27. Borneo, eine schicksalshafte Insel

Kapitel 27  und  28

27.  Borneo, eine schicksalhafte Insel

In den nächsten Tagen wird die Crew, mal von Flo, mal von Theresa, mit balinesischer Küche verwöhnt. Sie sind von diesen leichten und schmackhaften Gerichten begeistert. Schiffsverkehr haben sie hier kaum. Nur einige kleinere Frachter und eine chinesische Frachten-dschunke werden gesichtet. Da sie jetzt in der Monsunzeit sind, kommt pünktlich gegen fünf Uhr am Nachmittag ein kurzes Tropengewitter mit heftigstem Regen über das Schiff. Da die Temperatur dabei kaum abnimmt, begrüßt die Besatzung den Regen als willkommene Erfrischung. Spätestens nach einer Stunde ist alles wieder vorbei und trocken. Da der Wind häufig wechselt, müssen sie oft kreuzen, was sie viel Zeit kostet. Für ihre Reise nach Borneo braucht die Catalina volle neun Tage. Am neunten Tag segeln sie an der Westküste Borneo´s entlang und staunen über den undurchdringlichen Regenwald, der direkt am Meer in ebenso undurchdringliche Mangrovenwälder übergeht.

Menschliche Behausungen können sie am Ufer nicht ausmachen. Außer einigen Fischerbooten in Ufernähe regt sich hier überhaupt nichts. Das ändert sich erst, als sie in die Nähe von Pontianak kommen. Die Stadt hat über 400.000 Tausend Einwohner und ist das politische und wirtschaftliche Zentrum der Provinz Pontianak Der kleine Fracht und Fischereihafen empfängt sie mit der üblichen asiatischen Mischung aus Gelassenheit und Hektik. Sie haben einen Platz im Fischereihafen bekommen und müssen aus Platzgründen mit dem Heck am Kai zwischen einem Fischkutter und einer älteren Segelyacht anlegen.

Der Kai ist mit leeren Fischkisten und Fischernetzen voll gestellt. Die ganze Gegend ist von penetrantem Fischgeruch erfüllt. Kolumbus und Felicia werden, wegen der tollen Gerüche ganz nervös und wollen unbedingt vom Schiff runter. Kaum haben Pia und Max die Gangway im Heck der Catalina runter gelassen, flitzen sie auf den Kai und beginnen die Fischkisten und Netze ab zu schnüffeln. Giorgio ist im Gegensatz zu den Hunden nicht begeistert von diesem Liegeplatz, aber Theresa versucht ihn zu beruhigen: „In spätestens zwei Stunden riechst Du das gar nicht mehr!“ lacht sie verschmitzt. „Außerdem, einen anderen Liegeplatz gibt es für uns ja hier nicht.“

Giorgio beruhigt sich und telefoniert jetzt mit dem Ranger, der mit ihnen die dreitägige Wanderung durch den Regenwald machen will. Er stimmt die letzten Details ab und verabredet sich für den nächsten Tag um neun Uhr vor der Catalina. Dann schlendert er mit Flo und Theresa in die Stadt um ihre Vorräte zu ergänzen. Pontianak entpuppt sich als laute, dreckige und quirlige Stadt, die durchaus einen gewissen Charme versprüht. Kleine Geschäfte, Restaurants, Garküchen am Straßenrand, fliegende Händler, Fahrrad Rikschas und einige Autos bilden ein buntes, für europäische Augen faszinierendes Gemisch. Sie erklimmen einen kleinen Hügel am Rande des Hafens und haben einen guten Blick auf Stadt und Umland. Giorgio fällt auf, dass der Regenwald auf der einen Seite bereits kurz hinter der Stadt beginnt, während die andere Seite landwirtschaftlich genutzt wird.

Hinter dem Regenwald können sie sogar die ersten Ausläufer des Kapua Gebirges erkennen. Da irgendwo muss sich der Gunung Palung Nationalpark befinden, den sie am nächsten Tag erforschen wollen. Nachdem sie ihre Einkäufe erledigt haben, schlendern sie langsam zum Schiff zurück und müssen dazu auch durch den Frachthafen. Auch hier stehen zwar einige Container am Kai, aber das meiste wird noch in Säcken oder Holzkisten transportiert. Daher riecht die Gegend nach Pfeffer, Vanille, Kautschuk und vielem mehr. „So wurde im Hamburger Hafen vor 50 Jahren auch noch gearbeitet!“ erklärt Giorgio mit staunendem Blick auf die Heerscharen von Hafenarbeitern.Gerade, als sie bei der Catalina ankommen, prasselt das nächste Tropengewitter auf sie nieder und durchnässt sie in Sekundenschnelle bis auf die Haut.

Pünktlich um neun Uhr am nächsten Morgen steht Arthur Mc Cullins vor ihrem Schiff, um sie abzuholen. Arthur gehört der Borneo Orang Utan Survival Foundation an. Diese BOS genannte, internationale Tierschutzorganisation ist auf der ganzen Welt tätig. Ihr Ranger ist Engländer, ca. 30 Jahre alt, groß, sympathisch und mit vielen Lachfältchen im Gesicht. Er hat in seinem Toyota Geländewagen drei große Zelte, eine kleine Küchenausrüstung, Gewehre und Pistolen sowie eine umfangreiche Survival Ausrüstung unter-gebracht. Die Crew der Catalina steuert noch Rucksäcke, Schlafsäcke, Proviant und Getränke bei. Nachdem Giorgio über den Hafenmeister einen Dogsitter für Felicia und Kolumbus gefunden hat, fahren sie eine halbe Stunde später los. Arthur schlängelt sich geschickt durch den Verkehr und ist 30 Minuten später bereits jenseits der Stadtgrenze.

Wir fahren ungefähr zwei Stunden auf befestigten Straßen und sind dann mitten im Nationalpark. Dort werden wir den Wagen stehen lassen und mit unserem Gepäck zu Fuß weitergehen. Keine Angst, der Weg ist erprobt und nur mittelschwer. Ich möchte Euch die Schönheiten der Flora und Fauna hier zeigen. Übernachten werden wir mitten im Regenwald an einem kleinen Badesee mit Wasserfall!“ „Das erinnert mich sehr an Mittelamerika!“ befürchtet Pia und erzählt von ihrem Schlangenbiss. „Arthur meint dazu trocken: „Ja also, dass kann Dir hier auch passieren, aber nicht, wenn wir aufpassen. Es gibt hier viele Schlangen, auch giftige, aber die sind sehr scheu. Wir können uns freuen, welche zu Gesicht zu bekommen. Wenn wir großes Glück haben, sehen wir Borneo Zwergelefanten, Nasenaffen, Gibbons und hoffentlich auch Orang Utans. Alle diese Tiere sind streng geschützt und werden von uns vor Wilderern und üblen Geschäftemachern beschützt. Aber auch die Flora hat einiges zu bieten. Seltene Orchideenarten und vor allen Dingen die Rafflesia (unten im 3fach Bild ganz rechts) möchte ich Euch gern zeigen!“ „Was ist das denn?“ will Flo wissen. „Das ist die größte Blume der Welt, wunderschön, sehr selten und blüht Lachsrot!“

Die Landschaft links und rechts ist von Kokospalmen, Pfeffersträuchern und Kautschukplantagen geprägt. Langsam schlängelt sich der Weg in die Höhe. Die Felder werden seltener und von teilweise undurchdringlichem Gestrüpp abgelöst. Es wird immer grüner und plötzlich fahren sie unter einem dichten, tiefgrünen Blätterdach hindurch. Vereinzelt treffen sie noch auf Holzplätze, wo sich geschlagene Baumriesen zum Abtransport stapeln. Ist das Roden dieser Urwälder eigentlich von der Regierung genehmigt oder ist das Illegal?“ erkundigt sich Theresa. „Beides, leider gibt es hier viel Korruption. Dadurch schaffen es gewissenlose Konzerne immer wieder, große Flächen zu roden. Aber auch viele kleine Bauern und Händler beteiligen sich an dem schmutzigen Geschäft und tragen erheblich zur Zerstörung des Regenwaldes auf Borneo bei. Vor allem mit den verdammten Brandrodungen!“ meint Arthur verbittert. „Dadurch wird der Lebensraum dieser prachtvollen Tiere immer kleiner. Aber die Menschen, einschließlich der Regierung, werden das erst merken, wenn es zu spät ist. Bis jetzt sind die Alle beratungsresistent!“

Entsetzen und Nachdenklichkeit macht sich bei Allen breit. „Kann man denn dagegen gar nichts tun?“ fragt Pia und hat sogar Tränen in den Augen. Deshalb freuen wir uns, Leuten wie Euch die Schönheiten des Regenwaldes noch zeigen zu können und hoffen natürlich, das unsere Botschaft – Rettet den Regenwald – in die Welt hinausgetragen wird und endlich auch hier ein Umdenken bewirkt!“ Die Straße verwandelt sich jetzt in einen besseren Pfad. Der Geländewagen hat seine liebe Mühe, vorwärts zu kommen. Die Bäume werden immer dichter.

Arthur erklärt ihnen gerade, das jetzt der Nationalpark beginnt. „Was hast Du denn hier für Aufgaben?“ will Flo wissen. „Na, in erster Linie Pflege und Schutz des Waldes und seiner Bewohner. Aber in letzter Zeit wird es immer mehr zur Polizeiarbeit. Es gibt viele Wilderer, die rücksichtslos Tiere schießen oder einfangen. Die gehen oft sehr brutal vor. Es ist ihnen egal, ob die Tiere unter Artenschutz stehen oder nicht. Das absolute Jagdverbot im Nationalpark kümmert die auch nicht.“ Ein zorniges Flackern seiner Augen verrät die Wut auf diese Ganoven. Am schlimmsten sind die Leute, die seltene Tiere einfangen und dann auf Märkten als Haustiere oder an Zoo´s verkaufen. Die töten auch rücksichtslos Muttertiere um an die Kleinen heran zu kommen. Das ist eine richtige Tiermafia!“ „Habt ihr den schon mal jemanden geschnappt?“ fragt Max. Ja, schon oft, aber es kommen immer neue Kerle. Die Strafen schrecken die auch nicht wirklich ab. Aber in letzter Zeit schießen die auch auf uns. Das ist gut so, denn dann haben wir endlich die Möglichkeit, hart durchzugreifen. Dann kommen diese Ganoven für lange Zeit hinter Gitter, oder werden gleich erschossen!“ Man merkt ihm an, das er zum Schutz der Tiere auch sein eigenes Leben auf´s Spiel setzen würde.

Dann kommen sie auf eine kleine Lichtung. Arthur stellt den Wagen ab und erklärt, dass sie ab hier zu Fuß weitergehen müssen. Also schnallen sie sich ihre, schwer beladenen Rucksäcke um und stapfen tapfer Arthur hinterher. Pia ist schwer begeistert von ihm. Er ist sehr sympathisch, sieht gut aus und vor allem hat er ein Herz für Tiere. Aber der ist bestimmt längst verheiratet oder vielleicht sogar schwul, grübelt sie. Sie geht als erste hinter ihm und lauscht aufmerksam seinen, interessanten Erlebnissen im Regenwald. Es wird jetzt unerträglich schwül. Heerscharen von Mücken versuchen die Weltenbummler auf ihren Speiseplan zu setzen. Arthur hat vorgesorgt und sprüht alle mit einer übelriechenden Flüssigkeit ein, die die Plagegeister auf Abstand hält. Plötzlich bleibt er wie angewurzelt stehen und deutet auf die linke Seite. Dort grasen, ohne sich stören zu lassen zwei Zwergelefanten. „Sind das Jungtiere?“ flüstert Pia. „Nein, das sind ausgewachsene Tiere, die werden nur so groß.“ flüstert er zurück.

