“ lächelt Pia den Dicken höflich an. Der knipst schlagartig das Lächeln aus. Dreht sich offensichtlich beleidigt über so viel Ignoranz zu seinen Kumpanen um und unterhält sich in Portugiesisch weiter. Die Yacht heißt Ipanema und ist in Nassau auf den Bahamas beheimatet,“ stellt Max nüchtern fest. Die sehen wie ganz seriöse Geschäftsleute aus, aber irgendwas stört mich an ihnen, ich kann nur nicht sagen, was. Aber vielleicht täusche ich mich auch, es ist tatsächlich harmlos und sie wollen nur freundlich sein.“ Giorgio grübelt vor sich hin. Ich finde, die sehen eher aus wie die Südamerikanische Ausgabe von Pat & Pattachon!“ feixt Max.

Es ist jetzt gegen 10 Uhr Vormittags und Giorgio macht sich mit seinen drei Mädchen im Beiboot auf den Weg, um Vorräte zu kaufen. Max und Kolumbus bleiben vorsichts-halber zur Bewachung an Bord. Als die Mädchen und Giorgio kurz darauf das erste Mal nach über 20 Tagen wieder festen Boden unter den Füßen spüren, haben sie große Schwierigkeiten gerade zu gehen, da sie nur den schwankenden Schiffsboden gewöhnt sind. Nach ein paar hundert Metern auf Südamerikanischem Asphalt klappt es schon ganz gut. Nur die hohe Luftfeuchtigkeit und die drückende Hitze macht ihnen schwer zu schaffen.

Max klart zuerst das Schiff auf und verkriecht sich dann in einen Deckchair unter dem Sonnensegel am Bug und liest. Die bleierne Hitze sorgt dafür, dass er bald eingeschlafen ist, auch Kolumbus döst unter dem Deckchair im Schatten. Als er nach über einer Stunde erwacht, hört er auf der Yacht von Pat & Patachon laute, erregte Stimmen und hat das Gefühl, dass die Drei sich über irgendetwas streiten. Er sieht vorsichtig über die Back und stellt fest, dass sich zu dem Trio zwei weitere Männer gesellt haben, die von dem Dicken heftig beschimpft werden. Beide tragen schwarze Aktenkoffer und trotz der Hitze schwarze Anzüge. Sie machen insgesamt auch keinen vertrauen erweckenden, sondern eher einen unheimlichen Eindruck. Da er kein Portugiesisch versteht, kann er nur die Gesten deuten, aber die sagen nicht unbedingt was gutes aus. Auch Kolumbus wacht jetzt auf und fängt wegen des Lärms an zu knurren. Max beeilt sich ihn zu beruhigen und hätte ihn am liebsten unter Deck geschafft, traut sich aber nicht, da die Fünf ihn dann sehen. Nach etwa zehn Minuten beruhigt sich das Ganze. Pat & Patachon verziehen sich mit ihrem Gefolge unter Deck. Max klettert wegen der schwülen Hitze auch in seine Kabine und läßt Kolumbus zur Sicherheit an Deck zurück. Die Türen zum Niedergang und zu seiner Kabine läßt er offen, um verdächtige Geräusche von oben zu hören. Er stellt den Deckenventilator ein, legt sich auf sein Bett und ist sofort eingeschlafen.

Gegen vier Uhr Nachmittags wird Max durch leises Motorengeknatter geweckt. Er sieht durch sein Bullauge und erblickt Giorgio und die Mädels in einem randvoll bepackten Dingi. Max springt auf, läuft an Deck und hilft beim ausladen. Alle Vier machen einen müden, abgekämpften Eindruck. Theresa berichtet Max sogleich von ihren Erlebnissen. Also, die Stadt ist ein richtiger Hexenkessel. Es ist irre heiß, laut, voll und hektisch, alles wuselt wild durcheinander, Autos, Fahrräder, Lastenkarren und Fußgänger. Verkehrsregeln kennen die hier offenbar nicht. Die Stadt ist ein einziges Labyrinth. Hier kannst Du südamerikanisches Temperament in Reinkultur erleben. Dagegen wirkt dieser Hafenbereich fast wie ein Friedhof.“

Aber wir haben alles, was auf unserer Liste stand, gekriegt!“ ergänzt Flo glücklich. Und jetzt macht unser liebes Brüderchen uns mal einen köstlichen, kühlen Drink!“ hofft sie. „Na ja, ich will mal nicht so sein. Was möchten die Damen denn?“ „Caipirinha ohne Alkohol!“ kommt es dreistimmig zurück. Nur Giorgio ist es mehr nach einem kühlen Bier. Sie sitzen im Schatten des Bimini´s an Deck und schlürfen genüsslich ihren Drink, als auf der Yacht von Pat & Patachon nebenan erneut eine wilde Streiterei losgeht. Obwohl die Beteiligten unter Deck sind, können sie den Krach deutlich hören.

Nach einer Weile wird die Tür aufgestoßen. Die beiden Anzugträger stürzen heraus, dicht gefolgt von dem unscheinbaren Goldkettenträger. Die Aktenkoffer haben sie nicht mehr bei sich. Sie beeilen sich schleunigst von Bord zu kommen und springen mit einem großen Satz auf das Nachbarboot. Von dort aus auf den Kai und verschwinden, so schnell sie können im Hafengetümmel. Pat & Patachon lassen sich nicht blicken, aber Max ist sich sicher, dass Beide noch an Bord sind. „So geht das nun schon seit Stunden. Friedliebende Nachbarn sehen anders aus,“ meint er.

Langsam wird es dunkel. Die Lichter der Stadt werfen ein diffuses Licht auf den Hafen. Einige Schiffe haben spärliche Beleuchtung an Bord, die Meisten liegen in völliger Dunkelheit. Die Catalina strahlt dagegen wie ein Christbaum. Sie haben volle Decksbeleuchtung eingeschaltet. Die Topbeleuchtung trägt dazu bei, die imposante Erscheinung des Schiffes hervorzuheben. Giorgio trifft diese Entscheidung ganz bewusst, weil er der Meinung ist, dass dadurch zwielichtige Gestalten abgeschreckt werden.

Flo hat sich mit dem Abendessen wieder selbst übertroffen und serviert ihrer Familie eine brasilianische Feijoada, ein Eintopf mit schwarzen Bohnen, magerem Rind und Schweinefleisch, der pikanten Kabanossi Wurst, Knoblauch, Pfeffer, Chili und vielen weiteren Zutaten, die Flo jedoch nicht verraten will. Das Rezept hierfür hat sie in Onkel Victors Sammlung gefunden. Vorweg gibt es die allseits beliebte Gazpacho. Die kalte andalusische Gemüsesuppe passt hervorragend zu den tropischen Temperaturen. Den krönenden Abschluss bilden Crêpes mit Vanilleeis und gebackenen Bananenspalten.Die gesamte Crew ist des Lobes voll. Flo meint nur bescheiden: „Nach dieser strapaziösen Überfahrt muss dass einfach mal sein und mir macht´s doch Spaß.“ Sie hat sich vorgenommen, wenigstens ein Gericht aus dem Land, in dem sie sich gerade befinden, zu kochen und stöbert dazu eifrig alle Kochbücher der Bordbibliothek durch.

Die Hitze hat nur unwesentlich nachgelassen, als sie kurz vor elf beschließen, schlafen zu gehen. Sie räumen gerade den Tisch ab, als nebenan Pat & Patachon an Deck erscheinen und mit nicht gerade freundlichen Gesichtern zu ihnen herüber blicken. „Es ist besser und gesünder für Sie, wenn Sie jetzt schlafen gehen!“ ruft er eine unverhohlene Drohung zu ihnen herüber. „Wollen Sie uns etwa drohen?“ fragt Giorgio in scharfem Ton zurück. Ich gebe Ihnen nur einen gut gemeinten, freundschaftlichen Rat, so unter Nachbarn!“ ruft er mit öliger Stimme zurück. „Die Tage sind hier heiß. Da ist es besser, wenn man in der kühle der Nacht durch Schlaf neue Kräfte sammelt!“ versucht er abzuschwächen.