Nach einem Fußmarsch von zwei Stunden erreichen sie eine kleine Lichtung und Arthur schlägt eine Rast vor, die dankbar angenommen wird. Bevor sie ihre Rucksäcke abstellen können, inspiziert Arthur aufmerksam ihren Rastplatz und gibt erst dann Entwarnung. „Es gibt hier allerhand giftige Kleintiere, daher ist es lebensnotwendig, Rastplätze immer vorher zu prüfen. Nach einer ausgiebigen Stärkung wandern sie noch mal volle zwei Stunden auf verschlungenen Pfaden durch den dichten Regenwald. Giorgio und seine Crew haben schon längst die Orientierung verloren, aber Arthur weiß genau, wo sie sind. Da es in den Tropen sehr schnell dunkel wird, beschließt ihr Ranger, bereits gegen fünf Uhr ihren Lagerplatz anzusteuern und die Zelte aufzubauen. Der Platz liegt sehr romantisch an einem kleinen See mit einem Wasserfall und einem flachen Felsen, Die Weltenbummler sind auf Grund des ungewohnten Fußmarsches und der extremen Hitze mit hoher Luftfeuchtigkeit, total geschafft und froh, nicht mehr weiter zu müssen.

Beim Abendessen am Lagerfeuer, was Arthur mit Flo´s Hilfe errichtet hat, bereitet er sie vorsichtig auf die Nacht im Dschungel vor. Vor allen Dingen sollen sie keine Angst vor den nächtlichen Geräuschen des Waldes und der Tierwelt haben. Wer nachts raus muss, sollte einen Stock mitnehmen und sich nicht zu weit vom Lagerfeuer entfernen. Sie sollen auf fest verschlossene Zelte achten, dass nichts hinein krabbeln kann. Giorgio, seine Kinder und Theresa sind viel zu müde, um sich noch lange Gedanken darüber zu machen. Um sechs Uhr wird es bereits stockfinster. Die Stimmen des Waldes setzen ein. Rascheln, fiepen, fauchen, singen und brüllen, alles ist dabei. Es ist unheimlich, aber doch schaurig schön. Die Mädchen schlafen zusammen in dem größten Zelt. Giorgio und Max in dem Mittleren. Arthur hat sein kleines Einmannzelt direkt dazwischen aufgebaut, um im Notfall sofort reagieren zu können.

Pia liegt in ihrem Schlafsack noch wach, lauscht den Stimmen des Waldes und denkt über Arthur und seinen Beruf nach. „Na Schwesterlein, der gefällt Dir wohl, oder?“ Flo liegt direkt neben ihr und kennt ihre Schwester zu gut, als das sie nicht ahnt, was Pia beschäftigt. Ja, der gefällt mir. Wie er sich für die Tiere und die Natur einsetzt, finde ich toll!“ flüstert sie leise zurück. „Na klar, dass er nebenbei auch noch verdammt gut aussieht und ein richtiger Sonnyboy ist, fällt Dir natürlich nicht auf!“ gibt sie grinsend zurück. „Der Junge ist doch eine Sünde wert. Wenn die Zelte besser schallisoliert wären, würde ich jetzt auch in sein Zelt kriechen und mich mit ihm über das Paarungsverhalten der Zwergelefanten austauschen!“ lacht sie anzüglich. „Halt die Klappe, sonst erzähl ich Bolle von Deinen lüsternen Gedanken.“ Pia dreht sich um und ist sofort eingeschlafen.

Am nächsten Morgen, kurz nach sechs hat Arthur schon das Lagerfeuer entfacht und bereitet gerade ein kräftiges englisches Frühstück zu. Die Mädchen waschen sich, so gut es geht in dem kleinen See. Giorgio traut sich sogar, einige Runden darin zu schwimmen. Nach dem Frühstück drängt Arthur zum Aufbruch. Sie packen ihre Habseligkeiten zusammen und wollen gerade aufbrechen, als in unmittelbarer Nähe ein wildes Gebrüll erschallt. Pia und Theresa erschrecken furchtbar und schauen ängstlich auf Arthur. Der strahlt jedoch und flüstert: „Ganz in der Nähe müssen sich einige Orang Utans aufhalten. Wenn wir Glück haben, bekommen wir sie zu Gesicht!“ Langsam und leise bewegen sie sich vorwärts. Sie hoffen die „Waldmenschen“, wie die Malaysische Übersetzung lautet, erblicken zu können. Tatsächlich, etwa 100 Meter weiter, deutet ihr Ranger auf eine Stelle vor ihnen. Dort sitzen zwei ausgewachsene Exemplare dieser prachtvollen Tiere und beäugen sie bereits neugierig. Giorgio filmt ausgiebig und entdeckt im Gras sogar noch ein Jungtier, was dort regungslos kauert.

Solange die nicht weggehen, können wir nicht weiter, da unser Weg genau an ihnen vorbeiführt. Wegen des Kindes möchte ich es auch nicht auf eine direkte Konfrontation ankommen lassen, also warten und genießen wir!“ Arthur ist glücklich bei dem Anblick, auch die Mädchen sehen verzückt auf diese scheuen Tiere. Nach etwa zehn Minuten hören sie plötzlich in einiger Entfernung zwei, kurz auf einander folgende Gewehrschüsse. Die Orang Utan Familie springt entsetzt hoch und verschwindet blitzschnell im Dickicht des Waldes. Auch Arthur ist elektrisiert und treibt seine Gäste jetzt zur Eile an. „Dass können nur Wilderer sein. Hier darf überhaupt nicht geschossen werden. Wir sollten sehen, dass wir die auf frischer Tat erwischen. Ich werde über Funk meine Kollegen verständigen um diese Kerle einzukreisen. Wenn wir näher dran sind, bleibt bitte zurück, da ich Euch nicht in Gefahr bringen will!“ „Arthur, wir haben auf unserer Weltumseglung schon viele gefährliche Situationen gemeistert und so einige Ganoven unschädlich gemacht. Außerdem können wir alle mit Waffen umgehen. Wir würden Dich gerne dabei unterstützen, diese Verbrecher zu fangen!“ Giorgio schaut fragend auf seine Kinder und erntet Zustimmung. Arthur staunt über das Angebot, auch darüber das diese drei hübschen Mädchen sich mit Waffen auskennen sollen.

Sie hasten so schnell und so leise, wie möglich, durch den Dschungel, bis Arthur plötzlich stehen bleibt und seinen Gästen bedeutet, sich hinzukauern. Etwa 50 Meter vor ihnen hocken drei Leute an einem Lagerfeuer. Sie fühlen sich offensichtlich völlig sicher, denn sie streiten sich laut über irgendwas. Zehn Meter von dem Feuer entfernt stehen drei Käfige. Einer ist leer, in den anderen, viel zu kleinen Käfigen sind ein Orang Utan und zwei Gibbons eingezwängt. An einem Baum neben ihrem Sitzplatz lehnen 5 Gewehre. „Diese Schweine wollen die Tiere irgendwo verkaufen!“ ist Arthur überzeugt. Er brütet leise mit seinen Gästen einen Schlachtplan aus. Nur Arthur hat ein Gewehr dabei. Die Anderen müssen mit Pistolen vorlieb nehmen, was ihnen aber nicht unlieb ist, da sie sich damit besser auskennen, als mit Gewehren. Also, ich schleiche leise um das Lager herum und komme von der Rückseite. Pia und Flo verteilen sich nach links und Theresa und Max nach rechts in den Wald. Giorgio, Du bleibst hier auf dem Pfad und schneidest dem Gesindel den Rückweg ab. Max und Theresa versuchen so leise und vorsichtig wie möglich zu dem Baum, wo die Gewehre stehen, zu kommen und kassiert sie ein. Ihr Zwei passt auf, dass sie sich nicht noch die Käfige schnappen können. Ihr habt zwar alle Stiefel an, aber passt trotzdem auf Schlangen auf.“ meint er zu Pia und Flo.Ich gehe jetzt los, wenn ich in Position bin, ahme ich den Schrei des Eisvogels nach, der kommt hier häufiger vor.“

Kaum ist er im Dickicht verschwunden, kramt Flo aus ihrem Rucksack ein Pfefferspray und hofft, es bei diesen Kerlen zum Einsatz bringen zu können. Dann schleichen sie sich, ihr Unbehagen über Schlangen und anderes Kleingetier ausgeblendet, leise und vorsichtig durch den Wald und behalten dabei das Lager der Wilderer im Auge. Auf der anderen Seite schleichen Theresa und Max genauso vorsichtig zu dem Baum, an dem die Gewehre lehnen. Eine Minute später ertönt der Ruf des Eisvogels, den die Kerle am Feuer gar nicht registrieren, sondern weiter miteinander streiten. Giorgio sieht hinter den Wilderern Arthur aus dem Dunkel des Waldes treten und schleicht sich schnell an das Lager. Arthur hat sein Gewehr im Anschlag und brüllt die Kerle scharf an. Die lassen, völlig erschrocken, ihre Becher fallen, springen hoch und wollen zu dem Baum mit ihren Gewehren. Dort steht bereits Max und hält die Wilderer mit seiner Pistole in Schach, während Theresa schnell die Gewehre einsammelt. Jetzt kommt bei den Kerlen Panik auf, sie drehen sich blitzschnell um und versuchen auf dem schmalen Pfad im dunkel des Waldes zu verschwinden. Dort steht aber Giorgio, ebenfalls mit gezogener Pistole und versperrt ihnen den Weg. In diesem Moment stürmen Pia und Flo auf die kleine Lichtung und blicken die Ganoven böse an.

Ihr Anführer ruft irgendwas und denkt wohl, dass die beiden Mädchen die schwächste Stelle in ihrer Belagerung sind. Alle drei Kerle laufen jetzt auf Pia und Flo zu um sie zu überwältigen. Sie haben nicht damit gerechnet, dass Pia nun ebenfalls ihre Waffe im Anschlag hat und Flo sich sehr darauf freut, dass die Kerle in Reichweite kommen. Pia hält die Pistole hoch und schreit: „Stopp!“

                        (Comic: Spirou-u.-Fantasio-Spezial-23.-Das-Licht-von-Borneo.)

Flo ergreift den Moment der Verblüffung und sprüht allen Dreien genüsslich eine ordentliche Ladung des Pfeffersprays in die Augen. Die schreien fürchterlich, reiben sich die Augen und wälzen sich auf dem Waldboden. Jetzt sind Arthur, Max und Giorgio heran und fesseln den Gaunern fachgerecht die Hände auf den Rücken. Vorsichtshalber versieht Arthur sie noch mit Fußketten und erklärt: „Diese Verbrecher sind zu allem fähig. Sie scheuen auch vor Mord nicht zurück. Wir wissen nicht, ob sich noch Komplizen irgendwo hier herumtreiben, deshalb sind wir lieber vorsichtig!“ „Was machen wir mit den Tieren?“ will Pia wissen. „Da sie die mit Sicherheit hier gefangen haben, werde ich sie vorsichtig untersuchen. Wenn alles in Ordnung ist, auch hier wieder freilassen. Ich habe meine Kollegen verständigt, die werden in ungefähr zwei Stunden hier sein, uns die Kerle abnehmen und die Gewehre und sonstigen Kram mitnehmen. Dann können wir weiter ziehen!“

Pia kümmert sich unterdessen liebevoll um die Tiere und assistiert Arthur bei der kurzen Untersuchung. „Du kannst gut mit Tieren umgehen!“ lobt Arthur sie. „Ja, ich möchte nach unserer Reise Tiermedizin studieren.“ antwortet sie verlegen. So einen Job, wie Du ihn hier machst, könnte ich mir später auch vorstellen.“ Pia bekommt einen roten Kopf, dreht sich schnell um und sieht Flo hilfesuchend an. Die hat aber wieder Flausen im Kopf und meint unschuldig: „Das wäre es doch, Du und Arthur arbeitet nach Deinem Studium später mal hier zusammen!“Pia hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst und sieht ihre Schwester giftig an. Ihr schießen in dem Moment tausend Todesarten durch den Kopf, die sie an Flo praktizieren will und fragt sich wieder mal, wieso sie so ein Miststück von Schwester haben muss.