Ein komischer Kauz. Am besten ignorieren,“ meint Pia, greifft die restlichen Gläser und verschwindet unter Deck. „Ich halte die erste Wache!“ verkündet Giorgio, wünscht allseits eine gute Nacht und verkrümelt sich mit einem Buch bewaffnet in einen der Deckchairs. Er hat noch nicht eine halbe Stunde gelesen, als er einen Wagen, nur mit Standlicht den Kai hochkommen sieht, der in Höhe des Nachbarschiffes hält. Giorgio kann erkennen, dass vier Männer das Auto verlassen und mit drei schweren Taschen über das erste Boot auf die Yacht des Dicken klettern. Einer der Männer hat sogar ein Gewehr über den Rücken gehängt. Der vierte Mann ist offenbar der blasse Kerl mit der Goldkette. Giorgio traut seinen Augen nicht und rutscht noch ein Stück tiefer in den Deckchair. Er verflucht jetzt seine Entscheidung, die Beleuchtung eingeschaltet zu lassen, da er so natürlich leicht zu erkennen ist. In dem Moment rutscht sein Buch polternd auf das Deck, und schreckt den Goldkettenträger auf.

Er leuchtet mit einer Taschenlampe auf das Deck der Catalina. Giorgio stellt sich schlafend und hofft, dass er ihn übersieht. Er fühlt den Lichtstrahl über sich gleiten und einen Moment auf ihm verweilen. Dann ruft einer der anderen Männer mit leiser Stimme irgendwas und lenkt den Typ mit der Taschenlampe ab. Sie wuchten die schweren Taschen unter Deck und schließen hinter sich die Tür. Giorgio springt auf und hechtet nach unten um Max zu wecken. Leise klopft er an die Tür, die gleich darauf von Theresa geöffnet wird und ihn fragend anschaut. Max muss mir mal dringend an Deck helfen,“ schwindelt er, um sie nicht zu beunruhigen. Er weiß ja noch gar nicht, was er von der Sache halten sollt, eventuell ist ja alles auch ganz harmlos.

Er ist schon wieder auf dem Niedergang und nimmt seinen Beobachtungsposten ein. Zwei Minuten später kommt Max und schaut ihn fragend an. Giorgio erzählt ihm von seinen Beobachtungen. Max teilt seine Befürchtungen, dass es sich bei ihren Nachbarn offensichtlich um Ganoven handelt. Was wollen wir machen Giorgio, wollen wir nicht lieber die Polizei holen?“ fragt er unsicher.Normalerweise schon, aber hier in Südamerika bin ich mir nicht sicher, ob die nicht korrupt ist. Außerdem möchte ich nicht gern in einen Gangsterkrieg verwickelt werden. Und wenn ich dann noch an den Papierkrieg hinterher denke, so wie in Marokko, ist das wahrscheinlich nicht die beste Idee. Ich schlage stattdessen vor, dass wir morgen früh die Anker lichten und verschwinden. Da wir hier sowieso nur Proviant bunkern wollten, können wir auch gleich nach Salvador de Bahia aufbrechen.“

Von mir aus, obwohl ich es ganz spannend finde, wenn mit unserer Hilfe eine Gangsterbande dingfest gemacht werden kann.“ „Noch wissen wir nicht einmal, ob nicht doch alles ganz harmlos ist und sich Deine Gangsterbande als ehrenwerte Geschäftsleute entpuppen,“ flüstert Giorgio. „Wir werden auf jeden Fall heute Nacht wachsam bleiben.

Ich möchte Dich bitten, dass wir Beide uns in der Wache abwechseln. Die Mädchen möchte ich da lieber raushalten, damit sie sich nicht beunruhigen und nicht noch das Interesse dieser ehrenwerten Herren erwecken. Sag auch Theresa bitte nichts!“„Ay ay Sir, dann horch ich jetzt noch ein bisschen an der Matratze und komme dann in zwei Stunden hoch.“ Max verschwindet fast geräuschlos am Niedergang. Giorgio schiebt weiter in seinem Deckchair Wache. Er sieht in der Kajüte vom Nachbarschiff zwar Licht brennen, kann wegen der zugezogenen Gardinen aber nichts erkennen. Es muss da jedoch ganz schön heiß her gehen, da er ab und zu, trotz geschlossener Türen immer wieder Gebrüll und poltern hört. Da sich jedoch niemand an Deck blicken läßt, widmet er sich bald wieder seinem Buch und ist froh, zwei Stunden später von Max abgelöst zu werden.

Sobald sich irgendwas verändert oder Dir merkwürdig vorkommt, weckst Du mich, ist das klar?“ „Ay ay Sir!“ verspricht Max und beginnt einen ausgiebigen Rundgang an Deck. Er entschließt sich, doch die Deckstrahler auszuschalten und nur die Topbeleuchtung brennen zu lassen, da er nicht so auf dem Präsentierteller sitzen will und die Yacht selbst so besser beobachten kann. Dann setzt er sich an den großen Tisch am Ruderhaus, weil er da den besten Überblick auf das Nachbarschiff und den Kai hat und beschäftigt sich mit den Logbuch Einträgen. Er muss ungefähr eine Stunde dort gesessen haben, als er plötzlich ein leises Geräusch hinter sich hört.

Er will sich gerade umdrehen und sieht aus den Augenwinkeln nur noch eine Faust auf ihn niedersausen. Ihm wird schwarz vor Augen. Er sackt bewusstlos am Tisch zusammen. Die Typen mit den schwarzen Anzügen haben sich über das Heck heimlich auf die Catalina geschlichen und sind dabei, Max zu fesseln und zu knebeln. Dann lassen sie ihn an Deck liegen und schleichen weiter, den Niedergang runter.  Nirgendwo brennt Licht, alles ist ruhig. Die Kerle knipsen eine Taschenlampe an und sehen sich in aller Ruhe im Salon um. Nachdem sie die Pantry und die Heck Kabinen inspiziert haben, schleichen sie durch den Gang auf die erste der Hauptkabinen zu. Sie öffnen leise die Tür zu Pia´s Kabine. Ein kurzer Lichtstrahl genügt ihnen zur Orientierung, schon stehen sie an Pia´s Bett und drücken ihr einen Wattebausch auf Nase und Mund. Nach kurzer, heftiger Gegenwehr, sackt sie in sich zusammen und rührt sich nicht mehr. Die Anzugträger schlagen die Decke zurück um sie zu fesseln und sind angesichts des Anblicks, der sich ihnen bietet, völlig sprachlos. Pia schlief, ihrer Gewohnheit folgend, natürlich nackt. „Madre Mio.“ flüstert der eine fassungslos, beginnt aber dennoch Pia zu fesseln und zu knebeln und läßt sie dann liegen. Der Größere zog den Kleinen, der sich von Pia´s Anblick gar nicht losreißen kann, hinter sich her, aus der Kabine.

Sie huschen, fast geräuschlos zur nächsten Kabine, öffnen leise die Tür und stehen vor Theresas Bett. Da die jedoch einen sehr leichten Schlaf hat, schreckt sie sofort hoch und starrt ungläubig auf die Männer. Bevor sie jedoch einen Ton raus bringen kann, drücken sie auch ihr den Wattebausch ins Gesicht, bis sie sich nicht mehr rührt und fesseln und knebeln sie ebenfalls. Die dritte Tür gehört zu Giorgios Kabine. Sie schleichen sich leise hinein und leuchten ihm direkt ins Gesicht. Da er sich erst vor einer Stunde schlafen gelegt hat und jetzt in der Tiefschlafphase ist, bekommt er überhaupt nichts mit. Sie wiederholen das Spiel mit dem Wattebausch noch einmal, verzichten jetzt aber auf die Fesseln und den Knebel. Schon geht es zur letzten Tür, hinter der Flo selig schläft und Kolumbus leise vor sich hin schnarcht. Der Lange drückt zunächst Kolumbus den Wattebausch auf die Nase um ihn außer Gefecht zu setzen. Dann stürzen sie sich auf Flo, um auch sie ins Reich der Träume zu schicken.

Nachdem sie gefesselt und geknebelt ist, untersuchen die Kerle noch in Ruhe den Rest des Schiffes. Dann fangen sie an, die Mädchen an Deck zu wuchten. Als die drei, wenig oder gar nicht, bekleideten Mädchenkörper nebeneinander an Deck liegen, kann der Kleinere sich kaum noch beherrschen. Nur mit Mühe kann er von dem Langen abgehalten werden, über die Mädchen herzufallen. Doch die Angst vor ihrem Boss, hält sie letztlich davon ab, obwohl auch er der Versuchung nur ungern widersteht. Jetzt wird noch das Deck gründlich inspiziert. Der Große klettert noch mal unter Deck um wenigstens ein Paar Klamotten für die Mädchen zusammenzusuchen.

Lass die Finger von den Weibern!“ schärft er dem Kurzen ein. Gerade, als er unter Deck war, erscheinen Pat & Patachon an Deck ihrer Yacht. Der Dicke ruft rüber. „Habt Ihr alles erledigt, oder seid Ihr dazu auch zu blöd?“ „Alles klar, Boss, wir haben die Weiber und bringen sie gleich rüber.“ „Was ist mit den Männern?“Der eine schläft selig in seiner Koje und der andere liegt gut verschnürt dahinten!“ Der kleine deutete Richtung Ruderhaus. „Okay, seht zu, dass Ihr da wegkommt, ich möchte nicht noch mehr Zuschauer haben,“ knurrt er.

Die beiden Anzugträger binden Seile um den Oberkörper von Theresa und hieven die Bewusstlose über Bord auf die Nachbar Yacht. Pat & Patachon nehmen sie unten in Empfang. Anschließend werden Pia und Flo auf die gleiche Weise verfrachtet. Als die beiden unten, die nackte Pia erblicken wird der Dicke wild und zischt: „Habt Ihr die etwa vernascht, Ihr Idioten?“ „Nee Boss, die schläft nackt in ihrem Bett. Wir haben nichts gemacht, ehrlich!“ beteuert er. „Los, schafft sie rüber zum Wagen und dann ab in unser Versteck. Aber zieht den Puppen erst was an und lasst Eure dreckigen Pfoten von den Weibern. Die werden noch gebraucht.“ schärft er ihnen noch mal ein. Dann verschwindet er mit seinem Kumpan wieder unter Deck.

Seine beiden Hilfsganoven versuchen umständlich und unbeholfen die Blößen von Pia zu bedecken und streifen ihr ein Kleid über. Slip und Schuhe haben sie natürlich vergessen. Nicht viel anders ergeht es Flo, die zwar einen Slip an hat, aber sonst nichts. Ihr zogen sie jetzt ein T-Shirt über. Theresa, die ein dünnes Nachthemd an hat, lassen sie, wie sie ist. Anschließend wuchtet sich jeder der Kerle ein Mädchen über die Schulter, klettert über die, neben ihnen liegende Yacht auf den Kai und werfen ihre Beute ziemlich unsanft in den Heckbereich ihres Jeeps. Dann hetzen sie zur Yacht zurück. Während der eine sich das dritte Mädchen über die Schulter wirft, holt der andere die schweren Taschen von der Gangster Yacht hoch. Sie schleppen alles zum Wagen und brausen mit abgeblendeten Scheinwerfern davon.

Eine knappe Stunde später wachte Max benommen und mit starken Kopfschmerzen wieder auf. Er will sich aufsetzten und merkt jetzt erst, das er gefesselt und geknebelt ist. Verwirrt versucht er sich zu erinnern, was passiert ist. Das Letzte, was er noch weiß ist der Schatten hinter ihm. Danach war nur noch Leere. Er sieht sich, so gut es geht um und stellte fest, dass er noch immer am Tisch sitzt und kann auf dem Deck der Catalina nichts auffälliges entdecken. Eine gespenstische Stille liegt auf dem Schiff. In dem Moment hört er erleichtert die Schiffsuhr aus dem Ruderhaus drei Uhr schlagen. Giorgio muss also jeden Moment auftauchen um die Wache zu übernehmen. Nachdem eine Viertelstunde verstrich und Giorgio immer noch nicht auftaucht, wird er sauer auf seinen Vater, der ihnen immer Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit predigt. Die Uhr schlägt halb Vier, dann viertel vor Vier. Von Giorgio immer noch keine Spur. Langsam schlägt sein Ärger in Angst und Sorge um und er malt sich in den dunkelsten Farben aus, was passiert sein könnte. Hoffentlich haben die Schweine Pap´s und den Mädels nichts getan. Panik steigt in ihm hoch. Er versucht verzweifelt, seine Fesseln zu lösen um unter Deck nachsehen zu können. Doch die Ganoven haben ganze Arbeit geleistet. So sehr er zieht und zerrt, er bekommt die Fesseln nicht los.

Giorgio erwacht mit Kopfschmerzen und leichter Übelkeit auf seinem Bett und weiß zuerst überhaupt nicht, wo er ist. Sein Blick fällt dann auf den Wecker und ihm viel ein, dass er Max um Drei ablösen wollte. „Warum weckt der Bengel mich denn nicht“ grummelt er vor sich hin und roch dann einen leichten Äther Geruch den er sich nicht erklären kann. Er will aus dem Bett springen, merkt aber, dass ihm leicht schwindelig ist und läßt es etwas langsamer angehen. Die frische Morgenluft an Deck bringt ihm seine Lebensgeister schnell zurück. Als er zum Ruderhaus kommt, bleibt er wie angewurzelt stehen und starrt auf seinen gefesselten Sohn. Schnell löst er das Klebeband über seinen Mund und die Fesseln. „Was ist passiert, wer war das, bist Du verletzt? Giorgios Gedanken überschlagen sich und er starrt Max an.

Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich sah nur einen Schatten hinter mir und danach weiß ich nichts mehr. Mir tut mein Kopf weh und `ne Beule habe ich auch. Was ist denn mit den Mädchen?“ will Max wissen. Ich hoffe, die schlafen in ihren Betten, aber wir schauen lieber mal nach.“ Giorgio wirft einen prüfenden Blick über das Deck und auch auf die Yacht neben ihnen. Als ihm nichts Besonderes auffällt, eilt er zum Niedergang, dicht gefolgt von Max. Er öffnet vorsichtig die Tür zu seiner Kabine um Theresa nicht zu wecken und schaut entgeistert auf das leere Bett. Giorgio steht jetzt in Pias Kabine vor dem leeren Bett, läuft aufgeregt weiter in Flo´s Kabine und findet auch hier nur ein zerwühltes, leeres Bett vor. Kolumbus liegt wie tot vor dem Bett und rührt sich nicht. Max stellt sofort fest, das er Atmet und Puls hat. „Er lebt noch, aber wo sind die Mädchen?“Sie sehen sich ratlos um. „Giorgio, was riecht das hier so komisch. Den gleichen Geruch habe ich in den anderen Kabinen auch gerochen.“ Das riecht nach Äther, Mensch Max, die sind betäubt worden. Als ich aufwachte, habe ich diesen Geruch auch bemerkt. Lass uns sofort das ganze Schiff durchsuchen!“

Bei Giorgio kommt jetzt Panik auf, weil er sich nicht erklären kann, was auf ihrem Schiff passiert ist und wo die drei Mädchen geblieben sind. Sie suchen in allen Ecken und Winkeln des Schiffes nach irgend einem Hinweis, finden aber nichts. Gestohlen wurde offensichtlich auch nichts. Giorgio setzt sich verzweifelt an den großen Tisch am Ruderhaus und fragt mehr zu sich selbst, „Was soll das, wer macht so was und warum!“ Pap´s, da haben doch die Kerle nebenan ihre Finger drin, davon bin ich fest überzeugt!“ Da kannst Du Recht haben. Denen werde ich jetzt mal einen Besuch abstatten und der wird nicht sehr freundlich ausfallen. Wenn ich dem Dicken meine Knarre unter die Nase halte, wird er das Maul schon aufmachen!“ Giorgio ist aufgebracht und in tiefer Sorge um seine Mädchen. Wollen wir nicht doch lieber die Polizei holen oder wenigstens die Deutsche Botschaft einschalten?“ schlägt Max vor. „Das können wir immer noch machen, dauert mir aber zu lange und ist viel zu bürokratisch. Ich bin davon überzeugt, dass da die beiden Schießbudenfiguren nebenan ihre Finger drin haben. Ich geh jetzt rüber und Du verschanzt Dich hinter der Back und sicherst das Ganze. Wenn es brenzlig wird, schießt Du, natürlich noch nicht gezielt. Aber ich hoffe, das es dazu nicht kommt!“