Da Arthur jetzt die Tiere in ihre wohlverdiente Freiheit entlässt, hat sie keine Zeit, weiter über ihre Mordpläne nachzudenken, sondern hilft Arthur lieber, die Tiere frei zu lassen. Knapp zwei Stunden später übernahmen fünf Kollegen die Ganoven, die Gewehre und den ganzen Krempel des Lagers, bedanken sich bei Giorgio und dem Rest der Crew im Namen von BOS für die tatkräftige Hilfe. Sie wandern, die verschnürten Kerle im Schlepptau, zurück. Arthur zieht mit seinen Gästen weiter. Sie kommen bald darauf an die ersten Ausläufer des Kapua Gebirges. Pia geht direkt hinter Arthur und will von ihm alles über die BOS Organisation wissen. „Wie groß ist BOS überhaupt, arbeiten da nur Wildhüter oder auch andere Berufe. Wie werdet Ihr eigentlich  bezahlt?“ Arthur freut sich über ihr Interesse und gibt bereitwillig Auskunft: „Wir arbeiten in 49 Ländern weltweit und werden hauptsächlich durch Spenden, aber auch durch Erbschaften bezahlt. Manchmal auch durch Regierungen und Geldbußen von Gerichten. Wie viel Leute bei uns genau tätig sind, kann ich Dir nicht genau sagen. Es gibt außer Wildhütern auch viele Handwerker, Tierärzte, Biologen, Zoologen und sogar Juristen in unserer Organisation. Alle arbeiten für den Schutz der Natur und der Tiere. Wir haben schon viel bewegen können, aber manchmal haben wir auch das Gefühl, bei den Menschen überhaupt nichts bewirken zu können, da die Oberflächlichkeit immer mehr zunimmt!“

Pia geht nachdenklich hinter ihm her und grübelt, ob dieser Beruf, oder besser Berufung, auch was für sie wäre. Sie nimmt sich vor, Arthur heute Abend am Lagerfeuer noch mehr darüber auszuquetschen. Dem Ranger gefällt nicht nur Pias Interesse an seinem Beruf, sondern mehr und mehr ihre ganze Art, Dingen auf den Grund zu gehen. Er hat das Gefühl, dass sie nicht, wie viele in ihrem Alter, nur an Shoppen oder Party´s denken, sondern sich auch für Andere einsetzt und durchaus was im Leben bewegen will. Da er selbst von gleichen Beweggründen gesteuert wird, entwickelt er schnell Sympathie für Pia. Dass ihm auch ihre Schönheit und ihr makelloser Körper gefällt, ist eine angenehme Zugabe.„Was für einen Beruf hast Du denn?“ fragt Pia jetzt. „Ich habe in Cambridge zwölf Semester Tiermedizin studiert, dann zwei Jahre im Zoo von London als Tierarzt gearbeitet. Da hatte ich das erste Mal mit BOS zu tun und war sehr von deren Arbeit angetan. Nach einem weiteren Jahr habe ich mich dann für zwei Jahre hierher verpflichtet, bin jetzt schon fünf Jahre hier. Auch wenn man manchmal resigniert, macht es große Freude, da wir langsam auch auf Regierungsseite ein Umdenken im Tierschutz feststellen können.“

Er geht jetzt neben ihr und legt, wie selbstverständlich seinen Arm um ihre Schultern. Pia ist völlig durcheinander, ihre Gefühle fahren gerade Karussell. Sie wehrt sich aber nicht gegen diese Umarmung sondern fühlt sich plötzlich vollkommen geborgen.Flo, die hinter ihr geht, ist hin und her gerissen, ob sie sich nun für ihre Schwester freuen, oder eher neidisch sein soll. Dann gewinnt die Freude darüber, das Pia offensichtlich auch mal einen interessanten Typen gefunden hat, die Oberhand. Sie freut sich mit ihr. Giorgio bleibt diese beiderseitige Zuneigung natürlich nicht verborgen. Da er Arthur sehr sympathisch findet, freut er sich, dass seine Älteste offensichtlich Zuneigung zu dem Ranger empfindet. Theresa und Max bilden die Nachhut und haben von dieser, Zuneigung noch nichts mitbekommen. Als die kleine Gruppe gegen fünf Uhr Nachmittags endlich ihr zweites Nachtlager erreicht, sind sie rechtschaffen müde. Das, von Arthur zur Verfügung gestellte Mückenmittel hat sie bis jetzt zuverlässig vor Stichen bewahrt. Das offene Feuer tut ein Übriges.

Arthur brutzelt, mit Flo´s Hilfe einen großen Topf kräftiger Chili Con Carne. Nach dem Essen ziehen sie sich bald in ihre Schlafsäcke zurück. Arthur wäscht noch die Teller ab und räumt etwas auf. Pia schleicht sich leise aus ihrem Zelt und setzt sich zu ihm. Sie unterhalten sich über Gott und die Welt, bis Pia es nicht mehr aushält und ihn ganz direkt fragt: „Lebt eigentlich Deine Familie auch hier auf Borneo?“ „Nein, meine Eltern leben in Cornwall in einem kleinen Cottage direkt an der Küste. Mein Bruder lebt in Australien, meine Schwester ist in Berlin an der britischen Botschaft Kulturattaché´.“ Und Deine Frau lebt hier, oder bist Du nicht verheiratet?“ Arthur schmunzelt und freut sich, dass das Interesse wohl gegenseitig ist. „Nein, ich war verheiratet aber seit acht Jahren geschieden. Meine Ex lebt in England und ist wieder verheiratet. Ich habe die richtige noch nicht gefunden, bin aber vielleicht viel zu anspruchsvoll!“ erklärt er betrübt. Pia strahlt innerlich, versucht aber, sich nichts anmerken zu lassen. Dann erzählt sie offen von ihrer bisherigen Reise, aus ihrem Leben und welche Wünsche und Träume sie hat. Wir haben ja zumindest beruflich die gleichen Interessen!“ stellt Arthur trocken fest und sieht Pia an, wie sie so in ihrem leichten Top auf ihrem Stein hockt, versonnen ins Feuer schaut und Gedanklich ganz woanders ist. Ihre blonden langen Haare sind jetzt offen und haben durch den Feuerschein einen tief goldenen Schimmer. Sie sieht wie ein Engel aus, denkt er und stellt erstaunt fest, dass er im Begriff ist, sich ernsthaft in diese schöne, Deutsche zu verlieben.

Pia blickt ihm direkt ins sonnengegerbte, jungenhafte Gesicht und wird verlegen, als sie merkt, dass er sie liebevoll ansieht. Verdammt, du dummes Huhn hast dich in diesen Mann verliebt, stellt sie verwirrt fest und schmiegt sich fester an ihn, da er wieder seinen Arm um sie gelegt hat. Sie sieht in seine ausdrucksvollen graugrünen Augen. In dem Moment ist es um sie geschehen. Er beugt sich ihr entgegen, sucht ihren Mund und küsst sie, erst zärtlich und liebevoll, dann leidenschaftlich und fordernd. Pia erwidert den Kuss zärtlich und leidenschaftlich. Sie genießt den Augenblick des Glücks und der Geborgenheit in seinen Armen. Beide sind von der romantischen Stimmung verzaubert und lassen die prickelnde Zweisamkeit am Lagerfeuer, tief im Regenwald von Borneo, auf sich wirken.

Nachthimmel in Borneo mit Milchstraße

Stundenlang sitzen sie so da, lauschen dem Konzert des Waldes und seiner Bewohner, erzählen sich gegenseitig über ihr bisheriges Leben. Dann fragen sie sich ziemlich ratlos, ob und wie es denn mit ihnen, auf Grund der großen Entfernung weitergehen soll.

Als das Feuer ziemlich runter gebrannt ist, verkriechen sich beide in Arthurs kleines Zelt und schlafen ziemlich schnell, eng aneinander gekuschelt ein. Beiden ist in dieser ersten gemeinsamen Nacht, die Nähe des Anderen wichtiger als schneller Sex. Früh am Morgen kriecht Arthur aus seinem Zelt und weckt alle Anderen. Pia will ihre neue Liebe noch nicht offiziell machen und beeilt sich deshalb, noch vor Flo und den Anderen aus Arthurs Zelt zu krabbeln und sich um das Feuer zu kümmern. Da sie hier keine Wasserstelle haben, können sie sich nur notdürftig mit mitgebrachten Wasser waschen. Arthur und Pia machen das Frühstück. Zehn Minuten später sitzen sie um das Feuer herum und futtern, während Arthur die heutigen Aktivitäten erklärt.

Heute zeige ich Euch die größte Blume der Welt, die Rafflesia. Dann versuchen wir noch ein paar Gibbons zu entdecken.und vielleicht auch ein Paar Schlangen.“ Nee, bitte nicht!“ rufen Theresa und Pia wie aus einem Munde. Pia erzählt von ihren Erlebnissen in der Karibik und Mittelamerika. Arthur lacht: „Na gut, wenn uns eine über den Weg läuft, akzeptieren wir dass, aber suchen werden wir sie nicht extra!“ Flo hat endlich Glück und erwischt ihre Schwester allein beim Zusammenpacken ihres Schlafsacks. „Na den hast Du ja heute Nacht nicht benutzt. War es wenigstens schön,ist er ein guter Lover?“ fällt sie, in ihrer direkten Art, mit der Tür ins Haus. Erstens geht Dich das überhaupt nix an und wenn Du es schon so genau wissen willst, kann ich Dir sagen, dass wir nicht miteinander geschlafen haben!“ zischt sie leise Flo zu.Wo warst Du dann die ganze Nacht?“ sieht sie Pia fragend und erstaunt an. Wir haben uns den ganzen Abend angeregt unterhalten, es war sehr schön. Als wir müde wurden, sind wir zusammen in sein Zelt gekrochen, haben uns aneinander gekuschelt und sind sofort eingeschlafen!“ „Das hört sich ja fast an, als wenn Ihr mehr vorhabt, als nur schnellen Sex. Bist Du etwa ernsthaft in Arthur verliebt?“

Wenn Du mich schon so fragst, Ja ich habe mich furchtbar in ihn verliebt und habe das Gefühl, er sich auch in mich. Aber mir zerreißt es das Herz, wenn ich daran denke, das er uns heute Abend wieder beim Schiff abliefert und wir uns dann nie wiedersehe!“ Flo sieht ihre Schwester mitfühlend an und wird still und nachdenklich. Nach einer Weile meint sie: „Wir müssen es Giorgio und den Anderen sagen, sie merken es sowieso. Vielleicht haben sie eine Idee, wie wir Eure Zweisamkeit verlängern können!“ schon krabbelt sie aus dem Zelt, geht zu Arthur und beglückwünscht ihn zur Freundschaft mit Pia. Er weiß nicht, was er darauf sagen soll und sieht Flo mit verlegener Miene an. Die ist aber nicht mehr zu bremsen und ruft über das ganze Lager hinweg: Hört mal her, Pia und Arthur haben sich ineinander verliebt und sind traurig, weil sie nicht wissen, wie das nach heute Abend mit ihnen weitergehen soll. Wir brauchen von Euch dringend gute Vorschläge dazu!“ Pia, die hinter ihr steht, hätte sie am liebsten erschlagen und zischt sie wütend an: „Plumper geht es wohl nicht, Du blöde Kuh!“ „Aber ich will doch nur helfen!“ verteidigt sich Flo verlegen grinsend.