Er schiebt sich seine Pistole unter das Hemd, klettert auf die Ipanema rüber und klopft laut an die Tür zum Unterschiff. Ein paar Sekunden später steht der Dicke in der Tür, grinst ihn an und säuselt zuckersüß: „Ach unser lieber Nachbar, ich habe Sie schon erwartet!“ Giorgio fackelt nicht lange, zieht seine Pistole und rammt sie dem Dicken direkt in den fetten Wanst. „Wo sind die Mädchen und was sollte der Überfall auf uns?“ herrscht er ihn an. „Aber, aber, was soll denn das. Weshalb so unbeherrscht. Wir können doch über alles reden. Lassen Sie uns verhandeln wie Gentleman.“ Seine Stimme wirkt ölig. Er ist nicht im Geringsten von Giorgios Waffe beeindruckt. Giorgio ist außer sich, vergisst seine guten Manieren und schreit den Dicken an:Wenn Du dickes Schwein denkst, dass Du uns hier auf der Nase herumtanzen kannst, werde ich Dir schon Manieren beibringen. Denke bloß nicht, dass ich die Knarre nicht auch benutzen würde. Jetzt beweg Deinen Hintern zum Fallreep und kletter auf unser Schiff. Deinen Partner kannst Du gleich mitnehmen!“ Er macht eine einladende Handbewegung mit seiner Pistole und tritt einen Schritt beiseite.

Der Dicke bleibt ruhig, läßt sich von der Pistole überhaupt nicht irritieren sondern grinst Giorgio weiter an, setzt sich jetzt auf die Bank am Heck, knipst sein Grinsen aus und erwidert im scharfen Ton. Sie sind nicht in der Position, mir Bedingungen zu stellen, Senior. Ich darf mich erst mal vorstellen. Mein Name ist Manuel Cabrall. Meine Firma kennt hier an der Küste jedes Kind.

Ich habe mich auf, sagen wir mal, etwas schwierigere Geschäfte spezialisiert, wenn Sie verstehen.“ Er lacht dröhnend über seinen eigenen Witz. Ich habe Sie gestern gewarnt und freundlich gebeten, sich am Abend woanders aufzuhalten um meine Geschäfte nicht zu gefährden. Sie haben leider nicht auf mich gehört, das ist sehr bedauerlich.“ Er schaut Giorgio mit seinen fetten Schweinsäuglein betrübt an. Da Sie nun nicht auf Manuel Cabrall gehört haben und den Abend über auf ihrem Schiff leider zu viel von meinen Geschäften mitbekommen haben, musste ich eine Versicherung einbauen.“ Er lacht erneut dröhnend. Giorgio hätte ihm am liebsten seine Waffe in sein feistes Gesicht geschlagen.Wo haben Sie meine Mädchen gelassen?“ schreit er dazwischen. Aber das ist doch gerade meine Versicherung. Ihre Signorinas sind in Sicherheit. Zwei gute Freunde von mir passen auf sie auf.“ Plötzlich ändert sich seine Stimmlage und faucht Giorgio mit heiserer, aber Messerscharfer Stimme an.

Es gibt für Sie genau zwei Möglichkeiten: Sie gehen zur Polizei oder sonst wie an die Öffentlichkeit und berichten von unseren kleinen Geschäften. Dann landen die Weiber in irgendeinem Südamerikanische Puff. So wie die aussehen, werden sie dort bestimmt für guten Umsatz sorgen.“ Wieder das dröhnende Lachen. Oder aber, Sie haben nichts gesehen, halten den Mund und schippern mit ihrem Kahn weiter, möglichst weit weg. Wenn Sie dichthalten, werden wir Ihnen die Mädchen nachschicken, obwohl es eine Sünde wäre, den Brasilianischen Männern soviel Schönheit vorzuenthalten. Sollten Sie jedoch der Meinung sein, uns mit ihrer Pistole auf ihrem Schiff festhalten zu wollen, würden die Weiber dass büßen müssen. Wenn wir uns in bestimmten Abständen nicht mit einem besonderen Code bei unseren Freunden melden, werden wir die nicht davon abhalten können, sich erst mal selbst ordentlich zu vergnügen. Wenn die dann genug haben, werden sie die Damen zu einer kleinen Reise nach Rio überreden. Da die beiden Herren mit Mädchen aber nicht unbedingt sehr zart umgehen, würde ich das lieber nicht riskieren.“ ergänzt er mit Nachdruck und grinst zufrieden. Wir geben Ihnen genau zwei Tage Zeit, dann sind Sie mit ihrem Kahn hier verschwunden, oder wir überlassen die Mädchen ihrem Schicksal und Sie sehen sie nie wieder!“ droht er.

Giorgio schnürt Wut und Fassungslosigkeit die Stimme ab. Er klettert wortlos auf die Catalina zurück. Max hat alles mitgehört, steht jetzt, mit dem Gewehr auf den Dicken zielend, neben seinem Vater, sieht ihn entsetzt und ratlos an. Giorgio packt ihn am Arm und schiebt ihn, ohne ein Wort zu sagen, den Niedergang runter in den Salon. Unten wirft er sich in einen Sessel und hat vor Wut Tränen in den Augen. Du hast ja alles gehört, wir müssen unbedingt ruhig bleiben und uns überlegen, was wir nun machen und wie wir die Mädchen da rausholen und zwar schnell. Wenn ich daran denke, was diese Kerle mit ihnen anstellen und welche Ängste sie ausstehen müssen, wird mir schlecht.“ Auch Max ist entsetzt und malt sich aus, welche Qualen seine Freundin und seine Schwestern erleiden. „Wir müssen einen kühlen Kopf behalten und einen Plan schmieden, wie wir weiter vorgehen wollen und welche Möglichkeiten wir haben,“ bringt er schließlich hervor.

Der Jeep mit den drei bewusstlosen Mädchen im Heck biegt direkt, nach dem er den Hafen verlassen hat, nach links auf eine schmale, schlecht beleuchtete Straße ab, die Richtung Meer führt. Die Mädchen liegen teilweise verkrümmt übereinander, werden heftig durchgeschüttelt und stoßen sich die Köpfe bei jedem Schlagloch.

Pia kommt als erste wieder zu sich, weiß überhaupt nicht was los ist. Sie hat einen fürchterlichen Geschmack auf der Zunge und Kopfschmerzen. Halb über ihr liegt Theresa. Flo entdeckt sie verkrümmt liegend auf der anderen Seite. Beide rühren sich nicht. Sie hört zwei Männer, die sich in portugiesisch unterhalten und merkt jetzt erst, dass sie sich weder rühren kann noch schreien. Im spärlichen Licht der vorbeihuschenden Straßenbeleuchtung erkennt Sie die Fesseln und das Klebeband in Theresas Gesicht. Nackte Angst kriecht in ihr hoch, als ihr Verstand langsam wieder einsetzt und ihr bewusst wird, dass sie offensichtlich entführt werden. Sie versucht sich zu erinnern, aber ihr fällt nur ein, dass sie am Abend ganz normal ins Bett gegangen, noch etwas las und bald eingeschlafen war. Dann durchfährt es sie, dass sie immer nackt schläft, jetzt aber offensichtlich ein Kleid an hat, aber keinen Slip. Was haben die Kerle mit mir gemacht? Bin ich etwa vergewaltigt worden? Wer hat mir das Kleid angezogen? Was ist mit Max und Giorgio passiert? Was haben die Kerle mit uns vor? Fragen über Fragen kommen jetzt in ihr auf und lassen ihre Angst nicht kleiner werden. Sie traut sich nicht zu rühren und starrt unentwegt aus dem Fenster um wenigstens etwas Orientierung zu bekommen.

Nach ein paar Minuten wird auch Theresa langsam wach und stöhnt leise vor sich hin. Auch sie weiß nicht was los ist und warum sie hier so verkrümmt im Auto liegt und heftig durchgeschüttelt wird. Sie starrt mit angsterfüllten Augen Pia an und sieht, dass sie gefesselt und geknebelt ist. Da Theresa bäuchlings halb auf ihr liegt, kann sie nichts von draußen erkennen. Pia versucht ihr mit den Augen zu erklären, dass vorn im Wagen zwei Männer sitzen, die sie entführen, ist sich aber nicht sicher, ob Theresa das versteht. In diesem Moment hält der Wagen. Beide Männer springen raus. Sie reißen die Heckklappe auf und greifen sich Flo und Theresa. Flo ist immer noch bewusstlos und bekommt von allem nichts mit.

Theresa starrt die Kerle aus angstvollen Augen an, kann sich aber durch die Fesseln nicht rühren. Die Kerle schlagen die Klappe wieder zu, wuchten jeder ein Mädchen wie Kartoffelsäcke über die Schulter und schleppen sie einen schmalen Weg hoch in ein kleines, altes, heruntergekommenes Haus. Sie bringen Flo und Theresa in einen quadratischen, schmutzigen Raum mit einem schmalen Fenster auf der Rückseite und werfen die Mädchen grob auf eine große zerschlissene Doppelliege.Pia liegt unter-dessen allein in dem Wagen. Ihr ist richtig schlecht vor Angst. Sie weiß, dass sie sich zusammenreißen muss und nur mit einem klaren Kopf aus dieser Situation rauskommen kann. Sie hört, wie die Männer sich mit ihrer Last entfernen und versucht an Hand der Geräusche zu erkunden, was passiert. Als sie in einiger Entfernung eine Tür schlagen hört, ist es plötzlich ganz ruhig.

Das heißt, ganz ruhig ist es nicht. Sie hört Meeresrauschen und Wellen am Strand brechen sowie das leise Rauschen des Windes. Das Haus muss sich also unmittelbar am Strand befinden. Dann hört sie wieder Schritte, die Heckklappe wird erneut aufgestoßen. Der Größere der Beiden greift nach ihr und wirft sie sich unsanft über die Schulter. Pia stellt sich Bewusstlos, versucht sich aber die Umgebung genau zu merken. Das Haus liegt tatsächlich direkt am Strand. In der Nähe gibt es offensichtlich keine weiteren Häuser, sie kann jedenfalls keine erkennen. Im Haus riecht es muffig, als wenn es schon längere Zeit nicht mehr bewohnt wird.

Der zweite, wesentlich kleinere und korpulentere Mann steht in der Tür zu einem kleinen Zimmer, nimmt seinem Kumpan jetzt die Last ab und streicht Pia lüstern über ihre Brüste, bevor er sie ruppig auf die alte Liege wirft. Pia ist richtig Übel vor Ekel über diesen Widerling. Die Beiden Kerle reißen den Mädchen jetzt die Klebebänder ab. Der Größere knurrt in schlechtem Englisch: „Hier könnt Ihr schreien, soviel Ihr wollt, hier hört Euch keiner!“ Pia ruft jetzt aufgebracht: „Warum habt Ihr uns entführt und was habt Ihr mit uns vor?“ Der Lange grinst und flüstert: „Unser Boss braucht immer neue Ware für seine Etablissements in Rio und Sao Paulo. Ihr seid ihm aufgefallen. Der Boss hat eine gute Nase für lohnende Investitionen.“ Sie glauben doch nicht im ernst, dass wir dass mitmachen!“ schreit Pia wütend. Da wird Euch nichts anderes übrig bleiben. Der Boss und wir Beide haben bisher noch jede Dame überzeugen können!“ lacht er schmierig und deutet auf seinen Kumpel, dem anzusehen war, dass er am liebsten sofort über alle drei Mädchen herfallen würde. Dann lassen sie ihre Opfer liegen und verschließen die Tür hinter sich. Nach einer Minute hören sie den Motor des Jeeps anspringen und davonfahren.

Jetzt wird auch Flo langsam wieder wach und sieht mit erstaunten Augen ihre Schwester und Theresa an. „Was ist passiert, wo sind wir hier, warum sind wir gefesselt?“ Pia, die ihren Verstand schon wieder richtig einsetzen kann, versucht zu erklären: Wir sind offensichtlich aus unseren Betten heraus entführt worden. Was mit Giorgio und Max ist, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, was diese widerlichen Kerle mit uns bereits gemacht haben. Befummelt haben die uns mit ihren widerlichen Dreckpfoten bestimmt. Da ich nackt schlafe und jetzt ein Kleid an habe, ist wohl Beweis genug. Ich hab noch nicht mal ein Höschen drunter.“ „Ich hab auch oben ohne geschlafen und jetzt ein T-Shirt an!“ entsetzt sich Flo und mag gar nicht darüber nachdenken, was die Kerle mit ihnen gemacht haben könnten.

Vergewaltigt haben die uns jedenfalls nicht, zu mindestens bisher nicht!“ Theresa läuft es kalt den Rücken runter, bei dem Gedanken, was ihnen noch alles bevorstehen kann. Was soll das Ganze, was haben die mit uns vor?“ fragt Flo ängstlich. „Dieser fette Kerl auf der Nachbaryacht ist offensichtlich der Boss von diesem schmierigen Pack. Wenn ich diesen, nach Knoblauch stinkenden Mistkerl, richtig verstanden habe, wollen die uns in irgendeinen Puff in Rio oder Sao Paulo stecken, der dem Dicken gehört. Wenn wir nicht wollen, machen die uns mit Gewalt oder Drogen oder sonstiger Sauerei gefügig.“Theresa ist wütend und verzweifelt zugleich. Auch Pia ringt mit der Fassung, angesichts ihrer aussichtslosen Lage. Als Flo das alles hört, bricht sie hemmungslos in Tränen aus und schluchzt „Wie können Menschen nur so gemein sein. Ich will doch nicht als Nutte enden!“ Allein diese Vorstellung läßt ihren Tränenstrom noch weiter anschwellen. Keine sagt etwas, alle drei hängen ihren trüben Gedanken nach, bis Pia plötzlich ihren Oberkörper hoch drückt und energisch ruft: „Mädels, so geht das nicht. Noch leben wir und dürfen uns nicht aufgeben, sondern müssen versuchen, hier raus zu kommen.“ Wie denn, wir sind doch gefesselt.“ Jammert Flo.

Wir liegen hier nebeneinander auf der Liege. Wenn Du mir den Rücken zudrehst, kann ich versuchen, Deine Fesseln zu lösen. Und wenn es bei Dir nicht geht, muss Theresa es bei mir versuchen, oder ich bei ihr. Das ist unsere einzige Chance, also los.“ Flo dreht sich folgsam auf die Seite und Pia versucht ihre Fesseln zu lösen. Jetzt merken sie erst, wie fest die Kerle sie gefesselt haben und dass die Schnüre bereits tief ins Fleisch einschneiden. Pia versucht es unter vielen Flüchen immer wieder und hat nach einer halben Stunde endlich die Fesseln an den Handgelenken soweit gelockert, dass der Rest ein Kinderspiel ist. Flo kann sich jetzt aufsetzen und auch die Fußfesseln lösen. Dann befreit sie Pia und Theresa von ihren Fesseln. Sie sieht jetzt wieder etwas zuversichtlicher drein. Jetzt müssen wir sehen, dass wir weg kommen, bevor die Kerle wieder hier aufschlagen!“ treibt Pia ihre Leidensgenossinnen an. „Das Fenster ist zu hoch und zu schmal, also bleibt nur die Tür. Die ist aber verschlossen. Los sucht mal, ob hier irgendwas herumliegt, womit wir die Tür aufbrechen können.“

Ein eifriges Suchen beginnt, bis Theresa unter der Liege zwei, ungefähr ein Meter lange Eisenwinkel findet, die offenbar zu der Liege gehören, aber schon lange raus gefallen sind. Flo entdeckt in der Ecke neben dem Fenster noch eine stabile Holzlatte. Nun hoffen sie, damit die Tür irgendwie aufzubekommen. Da die jedoch nach innen aufgeht, können sie nur versuchen, den Rahmen soweit zu lockern, um die Eisenstangen als Hebel anzusetzen. Sie schuften, aber die Tür samt Rahmen erweist sich wesentlich stabiler, als angenommen. Plötzlich hören sie Motorengeräusche. Kurz darauf die vertrauten Stimmen der beiden Ganoven.