Giorgio schaltet sich ein: „Bevor das ganze in einer Familientragödie endet, möchte ich dazu was sagen. Das Ihr Beiden Euch mögt und offensichtlich gut zusammen passt, habe ich bereits Vorgestern gemerkt. Du, Arthur bist mir nicht nur als Nationalpark Experte und Umweltschützer, sondern vor allem als Mensch sehr sympathisch. Insofern ist Flo´s Bemerkung zwar Vorlaut, aber durchaus berechtigt. Ich verstehe gut, dass Ihr, wo Ihr Euch gerade erst kennengelernt habt, nicht gleich wieder trennen möchtet. Also sollten wir gemeinsam überlegen, wie wir Euch helfen können!“

Arthur mischt sich ein: Danke für Euer Mitgefühl. Ja es stimmt, ich habe mich fürchterlich in Deine Tochter verliebt Giorgio. Mein Herz ist schwer, wenn ich sie heute Abend verlassen muss. Aber ich weiß nicht, wie ich das ändern kann. Ich bin der Leiter von BOS für ganz Borneo und muss in zwei Tagen nach Kuching in Malaysia fliegen und drei Tage später von dort nach Brunei. Da habe ich zwei Tage zu tun und fliege dann zurück nach Pontianak. Mein Vertrag hier auf Borneo läuft noch zwei Jahre. Was dann ist, weiß ich noch nicht.“ erklärt er betrübt. Na dann habe ich doch die perfekte Lösung für Euch!“ lacht Giorgio fröhlich, sieht in Arthurs trauriges Gesicht und das noch traurigere von Pia.

Wir laufen Morgen früh aus. Als nächsten Hafen hatten wir Kuching vorgesehen und anschließend Brunei auf unserer Liste. Arthur, wenn Pia das möchte, segelst Du einfach mit uns. Wir liefern Dich pünktlich zu Deinen Terminen in Kuching und Brunei ab. Umweltschonender als Fliegen ist die Reise auf einem Segelschiff allemal. Dann müsst Ihr allerdings überlegen, wie es mit Euch weitergehen soll, da uns unser Kurs dann auf die Philippinen, nach Taiwan und Hongkong führt und wir frühestens in eineinhalb Jahren wieder in Deutschland sein werden!“ Pia schaut Giorgio ungläubig an, ihr Gesicht hellt sich schlagartig auf, sie fällt ihrem Vater um den Hals. „Pap´s Du bist einfach der Beste!“ Dreht sich glücklich zu Arthur um. Der steht staunend daneben und überlegt: „Ich habe aber Morgen und Übermorgen noch Termine, aber die müsste ich eigentlich verschieben können oder einem Kollegen übertragen. Ja, wenn Pia möchte, nehme ich die Einladung gern an. Ich bin allerdings noch nie auf einem Segelschiff gewesen. Hoffentlich werde ich nicht seekrank!“ Und wenn, hast Du in Pia die beste Krankenschwester die Du Dir denken kannst!“ versucht Flo ihren vorlauten Satz von eben wieder gut zu machen.

Nach ausgiebiger Wanderung mit Besichtigung der Wunderblume Rafflesia und vielen anderen interessanten Pflanzen und Tieren, kommen sie am späten Nachmittag zum Auto. Arthur fährt sie zur Catalina zurück. Giorgio und seine Crew bedanken sich, für diese aufregenden Tage mit interessanten Einblicken in das Leben und die Probleme des Regenwalds. Sie freuen sich Arthur Morgen früh an Bord begrüßen zu können. Dieser jungenhafte Engländer, hat bei der Crew in diesen drei Tagen, große Sympathie erworben. Sie freuen sich für Pia, so einen netten Typen gefunden zu haben. Das in einem Moment, wo niemand, am allerwenigsten Pia selbst, damit gerechnet hat.

Pia fängt, kaum an Bord, sofort damit an, eine der Achterkabinen für Arthur herzurichten. Sie wird kurz darauf von Flo unterbrochen: „Was soll das denn, Schwesterlein, ich denk Du bist sooo verliebt. Dann wird Dein Traumprinz doch wohl bei Dir schlafen dürfen!“ „Das werden wir sehen, ich möchte nichts kaputtmachen und ihn nicht einengen. Wenn es sich ergibt, ist das schön, wenn nicht, ist das auch in Ordnung!“ Bist Du ne Klosterschülerin geworden?“ lästert Flo. „Nee, aber es ist uns Beiden ernst mit unserer Beziehung. Wir werden bestimmt nichts überstürzen!“ Giorgio ist unterdessen mit Theresa und Max auf dem Nachtmarkt um Lebensmittel einzukaufen. Morgen früh bekommt er noch Treibstoff geliefert und will dann in See stechen.Pünktlich um neun Uhr steht Arthur auf dem Kai und ruft laut: „Ahoi, Leichtmatrose Arthur bittet an Bord kommen zu dürfen!“ Pia empfängt in überglücklich. Sie zeigt ihm zuerst das Schiff. Arthur ist schwer begeistert und staunt über die Größe und Eleganz der Catalina. Seinen Seesack deponiert er kommentarlos in der Achterkabine. Die große, gut ausgestattete Pantry beeindruckt ihn besonders, kocht er doch leidenschaftlich gern, besonders indische und südostasiatische Küche. Pia staunt: „Da kannst Du Dich ja mit meiner Schwester zusammentun, die ist hier an Bord unser Smutje!“

Arthur zieht sie jetzt stürmisch an sich und küsst sie voller Leidenschaft. Sie erwidert den Kuss genauso leidenschaftlich. Sie ist unsagbar glücklich, so unverhofft einen so tollen Mann kennengelernt zu haben. Ich finde es so toll, dass Du spontan an Bord gekommen bist und wir dadurch noch ein paar Tage für uns haben!“ Sie sieht ihm glücklich in die Augen. Na bei so einem phantastischen Segler kann ich doch nicht nein sagen!“ Ärgert Arthur seine neue Freundin lachend, „So siehst Du das also. Es geht Dir demnach gar nicht um mich, sondern nur um unseren Kahn?“ Na klar, hast Du was anderes erwartet?“ „Nee eigentlich nicht, Männer sind halt so. Von Gefühlen verstehen sie nichts.“ Sie versucht dabei eine ernste Miene zu machen, schafft es aber nicht ganz. Im nu liegen sie sich wieder in den Armen und küssen sich stürmisch. Kurz darauf ruft der Kapitän seine Mannschaft zum Auslaufen an Deck. Er gibt die üblichen Befehle, Sein eingespieltes Team hat alles schnell erledigt. Giorgio hat zwei bis drei Tage für die 350 Seemeilen nach Kuching angesetzt.

Arthur fragt den Käpt´n, ob er nicht auch irgendwas helfen kann. Du hast bereits viel getan, in dem Du Pia wieder zum lachen bringst und ihr offensichtlich gut tust. Aber wenn Du nicht einfach nur herumsitzen willst, kannst Du die Messingteile auf Deck polieren, die haben das wieder dringend nötig.“ Der Tag vergeht, das frisch gebackene Liebespaar macht viele Arbeiten gemeinsam, findet aber noch genügend Zeit, im Klüvernetz abzuhängen und gemeinsam in die Wellen zu starren. Während der Mahlzeiten führen sie mit Arthur lebhafte Gespräche über Südostasien, den hiesigen Tier- und Umweltschutz sowie das Leben im Allgemeinen. Alle verstehen sich mit ihrem Gast prächtig und haben das Gefühl, als wenn man sich schon ewig kennt. Flo gefällt Arthur auch als Mann, mit seinem durchtrainierten, muskulösem Körper, sehr gut. Sie kämpft mit ihren Gefühlen. Einerseits gönnt sie Pia ihre Eroberung, andererseits nagen jetzt auch ein bisschen Neid und Eifersucht an ihr. Dann denkt sie an Bolle, die schöne Zeit und die vielen Gemeinsamkeiten die sie miteinander haben. Er fehlt ihr fürchterlich und sie beschließt, alles daran zu setzen, um ihn in einen der nächsten Häfen, die sie anlaufen, einfliegen zu lassen.

Da am Abend wieder der berüchtigte Monsun Tropenregen auf das Deck prasselt, sitzt die Crew, nach dem Dinner im Salon bei einer Flasche Rotwein zusammen und diskutieren lebhaft. Max hat Deckswache und steuert die Catalina routiniert durch die dunkle, verregnete Nacht. Zwei Stunden später ziehen sich Giorgio, Flo und Theresa in ihre Kabinen zurück. Arthur trinkt mit Pia noch ein Glas Wein und will dann, ganz Gentleman, in seine Kabine entschwinden. Pia, durch ihren Weinpegel, nicht mehr ganz so zurückhaltend, hält ihn fest und flüstert ihm verliebt ins Ohr: „Lass uns in meine Kabine gehen, da haben wir mehr Platz und das größere Bett.“ Ich möchte die Situation nicht ausnutzen, bist Du denn schon bereit dafür?“ „Wir lieben uns doch. Ich spüre, dass wir zusammengehören. Darum möchte ich, das ich Dir ganz gehöre und Du mir!“ Sie sieht ihm tief in die Augen, steht auf und zieht ihn mit sich.

Kaum haben sie die Kabinentür hinter sich geschlossen, reißt Pia ihm resolut das Hemd vom Körper. Mit Arthurs Zurückhaltung ist es jetzt auch vorbei. Er zieht sie in Windeseile aus und trägt sie vorsichtig zum großen Bett. Pia küsst ihm überglücklich den Hals und Nackenbereich, während ihre Hände langsam tiefer wandern. Sie halten einen Moment inne, um sich gegenseitig wohlwollend zu betrachten.

Du bist so schön, Pia, Dein Körper ist wie der von Aphrodite!“ haucht Arthur leise. „Ich bin so glücklich, Dich getroffen zu haben. Ich werde Dich nie wieder hergeben!“ ist er restlos überzeugt. Pia bewundert verliebt ihr Gegenüber: „Ich Dich auch nicht. Aber dann müssen wir uns Gedanken machen, wie es in ein paar Tagen mit uns weitergehen soll!“ flüstert sie sachlich. „Aber nicht jetzt, jetzt möchte ich mit Dir nur glücklich sein und Dich spüren!“ gibt er zurück und schickt Finger und Zunge auf eine begehrliche Wanderschaft. Sie sinkt seufzend zurück, gibt sich seinem Liebesspiel bedingungslos hin, stöhnt vor Lust und erforscht auch seinen Körper intensiv. Nach einer Weile hält sie es nicht mehr aus und haucht: „Ich kann nicht mehr, jetzt nimm mich endlich!“ Arthur erfüllt ihr den Wunsch nur zu gerne und führt sie gefühlvoll in den siebten Himmel der Liebe. Pia hat das Gefühl, in ihrem Leben noch nie so intensiv und einfühlsam geliebt worden zu sein und schwebt selig von einer Woge der Leidenschaft zur Nächsten. Als dann, nach einer ganzen Weile, bei den Liebenden die Luft raus ist, sinken sie erschöpft in die Kissen, kuscheln eng aneinander und genießen nur den Augenblick. Sie sieht ihn verträumt an und flüstert: „Du siehst nicht nur gut aus und bist Intelligent, sondern auch noch der beste Liebhaber aller Zeiten. Langsam habe ich das Gefühl, das Warten hat sich gelohnt. Ich habe den perfekten Mann gefunden. Aber gerade das macht mir Angst!“ „Das Kompliment kann ich Dir voll zurückgeben. Womit habe ich eine so schöne und kluge Frau verdient. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich das nicht nur träume, aber wenn doch, möchte ich aus diesem Traum nie wieder aufwachen!“

In dieser Nacht kommen Beide wenig zum schlafen, sondern suchen immer wieder den Körper des Anderen und können nicht genug von einander kriegen. Erst gegen vier Uhr morgens fallen sie, eng zusammen gekuschelt, in einen tiefen Schlaf. Am späten Vormittag erreichen sie die Bucht von Kuching. Pia und Arthur haben gerade erst ihr Liebesnest verlassen und knabbern verliebt an einem leichten Frühstück. Arthur muss am Nachmittag in einem Hotel vor Delegierten internationaler Umweltschutzverbände einen Vortrag über die Fortschritte beim Tierschutz auf Borneo halten. Er und Pia grübeln fieberhaft darüber nach, wie es in einigen Tagen mit ihnen weitergehen soll. Sie hat sogar überlegt, den Rest ihrer Weltumseglung sausen zu lassen, um bei Arthur zu bleiben. Nach einem ausführlichen Gespräch mit ihrem Vater, verwirft sie diese Pläne wieder, da es im Testament heißt, dass die ganze Familie vollzählig die Welt mit der Catalina umsegeln muss und Signore Palmiotta die Regeln bestimmt streng auslegen wird. Außerdem will sie ja auch studieren. Das ist auf Borneo nur schwer möglich. Also muss ein anderer Plan her. Sie grübelt weiter.