Schnell, legt Euch wieder aufs Bett und tut so, als wenn Ihr noch gefesselt seid. Flo und ich verstecken die Eisenstangen hinter unserem Rücken. Du Theresa lenkst die Kerle ab. Lass Dir was Gutes einfallen. Wenn die Zwei dann mit Dir beschäftigt sind, ziehen wir ihnen hiermit schnell eins drüber. Das ist unsere einzige Chance hier raus zukommen. Macht schnell, sie kommen.“ Es bleibt keine Zeit für Diskussionen, schnell legen sich die Mädchen wieder in ihren ursprünglichen Positionen auf die Liege, spannen die Fesseln um Fuß- und Handgelenke und versuchen einen verzweifelten Gesichtsausdruck. Kaum wird die Tür geöffnet, grinst der kleinere der beiden Männer die Mädchen wieder lüstern an. Er kommt in den Raum, stellt sich vor die Liege und glotzt von einer zur anderen. Die Mädchen merken in diesem Moment, das der Andere offensichtlich zum Wagen zurückgegangen ist und ihr Plan dadurch zu scheitern droht.

Theresa überlegte blitzschnell und spricht den Kerl an: „Kannst Du mir nicht was zu trinken bringen, mir ist so heiß!“ Sie versucht ein verführerisches, aber dennoch ängstliches Gesicht zu machen. „Aber natürlich Baby, ich werde Dir gern eine Abkühlung verschaffen.“ grinst er. Dann tritt er vor sie hin, reißt ihr mit kräftigen Ruck ihr Nachthemd, bis zum Bauch herunter und grapschte nach ihrem Busen. Gerade, als er sich auf sie stürzt, springt Pia mit einem Satz von der Liege, schwenkte die Eisenstange über ihrem Kopf und stürzt sich, ohne ein Wort zu sagen, auf den Kerl. Der ist so überrascht, dass er sie nur blöde anglotzt und an Gegenwehr gar nicht denkt. In dem Moment ist auch Flo aufgesprungen und haut die hinter ihrem Rücken versteckte Holzlatte mit voller Wucht auf seinen Schädel. Der Kerl sackt, wie vom Blitz getroffen lautlos zusammen und bleibt vor dem Bett liegen.

Schnell, der Andere wird auch gleich kommen. Theresa leg dich wieder hin. Wir wuchten den Kerl halb auf Dich, so dass es so aussieht, als wenn er Dich gerade vernaschen will. Wir legen uns daneben und tun wieder so, als währen wir noch gefesselt. Wenn er dann reinkommt und sieht, dass sein Kumpel sich mit Dir vergnügt, versucht er ihn bestimmt zurück zu reißen. In dem Moment werde ich aufspringen und ihm auch einen Scheitel ziehen.“ Weißt Du, was Du da von mir verlangst?“ Theresa schaut Pia verzweifelt an. Ja das weiß ich, aber dass ist unsere einzige Möglichkeit. Wir können nur das Überraschungsmoment nutzen, sonst kommen wir hier nie raus!“ „Schnell, ich höre ihn kommen, der telefoniert offensichtlich noch mit seinem Handy.“

Flo späht an der Tür während Theresa sich widerwillig aufs Bett legt. Pia und Flo wuchten den schweren, nach Knoblauch stinkenden Kerl auf Theresas Bauch. spannen wieder ihre Fesseln und legten sich daneben. Es dauert jedoch noch zwei Minuten, die den Mädchen wie eine Ewigkeit vorkommt, bis der zweite Kerl im Türrahmen erscheint. Er erfasst die Situation mit einem Blick, denkt an die Warnung von ihrem Boss, schreit „Alfonso,“ und rennt mit drei Sätzen zum Bett, um seinen Kumpel zurück zu reißen. Er achtet nicht mehr auf die beiden anderen Mädchen, merkt in der Aufregung auch nicht, dass sein Partner sich nicht rührt, sondern Theresa sich, um es echt aussehen zu lassen, hin und her bewegt. Er packt ihn gerade am Kragen, als er von Pia unsanft ins Reich der Träume geschickt wird. Sofort springt auch Flo hoch und befreit Theresa von ihrer widerlichen Last.

Dann fesseln sie die Beiden so fest und unbequem, wie sie nur können. Ihre ganze Schmach und Anspannung der letzten Stunden entlädt sich nun. Alle Drei beginnen bitterlich zu weinen. Nach einigen Minuten haben sie sich soweit gefangen, dass sie überlegen, wie sie so schnell wie möglich von hier weg kommen können. „Es gibt zwei Möglichkeiten,“ verkündet Pia. Entweder schnappen wir uns den Jeep von den Kerlen und fahren zurück zum Hafen oder zur Polizei, oder aber, wir versuchen zu Fuß zurück auf die Catalina zu kommen. Wir müssen rauskriegen, was mit Pap´s und Max passiert ist. Hoffentlich leben sie noch?“ fügt sie angstvoll hinzu. „Wenn wir so halbnackt durch die Gegend laufen, werden wir sonst wo ankommen, nur nicht da, wo wir hinwollen,“ wirft Flo ein. „Außerdem ist es schon nach fünf, es wird bald hell, also sollten wir so schnell wie möglich zum Schiff zurück und das geht nur mit dem Jeep!“ Also los, lasst uns die Taschen von dem Langen durchsuchen, der wird den Schlüssel haben.“ Pia treibt zur Eile. Schon nach dem ersten Griff wird sie fündig.Verdeckt Eure Blößen so gut wie möglich und dann los. Sie schließen die Tür hinter sich ab und rennen aus dem Haus.

Theresa setzt sich ans Steuer und würgt vor lauter Aufregung den Wagen zweimal ab. Dann dirigiert Pia sie, nach ihrer Erinnerung die schmale Straße herunter, Richtung Hafen. „Halt!“ ruft Flo plötzlich. „Wenn wir zum Kai fahren, fallen wir doch Pat & Patachon in die Hände und das Ganze geht wieder von vorne los!“ Flo hat Recht, das können wir nicht riskieren. Am besten wir verstecken den Wagen an der Einfahrt zum Hafen und schleichen zu Fuß weiter. Fünfzig Meter vor dem Ganoven Schiff klettern wir dann ins Wasser und schwimmen zur Catalina!“ schlägt Pia vor. Und wie willst Du da hochkommen? Die Gangway ist doch hochgezogen, das Fallreep auch und rufen können wir nicht, so lange wir nicht wissen, was mit Giorgio und Max ist!“ fragt Flo zweifelnd.Ich werde versuchen, die Ankerkette hoch zu klettern. Ich habe ja schließlich lange genug Voltigiert (während das Pferd sich an der langen Leine bewegt, laufen die Voltigierer an und springen aufs Pferd, je nach Leistungsstand mit oder ohne Hilfe. Auf dem Pferd werden dann verschiedene Übungen geturnt) und genügend Kondition müsste ich eigentlich auch noch haben!“ hofft Pia. Da uns nichts Besseres einfällt, werden wir das wohl versuchen müssen!“

Theresa biegt bereits langsam um die Ecke am Hafen und hält den Wagen sofort in einer dunklen Ecke an und versteckt ihn hinter Gestrüpp. Lasst uns sicherheitshalber hier schon ins Wasser gehen. Hier ist eine kleine Treppe, dann brauchen wir nicht springen. Wir müssen so leise wie möglich sein, denn es kann ja auch sein, dass die Gangster auf unserem Schiff sind und Giorgio und Max gefangen halten,“ überlegt Theresa. Obwohl das Hafenwasser nicht gerade als sauber bezeichnet werden kann, überwinden sie ihren Ekel und lassen sich leise ins Wasser gleiten. Hat uns der Hafenkommandant nicht vor Haien im Hafen gewarnt!“ Fällt es Flo siedend heiß ein und zieht ihre Beine sofort wieder aus dem Wasser. Auch Pia und Theresa beeilen sich, aus dem Wasser zu kommen. Alle drei stehen jetzt triefnass und ziemlich ratlos am Kai. Zum Glück ist keine Menschenseele zu sehen. So lange es noch etwas dunkel ist, müssen wir uns im Schutze des Gerümpels und der Kisten auf dem Kai so weit wie möglich heran schleichen und dann erst bei der Yacht, die vor der Ipanema liegt, ins Wasser gleiten. Dann sind es nur noch etwa 10 Meter zur Catalina. Das ist unsere einzige Chance,“ schlägt Pia vor und spurtet bereits geduckt zu einem Kistenstapel auf dem Kai. Theresa und Flo folgen ihr lautlos. In knapp fünf Minuten sind sie an der Stelle angekommen, wo sie ins Wasser müssen, um zu ihrem Schiff zu kommen. Es ist immer noch alles ruhig, aber sie sehen jetzt auf der Catalina unter Deck Licht brennen. Hoffentlich sind das nur Giorgio und Max.“ flüstert Theresa. „Wir müssen äußerst vorsichtig sein, sonst ist alles umsonst.“

Da hier keine Treppe ins Wasser führt, klettern sie auf eine kleine Yacht hinunter und lassen sich von dort aus, fast geräuschlos ins Wasser gleiten. Hauptsache, die Haie betrachten uns nicht als Frühstück. Wir müssen ruhig und gleichmäßig schwimmen, also keine Panik, Mädels. Wenn Du tatsächlich die Ankerkette schaffen solltest, vergiss uns nicht und lass sofort das Fallreep runter, damit wir die Haie nicht doch noch in Versuchung führen.“ flüstert Theresa. Ihr ist alles andere als behaglich. Nach wenigen Schwimmstößen erreichen sie die Catalina. Pia versucht sofort, die Heck Ankerkette zu erklimmen. Die ersten Zentimeter sind sehr glitschig, aber dann kann sie sich in trockeneren Kettengliedern festkrallen und zieht sich langsam hoch. Pia muss alle Kräfte aufbieten, da die Kette nicht straff gespannt ist, sondern leicht schwankt. Hände, Arme und Beine sind Öl verschmiert und tun ihr höllisch weh, als sie endlich oben ankommt und sich mit letzter Kraft über die Reling schwingt. Sofort sieht sie hinunter zu den Beiden, die sich an die Ankerkette klammern. Dann schleicht sie zur Back, holt das Fallreep, hakt es leise an der Reling ein und läßt es vorsichtig an der Bordwand herunter. Im ersten Licht des neuen Tages kann sie erkennen, das Flo die unterste Stufe zu fassen bekommt und sich vorsichtig hoch hangelt. Theresa folgt ihr sofort nach, um keine Sekunde länger in diesem Hai Planschbecken zu verbringen.

An Deck angekommen, bieten die Drei ein Bild des Jammers. Nass, dreckig, Öl verschmiert, zerrissen und mehr oder weniger nackt stehen sie da und ringen nach Luft, haben aber keine Zeit sich zu bedauern. Jetzt müssen wir vorsichtig nachsehen, was unter Deck los ist. Flo Du holst die Waffen aus dem Ruderhaus und versteckst Dich hinter der Back. Theresa, Du passt oben am Niedergang auf und sicherst meinen Rückzug. Ich schleiche mich runter und versuche in den Salon zu sehen. Passt auf, dass Ihr nicht von der Ipanema aus gesehen werdet,“ raunt sie den Beiden zu. Ay ay Sir“ flüstert Flo zurück und schleicht zum Ruderhaus. Kurz darauf kommt sie mit zwei Pistolen zurück, die bereits bei ihrem Seeräuber Überfall im Einsatz waren. Die anderen Waffen sind nicht da.“ Flüstert sie, drückt Theresa und Pia je eine Pistole in die Hand und versteckt sich, mit einem schweren Schraubenschlüssel bewaffnet hinter der Back.

Giorgio und Max sitzen verzweifelt am Tisch im Salon und überlegen seit Stunden, was sie tun sollen. Polizei einschalten ja oder nein. Dagegen spricht, dass dieser Gangsterboss durchaus auch gute Kontakte zur Polizei haben kann. Dann bringen sie die Mädchen erst recht in Gefahr. Das Deutsche Konsulat einschalten und um Rat fragen? Das können sie frühestens ab neun Uhr machen, wenn das Konsulat geöffnet hat. Selbst die Sache in die Hand nehmen? Aber wie und wo sollen Sie suchen.

Ich frage mich die ganze Zeit, ob das nicht nur ein Vorwand ist, dass wir angeblich zu viel gesehen hätten. Wir haben doch gar nichts gesehen, außer den Kerlen die dauernd auf der Yacht ein und ausgingen. Ich glaube vielmehr, dass die zu einem Mädchenhändlerring gehören und unsere Drei, so schön wie sie sind, als fette Beute betrachten, die ihnen in Puffs viel Geld einbringen. Die werden uns unsere Mädchen niemals hinterherschicken, wenn wir erst mal auf See sind!“ Max hat vor Verzweiflung Tränen in den Augen und auch Giorgios Augen sind rot umrändert. „Ich hab mich nicht getraut das auszusprechen, aber gedacht habe ich dasselbe. Sobald wir auf See sind, werden die uns abfangen, umbringen und können die Catalina auch noch zu Geld machen. Wir müssen uns was einfallen lassen und zwar schnell. Aber wir brauchen Hilfe, allein schaffen wir das nicht.“

Da fällt ihm plötzlich sein alter Freund und frühere Kollege Jürgen Lüttich ein, der seit über 10 Jahren in Salvador de Bahia lebt und die Brasilianischen Verhältnisse sicher gut beurteilen kann. Sie haben vorgehabt, ihn zu besuchen. Aber nun ist ihre weitere Reise in Frage gestellt. Giorgio greift sich das Telefon, kramt aus seinem Notizbuch die Nummer raus und ruft Jürgen an. Da es noch mitten in der Nacht ist, dauert es eine ganze Weile, bis sich eine verschlafene Stimme meldet. „Jürgen, bist Du das, hier ist Giorgio Lindner.“ Mann, alter Kumpel, was holst Du mich denn aus dem tiefsten Schlaf?“ Giorgio schildert hastig die Situation, in die sie geraten sind und bittet Jürgen dringend um Rat. Der sagt, völlig schockiert erst mal gar nichts und rät Giorgio dann, zunächst noch nicht die Polizei einzuschalten, um die Gangster nicht zu verärgern sondern abzuwarten. Ich habe gute Kontakte zu “Amadeus“. Das ist ein Netzwerk von deutschsprachigen, zuverlässigen Leuten, die in ganz Brasilien verteilt leben und sich gegenseitig, auch in schwierigen Situationen helfen. Da kenne ich auch fünf, sechs Leute in Recife. Die rufe ich gleich an. Außerdem habe ich hier einen Freund mit einem Flugzeug. Der kann mich zu Euch bringen. In zwei Stunden bin ich da und ruf Dich dann an, wo wir uns treffen!“

Max hat das Telefonat mitgehört und sieht jetzt etwas zuversichtlicher drein. Auch Giorgio schöpft aus diesem Gespräch neue Hoffnung. „Wir dürfen uns nichts anmerken lassen und müssen versuchen, bei dem Dicken Zeit zu gewinnen.“ Sie hören plötzlich ein leises Geräusch am Niedergang, auch Kolumbus fängt an zu knurren. Max und Giorgio greifen sich ihre Waffen. Der Käpt´n versteckt sich hinter der Tür. Max reißt sie mit einem Ruck auf und starrt völlig entgeistert auf seine total nasse, verdreckte und abgerissene Schwester. „Pia!“ Mehr bringt er nicht zustande. Giorgio springt hinter der Tür hervor und sieht, ebenso fassungslos, auf seine Tochter. Dann fangen sich Beide und überschütten Pia mit Fragen. „Wo kommst Du her? Wo sind die Anderen? Wie geht es Dir?“ Pia bringt sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Dann fängt sie unter Tränen der Erleichterung mit leiser Stimme an zu berichten. Ich hab gedacht, Euch ist auch was passiert. Wir wussten nicht, ob die Ganoven noch hier auf dem Schiff sind. Flo und Theresa sind oben und halten Wache. Wir sind aus dem Haus ausgebrochen und, oh Pap´s, ich hab gedacht, ich sehe Euch nie wieder!“