Im kleinen Yachthafen von Kuching liegen sie vor der herrlichen Kulisse dieser quirligen

Malaysischen Stadt mit dem dahinter aufragenden Kelingkan Gebirge und können sich gar nicht so recht an der exotischen Kulisse erfreuen, da alle gedanklich damit beschäftigt sind, für Pias große Liebe eine brauchbare Lösung zu finden. Nachdem Arthur dann zu seinem Vortrag entschwunden ist, schluchzt sie mit Tränen erstickter Stimme: „Ich vermisse ihn ja jetzt schon, wie soll ich es Jahrelang ohne ihn aushalten.“ Sie erhält keine Antwort, da alle intensiv nach einer Lösung suchen. Jetzt werden wir uns erst mal ein bisschen die Stadt ansehen und was essen gehen. Dabei kommen einem manchmal die besten Ideen.“ schlägt Giorgio vor. Nach einem vorzüglichen vegetarischen Essen in einem einfachen Straßenlokal, sind sie so verzaubert, von diesem farbenfrohen Treiben, dass selbst Pia für den Moment ihre Sorgen vergisst. Die Luft riecht schwer nach Vanille, Lotus und vielerlei weiteren, ihnen unbekannten Düften. Als sie am Abend zurück an Bord kommen, taucht Arthur kurze Zeit später glücklich lächelnd auf Sein Vortrag war ein voller Erfolg. Er wurde sehr dafür gelobt. Vor allem dafür, im Tierschutz endlich Bewegung in die langsame Bürokratie von Indonesien und Malaysia gebracht zu haben. Ihm sei es zu verdanken, das beide Länder den Tierschutz jetzt ernst nehmen und bereits viel dafür tun.

Dann sieht er die traurigen Augen seiner Freundin. Seine Mine verfinstert sich schlagartig wieder. “Also, vom herumsitzen und Trübsal blasen ist noch kein Krieg gewonnen worden. Arthur, Du wirst morgen Deinen zweiten Vortrag durchziehen, anschließend werden wir nach Brunei in See stechen. In den vier Tagen bis dahin wird uns mit Sicherheit eine brauchbare Lösung für Euch einfallen. So lange möchte ich keine traurigen Gesichter mehr an Bord sehen!“ versucht Giorgio seine Mannschaft aufzuheitern. Als Arthur am Mittag von seiner Konferenz zurückkommt, gibt Giorgio sofort den Befehl zum Auslaufen und hofft auf möglichst viel Wind. Nicht nur um vorwärts zu kommen sondern auch um den Kopf frei zu kriegen für seine Überlegungen über Pias Zukunft. Sie segeln außerhalb der 12 Meilen Zone an der Küste Borneos entlang. Giorgios Wunsch wird erfüllt. Der Wind bläst mit Stärke 4 aus der richtigen Richtung und bringt die Catalina zügig vorwärts. Am Abend prasselt das übliche Tropengewitter mit kräftigem Regen auf das Schiff nieder. Bereits eine Stunde später können sie wieder auf einem trockenen Deck ihr Dinner einnehmen.

Giorgio hat die Zeit genutzt mit Arthur ein langes vier Augen Gespräch zu führen. Er wollte heraus bekommen, was Arthur sich selbst für seine weitere Zukunft so vorstellt. Es war ein offenes Gespräch zwischen den beiden Männern. Nachdem er Arthurs bisherige Zukunftsgedanken kennt, fängt er im Geheimen an, diese mit Pias Zukunftsplänen, die ihm ja bekannt sind, zu koordinieren, um eine Lösung für ihr Problem zu suchen. Lange nach dem Dinner sitzt er mit Flo in den Deckchairs und grübelt. Pia und Arthur sind längst unter Deck und genießen ihre Zweisamkeit. Auch Theresa und Max verziehen sich verliebt in ihre Kabine. Giorgio berichtet seiner Jüngsten, was Arthur über seinen interessanten Beruf erzählt hat: „Hier in Indonesien, vor allem auf Borneo müssen schlimme Zustände herrschen. Was Arthur alles erzählt und womit die Umwelt- und Tierschutzorganisationen sich herumschlagen müssen, ist katastrophal. Vor allem die Holzmafia rodet den Regenwald in einer Geschwindigkeit

und Rücksichtslosigkeit, das einem schlecht wird. Ob es Naturschutzgebiete sind oder nicht, interessiert diese Brüder einen Dreck. Dass viele Tiere, auch die unter Artenschutz, ihre Heimat verlieren, sterben und in wenigen Jahren der komplette Wald abgeholzt sein wird, ist diesen Profitgeiern völlig egal. Die gehen sogar so weit, dass die bei dem illegal gewilderten Hölzern noch frech drauf schreiben, dass es sich um Plantagenholz aus kontrolliertem Anbau handelt. Die haben gute Verbindungen bis in die höchsten Kreise und können quasi machen was sie wollen. Alle Umweltorgani-sationen, die hier tätig sind, gehen dazu über diese Verbrechen international bekannt zu machen, um von außen Druck auf die Regierung auszuüben, aber es ist ein weiter und mühsamer Weg. Arthur ist vor allem im Tierschutz engagiert und überlegt, wie er den Tieren International besser helfen und mehr Einfluss auf das Stoppen dieser illegalen Holztransporte bekommt.

Europa und die USA sind die größten Abnehmer dieses widerlichen Geschäfts!“ Flo hat die ganze Zeit sprachlos zugehört: „Wie sich ein ganzes Volk selbst seine Zukunft so zerstören kann, ist mir unbegreiflich. Ich bewundere Arthur, dass er sich so intensiv für die Tiere einsetzt und kämpft!“ Unter anderem liebt Deine Schwester genau das so an ihm. Diese schlimmen Zustände hier müssen wir nach unserer Rückkehr unbedingt publik machen. Das sollen so viele Leute wie möglich erfahren um den Regierungen möglichst viel Druck zu machen. Hinzu kommt auch noch die hemmungslose Wilderei, wie wir selbst erlebt haben!“ „Giorgio, meinst Du, das die Zwei gut zusammenpassen? Flo sieht ihren Vater nachdenklich an. Ich kenne Arthur noch nicht lange, aber ich denke, dass mich meine Menschenkenntnis nicht im Stich lässt, wenn ich sage, dass es der beste Partner für Pia ist, den sie finden kann. Wenn die Beiden sich gut verstehen, haben sie meine volle Unterstützung. Mit dem Schwiegersohn bin ich voll einver-standen. Eure Mutter mit Sicherheit auch!“

Bist Du denn mit Laurin als Schwiegersohn nicht einverstanden?“ sieht Flo ihren Vater entsetzt an. „Blödsinn, Bolle ist mir als Schwiegersohn genauso lieb. Ihr passt sehr gut zusammen. Bis jetzt bin ich mit der Partnerwahl meiner Kinder voll zufrieden!“ Beruhigt er sie, steht auf, murmelt was von Müdigkeit und ist, zu Flo´s erstaunen, in seiner Kabine verschwunden. Bei dem Gespräch mit seiner Tochter ist ihm ein Gedanke für Pias und Arthurs Probleme gekommen, den er in Ruhe weiterspinnen und ver-festigen will. Flo, die Deckswache hat, sitzt noch lange am Ruderhaus und grübelt. Die vielen Umweltprobleme, die auf ihrer Fahrt sichtbar werden, angefangen von den Müllproblemen in Südamerika, der völlig überzogenen Verschwendungssucht und Wegwerfmentalität der US Amerikaner, über die in den Meeren treibenden riesigen Plastikteppiche, bis hin zu dem überall stattfindenden, rücksichtslosen ausrotten der Regenwälder und seiner Bewohner machen sie traurig und wütend zugleich. Sie beschließt, sich viel stärker für den Schutz der Natur zu engagieren. Flo befürchtet, wenn sich hier nicht schnellstens was verbessert, sie und vor allem ihre Kinder, die sie unbedingt haben will, in einer trostlosen und völlig veränderten Welt aufwachsen werden. Die Klimaveränderungen durch menschliches Fehlverhalten und dem endlosem dummen Gequatsche der Politiker, sind ja bereits seit langem spürbar. Sie will nicht zur großen Menge der passiven Jammerer gehören. Wenn sie wieder in Hamburg ist, möchte sie aktiv daran arbeiten. Flo weiß noch nicht genau wie, aber hat bis Hamburg auch noch rund 18 Monate Zeit, sich einiges zu überlegen.

Am Morgen des zweiten Tages auf See, faulenzen alle, nach einem üppigen Frühstück auf Deck herum und hängen ihren Gedanken nach. Giorgio räkelt sich in einer Hängematte, die zwischen den Masten gespannt ist und macht eifrig Notizen, sagte aber keinem worüber. Pia und Arthur kuscheln im Klüvernetz und starren versonnen in die Bugwellen, während sich Theresa und Flo ausgiebig der Schönheitspflege ihrer Finger- und Fußnägel hingeben. Nur Max, der Ruderwache hat, tut zumindest so, als ob er arbeitet. Am frühen Nachmittag treibt der übliche Monsunregen die Faulenzer unter Deck. Flo verkündet, heute ein balinesisches Abendessen, wie sie es in ihrem Kochkurs gelernt hat, vorzubereiten. Giorgio kommt das sehr gelegen, da er mit seinen Überlegungen für Pia und Arthur fast fertig ist und sie nach dem Essen gern verkünden will. Flo´s Kochkurs auf Bali hat sich wirklich gelohnt. Das Essen ist ein voller Erfolg. Die Crew ist sehr zufrieden und fordern sogar Nachschlag. Giorgio spendiert dazu Neuseeländischen Wein. Eine angeregte Unterhaltung schwirrt um den großen Tisch herum. Giorgio klopft an sein Glas um sich Gehör zu verschaffen: Männer, ich hoffe eine Lösung für Euer Problem gefunden zu haben!“ Er sieht Pia und Arthur direkt an und blickt in erstaunte, ungläubige Gesichter.

Es ist Euch anzusehen, das Ihr beide schwer verliebt seid, auch wenn Ihr Euch erst seit kurzem kennt. Eine solche Beziehung, mit vielen gemeinsamen Ansichten, Interessen und Überzeugungen findet man nicht so oft im Leben. Wenn man sie findet, soll man sie unbedingt festhalten. Ich kenne Deine Zukunftsvorstellungen Pia. Ich habe auch ausführlich mit Arthur gesprochen, wie er sich seine Zukunft vorstellt. Dabei habe ich gemerkt, dass Ihr gar nicht so weit auseinander liegt. Da ich, wie Ihr wisst, auch verliebt, aber gleichzeitig Realist bin, ist mir folgende Idee gekommen!“ Hier macht er eine kleine Pause, sieht in die Runde und entdeckt erwartungsfrohe Gesichter.