Giorgio nimmt seine Tochter in die Arme, drückt sie fest an sich und versucht sie erst mal zu beruhigen. Max hat unterdessen Theresa und Flo nach unten geholt, die genauso verdreckt und abgewrackt aussehen. Vor Erleichterung fangen sie jetzt hemmungslos zu weinen an, immer wieder, von Weinkrämpfen geschüttelt, berichten sie über ihre Flucht.Giorgio fängt sich als erster. Es sprudelte aus ihm hervor: „Ist Euch was passiert, weiß der Dicke von Eurer Flucht, hat Euch hier jemand gesehen?“ Nee, uns ist nichts passiert und ich glaub nicht, dass uns jemand gesehen hat.. Die beiden Kerle liegen bestimmt noch gut verschnürt in dem Strandhaus. Ihre Handys haben wir auch mitgenommen und im Auto gelassen!“ erzählt Theresa zitternd.Dann werden wir sofort die Anker lichten und losfahren. Dem Gangsterboss sagen wir, dass wir seine Forderung akzeptieren und er uns die Mädchen schnellstens nachschicken soll. Wenn wir die Mädchen nicht in spätestens drei Tagen wieder an Bord haben, würden wir doch die Polizei anrufen. Das wird ihn erst mal in Sicherheit wiegen. Ihr dürft Euch aber auf keinen Fall an Bord blicken lassen und macht möglichst auch keine Geräusche, bis wir aus dem Hafen sind.“ schärft er seinen Damen ein.

Als Erstes ruft er jedoch seinen Freund Jürgen Lüttich an und berichtet ihm von den Ereignissen. Der ist bereits am Flugplatz, aber noch nicht los geflogen und freut sich mit Giorgio. „Wir sehen uns dann in ein paar Tagen in Salvador!“ beendet er das Gespräch.Giorgio und Max, jeder vorsichtshalber mit einer Pistole bewaffnet, bereiten an Deck das Ablegen vor. Sie holen gerade den Heckanker ein, als Pat & Patachon nebenan aufs Deck krabbeln und verwundert auf Giorgio schauen. „Was soll das, was haben Sie vor Amigo?“ Wir akzeptieren Ihre Bedingungen notgedrungen und fahren jetzt los. Aber wir erwarten von Ihnen, dass Sie auch zu Ihrem Wort stehen und uns die Mädchen schnellstens nachschicken. Wenn sie in spätestens drei Tagen nicht wieder an Bord sind, werde ich doch noch die Polizei verständigen. Bevor wir in die Karibik segeln, werden wir vor Fortaleza ankern, dort übergeben Sie uns die Mädchen!“ ruft er überzeugend dem Dicken zu. Der sülzt zuckersüß zurück: „Ich bin doch ein Ehrenmann Senior. Dafür bin ich überall bekannt!“ lacht er laut. Auch sein Kumpan grinst über diesen Witz. Giorgio hat Mühe, nicht auch zu lächeln, sondern den besorgten Vater zu spielen.Max hat bereits den Motor angelassen und den Buganker gelöst. Der Käpt´n dreht die Catalina langsam in dem engen Hafenbecken und steuert dann auf die offene See. Sie sind gerade um die letzte Mole herum, als das Sprechfunkgerät knarrt und die Hafenkommandantur erbost wissen will, warum sie die Liegegebühren nicht gezahlt haben.Wir müssen dringend nach Fortaleza. Ein Verwandter ist schwer erkrankt und bedarf unserer Hilfe. Wir werden uns dort drum kümmern und Ihnen das Geld sofort überweisen!“ lügt Giorgio. „Warum müssen wir denn nach Fortaleza, das liegt doch in der anderen Richtung?“ wundert sich Max. Na klar, aber wissen wir denn, ob der Kommandante nicht auch von den Gangstern geschmiert wird. Ich traue hier keinem mehr. Also werden wir sie alle ein bisschen in die Irre führen und segeln erst mal nördlichen Kurs. Dann drehen wir, sobald wir außer Sichtweite sind, nach Süden ab, mit Kurs Salvador de Bahia. Das Geld können wir auch mit Jürgen Lüttichs Hilfe von dort überweisen!“

Die Mädchen veranstalten in der Zwischenzeit eine wahre Waschorgie, als müssten sie sich ihre schlimmen Erlebnisse mit Wasser und Seife vom Körper schrubben. Nach einer Stunde stehen sie frisch gewaschen, eingecremt und unglaublich gut duftend an Deck und genießen die frische Seeluft. Vor allem Theresa und Pia brauchen noch geraume Zeit, die furchtbaren Ereignisse zu verarbeiten. Flo wird in ihrer unbekümmerten Art leichter damit fertig.Wenn ich daran denke, dass die Kerle mich nackt aus dem Bett geholt und mich überall betatscht haben, wird mir immer noch ganz schlecht!“ Pia schaudert bei dem Gedanken. Theresa ergänzt: „Das die Schweine unsere Sachen durchwühlt und mit ihren schmierigen Fingern begrabbelt haben, ist auch widerlich.“Nach einer guten halben Stunde sind sie so weit auf See, dass sie die Küste nur noch als schwachen dunklen Streifen am Horizont erkennen können.

Giorgio dreht die Catalina nach Süden und freut sich über eine leichte Brise aus Nordost, die ihr Schiff genau in die richtige Richtung treibt. “Bei diesen Windbedingungen im Brasilstrom müssen wir unser Ziel eigentlich in etwa zwei bis drei Tagen erreichen”.Die Mädchen müssen die Aufregung der letzten Stunden erst mal verkraften und verschlafen diesen Tag mehr oder weniger. Rechtzeitig gegen fünf Uhr Abends steht Flo bereits in ihrer Kombüse und stürzt sich auf die Vorbereitungen zum Abendessen. Auf allgemeinen Wunsch soll es gegrillten Fisch mit Papas Arugadas und Mojo Verde geben, dazu einen Tomaten, Avocado Salat. Da sie in Recife reichlich frischen Fisch gebunkert haben, kann Flo aus dem vollen schöpfen. Max hat den Grill  an Deck aufgebaut und will die Fische gerade drauflegen, als Flo den Niedergang hochkommt und energisch auch die Grillerei für sich be-ansprucht. Es macht ihr überhaupt nichts aus, ständig zwischen Kombüse und Grill hin und her zu flitzen.

Versteh einer die Weiber. Da will man mal freundlich sein und helfen, aber mein Fräulein Schwester muss alles selbst machen. Dabei ist Grillen doch wohl Männersache,“ grummelt er. „Lass Deine Schwester mal machen und genieße es, dass Du nichts tun musst. Jeder verarbeitet solche Erlebnisse halt anders!“ meint Giorgio und drückt Max als Ausgleich das Steuer in die Hand.

Der Abend verläuft harmonisch. Intensive und hitzige Diskussionen helfen ihnen, die Erlebnisse in Recife zu verarbeiten. Giorgio gibt schließlich den üblichen Plan für die Nachtwache bekannt. Pia macht von 10 – 12°° Uhr den Anfang und wird von Theresa abgelöst. Danach sind Max und Giorgio dran. Die letzte Wache wird von Flo übernommen, die sich anschließend gleich auf die Frühstücksvorbereitung stürzen will. In der Nacht ist weit und breit kein einziges Schiff zu sehen. Auch sonst gibt es keine besonderen Erlebnisse. Die Catalina gleitet ruhig unter einem grandiosen Sternenhimmel durch die sanften Wellen. Die ganze Crew findet nach diesen aufregenden Ereignissen langsam ihre innere Ruhe wieder.

weiter geht es am Freitag

15. alte Freunde und neue Gefahren