Es führt kein Weg daran vorbei, dass in Brunei Eure Beziehung zunächst für eine Weile unterbrochen wird. Du, Pia bist noch für mindestens 18 Monate mit unserer Weltreise beschäftigt und Arthur, Du hast für die nächsten zwei Jahre Deinen Vertrag auf Borneo zu erfüllen. Wenn man von Max einmal absieht, der seine Liebste hier an Bord hat, scheint es Schicksal oder Prüfung der Lindners zu sein, ihre Beziehungen für eine Weile nur aus der Ferne führen zu können. Das ist bei Flo und Laurin so, bei Lone und mir und jetzt offensichtlich auch bei Pia und Arthur. Aber das kann eine Liebe auch stark machen und verfestigen, vor allem, wenn man gemeinsame Ziele hat. Deshalb komme ich jetzt zu den Zielen. Du Arthur hast mir erzählt, dass Du gern mehr für den Natur- und Tierschutz bewegen möchtest und deshalb näher an die Hebel der Macht willst, um lahmen Politikern und Regierungen Feuer unter´m Allerwertesten zu machen. Wo geht das Besser als in Brüssel, dem Zentrum der Europäischen Macht. Wenn Du also in zwei Jahren ein verantwortungsvolles Ressort im Europäischen Parlament oder einer entsprechenden Organisation übernehmen würdest, kannst Du mit Sicherheit international dort mehr bewegen als hier. Ich habe gute Beziehungen zu einigen Politikern, die Dir, wenn Du es möchtest, helfen werden, die richtigen Weichen zu stellen.

Pia, Du willst nach unserer Reise Tiermedizin studieren. Eine der besten Hochschulen

hierfür ist in Hannover. Du kannst natürlich auch in Brüssel (li.) studieren, hast dann aber zusätzlich noch das Sprachproblem. Hannover und Brüssel sind aber nicht soweit auseinander, dass Ihr nicht wenigstens vorübergehend eine Wochenendbeziehung führen könnt. Was Ihr dann gemeinsam als Tierärzte und Umweltexperten mit Eurem Leben anfangt, muss die Zeit zeigen. Für die Zeit, bis zum Ende unserer Reise, kann ich Euch nur anbieten, dass Arthur uns jedes Mal, wenn er Urlaub hat, besucht und ein Stück mit segelt um so Einblicke in Umwelt- und Tierschutz anderer Länder zu bekommen und so das angenehme mit dem nützlichen verbinden. So könnt Ihr Euch wenigstens alle paar Monate sehen. Oder, wenn die Sehnsucht zu groß wird, trefft Ihr Euch für ein paar Tage irgendwo in der Mitte. Außerdem gibt es auch noch Telefon, Seefunk, Internet oder, etwas altmodischer, Briefe, sodass Ihr Eure Liebe frisch halten könnt!“ Giorgio sieht die Beiden an: „Dass sind meinerseits nur Vorschläge, die Ihr nutzen könnt oder auch nicht. Ich will mich auch nicht in Euer Leben einmischen, sondern versuche, Euch mit meinen Vorschlägen den baldigen Abschied so erträglich wie möglich zu machen!“ Er nimmt einen kräftigen Zug aus seinem Glas und lehnt sich entspannt zurück.

Arthur ist der Erste, der sich zu Giorgios Vorschlägen äußert: „Ich möchte mich bedanken Giorgio, dass Ihr mich hier so nett aufgenommen habt. Ihr seid in diesen Tagen bereits so etwas wie Familie für mich geworden. Ich empfinde für Pia, trotz der kurzen Zeit, die wir uns kennen, bereits tiefe Gefühle und möchte sie niemals mehr verlieren. Deine Vorschläge sind toll, auch ich habe mir ähnliches überlegt. Wenn Du mir durch Deine Beziehungen politisch in den Sattel helfen kannst, wäre ich Dir sehr dankbar und nehme die Hilfe gern an. Wenn ich in zwei Jahren wieder in Europa bin, egal ob Brüssel oder woanders, ist der Weg zu Pia nicht mehr so weit. Für eine gewisse Zeit eine Wochenendbeziehung zu führen, lohnt sich bei dieser Frau allemal. Die zwei Jahre zu überbrücken, werden wir mit Sicherheit auch schaffen. Ich finde Deine Vorschläge gut und bin erleichtert, das Du eine so gute Lösung für unsere Probleme gefunden hast. Was meinst Du Pia? Sichtbar erleichtert und schwer verliebt sieht er seine Freundin gespannt an. Pap´s, Du bist ein Genie. Ich habe mir die nächsten Monate und Jahre bereits in den düstersten Farben ausgemalt.

Auf solche Gedanken bin ich nicht gekommen. Wenn das möglich ist, werden wir die nächsten zwei Jahre spielend überstehen!“ „Na so spielend wird das nicht werden Schwesterchen. Wenn ich daran denke, wie oft ich Laurin vermisse und mich nach ihm sehne, wird das manchmal schwer werden. Aber Ihr habt ein gemeinsames Ziel. Das hilft schon, Telefonate und E-Mails auch. Ich wünsche Dir jedenfalls Durchhaltever-mögen, aber bei dem Mann lohnt sich das auch!“ Gratuliert Flo ihrer Schwester und grinst Arthur unbekümmert an. Arthur ist so gerührt, dass er ernsthaft überlegt, Pia, noch bevor sie sich in Brunei trennen, einen Antrag zu machen um sich wenigstens zu verloben. Aber dann verwirft er den Gedanken, da er Angst hat, sie damit zu bedrängen und unter Druck zu setzen. Wenn unsere Liebe und Zuneigung groß genug ist, werden wir diese zwei Jahre Trennung überstehen, wenn nicht, ist es keine tiefe Liebe sondern nur Verliebtheit. Pia will jetzt in ihre Kabine um den Rest der ihnen noch verbleibenden Zeit möglichst viel mit Arthur zu verbringen.

Flo hat plötzlich große Sehnsucht nach Bolle und muss ihn unbedingt per Telefon erreichen, obwohl es in den USA jetzt früher Morgen ist. Auch Giorgio verspürt starkes Verlangen nach Lone. Da er weiß, das sie seit ein paar Tagen wieder zu Hause in Kopenhagen ist, versucht er sie per Telefon zu erreichen. „Was haben wir es doch gut, wir haben uns jeden Tag und müssen nicht unter Trennungsschmerz leiden!“ stöhnt Theresa glücklich und kuschelt sich eng an Max. Zwei Tage darauf läuft die Catalina unter vollen Segeln in den Hafen von Bandar Seri Begawan, der Hauptstadt des

Sultanats Brunei ein. Sie haben einen Liegeplatz in einem schmalen Kanal bekommen und müssen rückwärts dort hineinfahren. Als ihr Schiff fest vertäut am Kai liegt und die Gangway heruntergelassen ist ,stehen auch schon zwei wichtig aussehende Herren in weißen Uniformen mit goldenen Litzen auf den Schulterklappen vor ihnen und wollen die Schiffspapiere und Zolldokumente sehen. Arthur, der bereits öfter in Brunei war, hat sie vorher über die streng islamischen Bräuche in diesem Land informiert. „Alkohol ist streng verboten und darf nicht eingeführt werden. Mord, Raub, Ehebruch, Sex unter nicht verheirateten und sogar Küssen in der Öffentlichkeit wird mit der Todesstrafe durch Steinigen bestraft. Das gilt auch für Ausländer. Wer etwas öffentlich gegen den Islam oder den Sultan sagt, den ereilt das gleiche Schicksal.

Für Frauen schickt es sich nicht, schulterfrei, mit tiefem Ausschnitt oder kurzen Röcken herum zu laufen. Die Reize einer Frau müssen bedeckt sein. Der Sultan ist der absolute Herrscher und hat in allen wichtigen Fragen das letzte Wort. Das Sultanat ist durch Erdöl- und Gasfunde sehr reich geworden. Kein Einwohner muss hier Steuern zahlen. Der Tierschutz wird hier seit langem streng beachtet. Fast 40% der Fläche von Brunei stehen unter Naturschutz und Waffenbesitz ist streng verboten!“ Was Arthur natürlich sehr freut. Die beiden Herren der Royal Marine Police wollen genau wissen, wie viel Alkohol an Bord ist und ob Tabakwaren oder Drogen eingeführt werden sollen.

Giorgio denkt an ihren großen Alkoholvorrat und erklärt sofort, dass sie größere Mengen Alkohol geladen haben, der für Hongkong bestimmt ist und nicht nach Brunei eingeführt wird. Drogen und Tabakwaren haben sie nicht dabei. Dann fällt der Blick auf die beiden Hunde. Einer der Amtsträger erklärte, dass Hunde vor Einreise erst vier Wochen in Quarantäne müssen. Er hat aber keine Einwände, wenn die Hunde angeleint sind und keinen direkten Kontakt zu anderen Tieren suchen, wenn sie im Hafen und Stadtbereich ausgeführt werden. Der andere Amtsträger blickte mit düsterer Mine auf Pia, Theresa und Flo, die angesichts der Hitze leicht bekleidet an Deck herum springen. Ihr Verhalten passt nicht zu unseren islamischen Werten!“ bellt er schroff. „Wären Sie bereits an Land, müsste ich sie jetzt wegen unsittlichen Benehmens verhaften!“ Wir werden darauf achten, dass Sie unseren Glauben respektieren, sonst müssen sie mit einer langjährigen Gefängnisstrafe rechnen!“ Den Damen wurde nur etwas zu heiß, weil hier im Hafen kein Wind Abkühlung bringt. Ich versichere Ihnen, dass wir die Sitten Ihres Landes genau beachten und einhalten werden!“ Arthur beeilt sich die hohe Obrigkeit zu besänftigen. Nachdem Giorgio noch die Liegegebühren für zwei Tage bezahlt und das Einreiseprotokoll unterschrieben hat, treten sie zufrieden den Rückzug an.

Die spinnen hier doch wohl, oder?“ Flo macht ihrem Ärger Luft. „Es ist eben eine andere Kultur und eines der strengsten muslimischen Länder der Welt. Die leben nach der Scharia. Wer sich nicht daran hält, ist des Teufels und wird bestraft!“ versucht Arthur zu erklären. Müssen wir denn jetzt hier auch so verhüllt rumlaufen, nur mit Sehschlitzen im Gesicht. Dann lass uns ganz schnell weiterziehen Giorgio!“ Flo ist sichtlich sauer. Nein, Ihr müsst als Ausländer nicht den Hidschab tragen, aber eine Bluse mit Ärmeln und einen langen Rock oder Hose. Wenn die Bluse einen tieferen Ausschnitt hat, steckt Ihr einfach ein Halstuch rein. Und ein Kopftuch solltet Ihr zumindest dabei haben. An manchen Orten kann es verlangt werden.“ Arthur kennt diese Diskussionen zur genüge, da er öfter zu Tagungen hier war und westliche Frauen so ihre Probleme mit den Landessitten haben.Die armen Männer, denen entgeht ja viel, wenn alle Frauen so verhüllt rumlaufen!“ lacht Pia. Kurz darauf bricht Arthur zu seiner Konferenz auf und erklärt Pia, dass es heute später werden kann, da es dort noch ein Abendessen gibt. „Beeile Dich bitte, die letzten beiden Nächte möchte ich auf keinen Fall allein verbringen!“ flüstert Pia ihm verliebt ins Ohr. „Na dann müssen wir sehr leise sein. Deine Lustschreie dürfen auf keinen Fall nach außen dringen, sonst steinigen die uns noch!“ lacht Arthur und küsst sie zum Abschied leidenschaftlich.

Nachdem die Mädchen sich gefügt und für islamische Verhältnisse einigermaßen sittsam angezogen haben, gehen die Fünf von Bord um die Stadt zu besichtigen. Auf den ersten Blick gibt es keinen großen Unterschied zu anderen Städten. Auf den zweiten Blick fällt ihnen die Fülle an Moscheen und Minarette auf. Sie merken, dass hier die beiden Geschlechter meistens getrennt unterwegs sind und auch der Autoverkehr sich nicht mit westlichen Maßstäben messen läßt. Arthur hat ihnen empfohlen, den Sultans Palast anzusehen. Der Istana Nurul Iman Palast ist der, mit Abstand, größte Palast der Welt, mit über 1800 Zimmern und über 200.000 qm Wohnfläche.

Zum Palast gehört sogar eine eigene Rennstrecke mit Automobilmuseum, riesige Parks, Kongresshalle, Kino und Theater. Besichtigen darf man den Palast an drei Tagen im Jahr, zum Ende des Ramadan. Dann pilgern bis zu 20000 Menschen dahin und bekommen vom Sultan sogar eine Mahlzeit. Das war leider vor zwei Wochen gewesen, also gibt es jetzt keine Besichtigung für die Weltenbummler. Arthur hat ihnen noch Kampong Ayer empfohlen. Das Wasserdorf, komplett auf Stelzen gebaut.

Hier leben fast 20.000 Menschen. Alles spielt sich nur auf dem Wasser ab. Auch nette Restaurants soll es dort geben. Genau solch ein Restaurant suchen sie jetzt. Es ist ein romantisches Dorf, mit einem Gewirr von schmalen Stegen statt Straßen. Die Häuser haben zum Schutz vor der Sonne, weit überstehend Dächer, die alle Wege in leicht diffuses Licht tauchen. Kleine Läden mit Waren für den täglichen Bedarf und alle möglichen Werkstätten wechseln sich mit Bars und Restaurants ab. Vereinzelt gibt es größere Versammlungshäuser. Hinter den meisten Häusern befinden sich kleine Bootsanleger. Auch auf dem Wasser herrscht ein reger Betrieb.

Es ist eine einzigartige Atmosphäre, in die sie hier eintauchen, die aber leider auch etwas streng riecht, da es hier keine Abwasserkanäle gibt. Auf der Suche nach einem Restaurant werden sie am Rande des Dorfes fündig und bestellen fangfrischen Fisch,

auf offenem Feuer gegrillt. Dazu scharf gewürztem Reiß. Wein gibt es natürlich nicht, also müssen sie sich notgedrungen mit Wasser begnügen.Obwohl die strengen islamischen Sitten den Besuch ein bisschen eintrüben, haben sie ihren Spaß an dieser bizarren Kulisse.

Am späten Abend sitzt die Crew mit Arthur wieder um den Deckstisch und berichten von ihren Erlebnissen. Flo hat sogar den Paravent hervorgekramt und ihn zwischen Tisch und Bordwand gestellt um neugierige Blicke der Sittenpolizei vom Kai abzuhalten. So können sie wenigstens in Ruhe ihren Wein trinken und die Mädchen müssen nicht ganz so zugeknöpft am Tisch sitzen. Die frisch Verliebten ziehen sich bald in Pias Kabine zurück um die wenige Zeit, die ihnen noch bleibt, sinnvoll zu nutzen.Der Vortrag heute war sehr interessant, aber richtig konzentrieren konnte ich mich nicht, da ich mich die ganze Zeit auf heute Abend gefreut habe!“ flüstert Arthur, während er mit flinken Fingern Pias Kleid aufknöpft. Das ging mir genauso, auch wenn Giorgios Vorschläge mir geholfen haben, ist es trotzdem unsere vorletzte Nacht. Wir sehen uns dann lange Zeit nicht mehr!“ Sie sieht ihn mit traurigen Augen an und zieht ihm sein Hemd aus. Arthur ist schon weiter, hat schon BH und Slip geschafft und zieht ihren schönen, braungebrannten Körper sanft auf das große Bett. Ich habe eine Idee. Ihr seit doch in ein paar Wochen in Hongkong. Da gibt es eine gute Flugverbindung hin. Ich werde Dich dort besuchen!“ verspricht er Pia.

Auch sie hat ihm nun alle Klamotten vom Körper gezogen und schmiegt sich eng an ihn. „Das ist toll, dann werde ich Papp´s bitten, dass wir mindestens eine Woche dort bleiben, damit Dein Flug sich lohnt. Jetzt lass uns nicht mehr grübeln, sondern unsere verbleibende Zeit nutzen. Sie küssen sich leidenschaftlich und versinken freudig ins Reich der Verliebten. Der abendliche Monsunregen und eine träge Müdigkeit treibt den Rest der Mannschaft auch bald in ihre Kojen.

Am nächsten Tag ist bei den Mädchen nach langer Zeit mal wieder Shoppen angesagt. Arthur hat den ganzen Tag auf seinem Kongress zu tun und Giorgio will endlich mal die Zeit nutzen, um die liegengebliebenen Arbeiten für Lindner & Meyerdierks zu erledigen. Da es Max nicht unbedingt an Land zieht, schnappt er sich ein Buch aus der gut bestückten Bordbibliothek und verkrümelt sich in einen der Deckchairs. Nach fünf Stunden kommen die Mädchen todmüde zurück an Bord. Nur Theresa trägt eine Tüte und Giorgio ahnt, dass Shoppen hier wohl doch nicht so groß geschrieben wird. „Giorgio, das ist der Hammer!“ verkündet Flo fröhlich. „Klamotten kaufen, kannste vergessen, aber Schmuck und Parfüms haben die hier bis zum Abwinken, auch noch äußerst günstig!“ Sie hat sich einen schönen Ring mit Rubinen und Diamanten gekauft. Theresa einen ausgefallenen Armreif mit drei großen Saphiren, während Pia eine Goldkette mit Anhänger aus fünf schönen Smaragden und für Arthur einen schlichten, goldenen Freundschafts-ring, in den sie A + P eingravieren ließ, erstanden hat. Alle Drei strahlen zufrieden und haben die Einschränkungen durch die islamische Kleiderordnung schon fast vergessen.

Am Abend suchen sie mit Arthur in der Stadt ein gutes Restaurant mit Syrischer Küche für ein Abschiedsessen auf. Pia genießt die letzten Stunden mit ihrem Freund und der Familie. Sie erzählt Giorgio von Arthurs Idee, sie in Hongkong zu besuchen. „Dann müssen wir da aber mindestens eine Woche bleiben, Giorgio!“ Das wird leider nicht gehen, aber drei bis vier Tage werden wir schon hinkriegen!“ erklärt ihr Vater. „Länger kann ich auch nicht bleiben Pia, ich muss schließlich arbeiten und meine Tiere verteidigen!“ lacht Arthur. Nachdem sie zurück an Bord sind, verziehen sich die frisch verliebten in Pias Kabine. „Na die Zwei werden wohl heute Nacht nicht viel Schlaf kriegen!“ befürchtet Flo. Arthurs Flug zurück nach Pontianak geht bereits um zehn Uhr. Dem entsprechend früh ist die Crew wieder auf den Beinen. Pia laufen die Tränen in Strömen herunter. Auch Arthur muss sich zusammen-reißen, um nicht loszuheulen.

Dann kommt das Taxi. Ein letzter inniger Kuss besiegelt den Abschied, zumindest für einige Wochen. Wir werden jeden Tag telefonieren!“ verspricht Arthur, dann verschwindet der Wagen im Stadtgewühl. Pia stürmt die Gangway hoch, den Niedergang runter und verschwindet in ihrer Kabine. „Jetzt müssen wir sie in Ruhe lassen, sie muss den Abschiedsschmerz erst mal verarbeiten!“ Giorgio hat Verständnis für seine Älteste, ging es ihm vor ein paar Monaten doch genauso.

Dann gibt er die Kommandos: „Schiff aufklaren, fertigmachen zum auslaufen und Leinen los. Kurs Nord Ost, Richtung Philippinen!

Arthur hat zum Abschied noch den Tipp gegeben, die Insel Palawan auf den Philippinen anzusteuern. Das ist landschaftlich sehr schön, das Meer hat tolle Tauch- und Schnorchelgründe mit glasklarem Wasser zu bieten. Palawan ist die erste Insel auf den Philippinen, wo Umweltschutz groß geschrieben wird. Die Bezirksregierung hat bereits vor vielen Jahren Mülltonnen eingeführt und Müll wild entsorgen unter Strafe gestellt. Außerdem große Flächen zu Naturschutzgebieten erklärt und fördert als eine der Ersten, Autos mit Elektroantrieb. Außerdem sollen die Strände dort paradiesisch sein.

Giorgio will diese Insel Puerto Princesa, der Hauptstadt der Provinz Palawan unter die Lupe nehmen. Er rechnet mit ungefähr sechs Tagen für die Strecke nach und hofft, das diese sechs Tage ausreichen, Pia über ihren Abschiedsschmerz hinweg zu helfen. Er will sie ordentlich mit Arbeit zuzuschütten und für ausreichend Ablenkung zu sorgen.Kaum haben sie die Küste hinter sich gelassen, briest es erheblich auf. Der Wind treibt die

zum Beispiel Schräglage

Catalina mit aufgeblähten Segeln in echter Schräglage durch das Südchinesische Meer. Flo hat einen großen Topf Minestrone zubereitet und muss aufpassen, dass die Suppe sich nicht durch die gesamte Pantry ergießt. Giorgio sitzt am Kartentisch und berechnet den Kurs, während Max die Catalina steuert. Er genießt gerade das Bild der weißen, aufgeblähten Segel vor dem tiefblauen Himmel, als er plötzlich merkt, dass sich die obersten Umlenkrollen am Großmast wieder mal gelöst haben und das Segel anfängt hin und her zu schlagen.

Giorgio, wir haben ein Problem am Großmast, die Toprolle hat sich gelöst. Soll ich Pia Bescheid sagen, dass sie hochklettert?“ „Nein, auf keinen Fall, die schläft sich ihren Kummer weg. Wir sollten sie nicht stören. Da Du unter Höhenangst leidest, können wir ja Theresa oder Flo fragen, ob sie sich das zutrauen!“ „Was soll ich mir zutrauen?“ fragt Theresa, die gerade den Niedergang hochklettert. Max zeigt nach oben und fragt: „Schaffst Du das, da hoch zu klettern und die Toprolle wieder zu befestigen?“ Ich war doch schon mit Pia ein paar mal oben, das ist für mich kein Problem. So ne blöde Rolle wieder festzuschrauben werde ich ja wohl auch schaffen oder traust Du mir das nicht zu?“ „Doch, ich traue Dir alles zu!“ grinst Max seine Freundin an. Theresa dreht sich vorsichtig um und zischt Max leise zweideutig zu: „Wie Recht Du damit hast, wirst Du heute Abend erleben, wenn wir Zwei alleine sind!“ Dann läßt sie sich von Giorgio Rettungsweste und Sicherheitsgeschirr geben, legt beides an, schnappt sich das notwendige Werkzeug und fängt an, den Mast zu erklimmen. Bei der leichten Schräglage des Schiffes ist das gar nicht so einfach, Theresa braucht deutlich länger und viel mehr Kraft als sonst. Als sie endlich oben ist, muss sie aufpassen, das lose Segel nicht um die Ohren zu bekommen.

Giorgio holt vorsichtig das Segel per Knopfdruck soweit ein, das Theresa gefahrlos arbeiten kann. Sie hat ihren Gurt am Großmast eingeklinkt, steht schwankend auf den obersten Rahen und versucht mühsam die Umlenkrolle mit längeren Schrauben zu befestigen. Durch die Unruhe des Schiffes kann sie nur mit einer Hand arbeiten und braucht die andere, um sich festzuhalten. Max und Giorgio beobachten sie genau, um notfalls Ratschläge und Hilfestellung von unten geben zu können. Theresa sieht vom Deck aus etwas bizarr aus, mit ihren knappen weißen Shorts, den langen braunen Beinen, der Signalroten Schwimmweste, dem quietsch gelben Sicherheitsgeschirr darüber und der schwarzen, umgehängten Werkzeugtasche. Nach fünfzehn Minuten ist sie endlich fertig. Die Rolle sitzt bombenfest und funktioniert wieder einwandfrei. Der Wind nimmt plötzlich an Stärke zu und drückt die Catalina noch mehr auf die Backbordseite. Theresa, bereits auf dem Rückweg und gerade dabei den Sicherheitsgurt etwas tiefer neu einzuklinken, wird völlig überrascht und verliert den Halt, bevor sie sich neu sichern kann. Sie rutscht ab und fällt mit einem gellenden Schrei in die Tiefe. Nur durch die starke Schräglage des Schiffes schlägt sie nicht auf dem Deck auf, sondern fällt ins bewegte Meer.

Max und Giorgio sind starr vor Schreck. Dann kommt Leben in die Beiden. Giorgio holt sofort, per Knopfdruck alle Segel ein und startet die Maschinen um beweglicher zu sein. Max schreit so laut er kann: „Mann über Bord!“ schnappt sich einen der Rettungsringe und wirft ihn seiner Freundin hinterher. Er sieht sie bereits über 50 Meter hinter der Catalina treiben. Sie hat offensichtlich bei dem Sturz das Bewusstsein verloren, denn sie treibt reglos im Wasser und wird nur durch die Schwimmweste an der Oberfläche gehalten. Zwischenzeitlich stürzt Flo, von den Schreien aufmerksam geworden, an Deck, überblickt sofort was passiert ist und schreit ihrem Bruder zu: „Sofort das Dingi klarmachen, bei dem Wellengang müssten wir es gerade noch schaffen, sie retten zu können!“

Max, Du übernimmst das Ruder und versuchst so schnell wie möglich den Kahn auf Gegenkurs zu bringen. Der Wellengang ist für das Dingi grenzwertig, deshalb werde ich mit Flo zu Theresa fahren!“ entscheidet Giorgio und rennt, gefolgt von Flo zum Heck um die Plattform abzusenken und das Dingi ins Wasser zu lassen.

Zwei Minuten, nachdem Theresa herunter gesaust ist, starten die Beiden das Dingi. Giorgio kämpft sich mühsam durch die Wellen. Max kann seine Freundin nur noch als kleinen, roten Punkt ungefähr 300 Meter hinter der Catalina ausmachen und dirigiert Giorgio per Sprechfunk zu der Stelle, da der vom Dingi aus wegen der Wellenberge Theresa nicht sehen kann. Da auch Pia von dem Geschrei wach geworden ist und sofort an Deck kommt, ist Max froh, sie für die Suchaktion per Fernglas einsetzen zu können. Pia sieht sofort den Ernst der Lage und passt auf, Theresa nicht aus den Augen zu verlieren, während Max alle Hände voll zu tun hat, die Catalina so schnell wie möglich auf Gegenkurs zu bringen. Die ganze Zeit rollen die Wellen mit dem Schiff, aber bei diesem schnellen Wendemanöver, ohne Segel, nur mit Motorkraft, muss die Catalina zwangsläufig durch die Wellenberge und Täler hindurch und schwankt für einige Augenblicke wild hin und her. Kaum hat Max sie aber auf Gegenkurs gebracht, beruhigt sich das Schiff und pflügt mit voller Fahrt voraus zu dem Punkt, wo Theresa ins Meer gefallen ist. Pia steht am Bug und versucht den roten Punkt im Auge zu behalten. Sie sind jetzt bereits so weit weg, das sie ihn mehr erahnen kann, als tatsächlich sehen. Das Dingi mit Giorgio und ihrer Schwester sieht sie auf den Wellen auf und ab tanzen und dirigiert Giorgio zu der Stelle, wo sie Theresa vermutet.

Durch die starken Maschinen hat Max innerhalb zehn Minuten bereits soviel Strecke zurückgelegt, dass sie Theresa ungefähr 150 Meter entfernt, gut erkennen können. Sie ist offensichtlich immer noch bewusstlos, treibt aber mit dem Gesicht nach oben, auf den Wellen. Giorgio und Flo sind nur noch ungefähr 30 Meter von ihr entfernt. Giorgio nimmt bereits den Bootshaken um Theresa zu sich heranziehen zu können, was bei den Wellen gar nicht so einfach wird Er steuert das Dingi so, das Theresa vor ihnen ist und nicht durch eine höhere Welle von dem Boot unter Wasser gedrückt werden kann. Flo übernimmt jetzt das Ruder, während Giorgio mit dem Bootshaken Theresas Sicherheitsleinen erfasst und sie langsam zum Dingi zieht. Mit vereinten Kräften hieven Flo und Giorgio, Theresa in ihre schwankende Nussschale. Flo wendet sofort und nimmt Kurs zur Catalina. Ihr Vater untersucht vorsichtig, die immer noch bewusstlose Theresa. „Gebrochen scheint sie nichts zu haben, aber ich befürchte, dass sie wegen des Sturzes aus großer Höhe eine Gehirnerschütterung hat. Das muss Max gleich untersuchen!“ Zehn Minuten später legen sie am Heck der Catalina an. Max zieht seine Freundin an Deck und bringt sie sofort in ihre Kabine. Pia, läuft hinterher um Max zu helfen. Giorgio und Flo wenden die Catalina erneut um das Schiff auf ihren alten Kurs zu bringen. Dann setzt er die Segel und schaltet die Motoren aus. Die Catalina fällt sofort wieder in die bekannte Schräglage und vermittelt den Anschein, als wenn nichts geschehen ist. Giorgio, dem der Schreck tüchtig in die Glieder gefahren ist, lehnt sich zurück, dankt Gott und vorsichtshalber auch Neptun für die wunderbare Rettung.

Max und Pia legen Theresa auf das Bett, lösen vorsichtig das Sicherungsgeschirr und die Schwimmweste. Dann zieht Pia ihr das Shirt über den Kopf und die nasse Shorts aus. Max untersucht den Körper seiner Freundin und entdeckt seitlich an der linken Hüfte eine große Druckstelle, die bereits Dick wird und blau anläuft. Sonst kann er keine weiteren Verletzungen feststellen. „Was kann das denn sein?“ fragt er ratlos.  Pia überlegt und hat einen Verdacht: „Als sie von ganz oben runter gefallen ist, hat sie doch bestimmt noch die Werkzeugtasche umgeschnallt. Als sie auf das Wasser aufgeschlagen ist, muss sie mit großer Wucht auf die Tasche geknallt sein, anders kann ich mir das nicht erklären!“ „Da könntest Du Recht haben, die Tasche hatte sie noch um, als wir sie raus gezogen haben!“ Vorsichtig tastet er die Stelle ab und stellt zufrieden fest, das seine Verlobte offensichtlich keinen Rippenbruch, sondern nur eine starke Prellung erlitten hat. Theresa schlägt langsam die Augen auf und schaut verwirrt um sich. Dann verzieht sie das Gesicht, fasst sich an die Hüfte und stöhnt. „Mensch, ich bin wohl doch zu dämlich, oben in der Takelage zu arbeiten. Als diese blöde Bö kam und das Schiff sich noch schräger legte, habe ich mich nicht mehr rechtzeitig einhaken können und dann das Gleichgewicht verloren. Das war meine eigene Blödheit, das ich beide Haken gleichzeitig gelöst habe und nicht nacheinander. Dann wäre mir nichts passiert!“ „Du hast wahnsinniges Glück gehabt, Du hättest auch auf das Deck knallen können und ich wäre jetzt Witwer!“ Max schaudert es bei dem Gedanken. „Ja aber der Sturz ins Wasser war auch nicht schön. Von dem Moment, als ich auf das Wasser aufschlug, weiß ich nichts mehr!“ Theresa stöhnt erneut und betastet vorsichtig ihre Hüfte. Max hat eine Salbe drauf geschmiert und legt jetzt noch Kühlpads drauf, um die Schwellung zu lindern. „Jetzt beruhige Dich erst mal und Schlaf ne Runde. Danach fühlst Du Dich bestimmt bald besser!“ hofft er.

Bereits am Abend des fünften Tages kommt die Küste von Palawan in Sicht. Sie segeln an der Ostküste entlang, bis das letzte Tageslicht verschwunden ist und suchen sich rechtzeitig in Küstennähe einen Ankerplatz. Vor ihnen liegen verschwiegene kleine Buchten mit herrlichem, weißen Sandstrand und dicht bewaldete winzige Inseln.

Die Küste ist teilweise lieblich und Flach, dann wieder schroffe Steilküste, mit bizarren Felsformationen und etlichen Höhlen, in die man teilweise sogar mit Booten hinein-fahren kann. Das Wasser ist glasklar und lädt zum Tauchen oder Schnorcheln ein. „Bevor wir morgen früh weitersegeln, können wir noch eine Runde Schnorcheln!“ schlägt Pia vor und zeigt Giorgio, das sie ihren Abschiedsschmerz für´s Erste überwunden hat. Nach dem Dinner zieht es Max zu Theresa und bringt ihr einen Teller Spagetti mit frisch gemachtem Pesto al a`Genovese in die Kabine, den sie mit gutem Appetit verspeist. Es geht ihr schon wieder ganz gut, nur die Prellung an der Hüfte schmerzt noch etwas. Das hält sie nicht davon ab, Max ins Bett zu ziehen, um mit ihm ausgiebig zu kuscheln. Ich habe Dir ja noch was versprochen, das werde ich jetzt einlösen!“ Sie küsst ihn verlangend und braucht bei Max keine große Überzeugungsarbeit zu leisten. Er läßt sich nur zu gern von seiner Verlobten verführen.

Nach ihrem ausgiebigen Schnorchelausflug am frühen Morgen, bei dem sie auf eine faszinierende Unterwasserwelt treffen, setzt die Catalina ihre Reise nach Puerto Princesa fort.

Dort ankern sie wieder auf Reede und schippern mit dem Dingi an Land.Mensch, das ist ja toll hier, so aufgeräumt und sauber. Überhaupt nicht so ein Durcheinander, wie in Indonesien oder Malaysia!“ staunt Giorgio. Es gibt tatsächlich überall Mülltonnen, die auch benutzt werden. Kein Dreck ist auf den Straßen zu sehen. Wenn man von der üppigen Vegetation absieht, macht die Stadt fast den Eindruck eines Europäischen Kurortes. Sie kaufen die fehlenden Vorräte, verfrachten sie auf ihr Schiff und machen dann mit dem Dingi einen Ausflug zu den berühmten Wasserhöhlen ganz in der Nähe.

Dorthin zieht es viele, voll besetzte Ausflugsboote. Giorgio folgt einfach deren Spur. Die Höhlen selbst sind teilweise riesig und jetzt am Mittag in goldfarbenes Licht getaucht. Am Eingang einer dieser Höhlen liegen zwei riesige Schildkröten halb im Wasser und halb auf den Felsen. Es sieht aus, als bewachen sie die Höhle. Flo und Pia nutzen die Gelegenheit und springen im Bikini über Bord um den Spaß auszukosten, in einer Höhle zu schwimmen. Nach spätestens zehn Sekunden hechten Beide schnell wieder in das Dingi. „Mensch, hier wimmelt es von Wasserschlangen in allen Größen und Farben. Von Schlangen habe ich genug und will nicht schon wieder gebissen werden!“ Pia ist aufgeregt. „Zumal alle Wasserschlangen hochgiftig sind!“ ergänzt Flo schaudernd. Zurück an Bord der Catalina, läßt Giorgio die Anker hoch. Sie segeln weiter an der Calamian Inselgruppe vorbei, Richtung Manila.

Sechs Tage später läuft ihr Schiff nach einem ruhigen Törn in den Hafen von Manila ein. Der Hafen ist für eine Region mit fast 14 Millionen Einwohnern nicht sonderlich groß aber interessant. Wie in Asien üblich, wimmelt es von kleinen Lastkähnen, Dschunken und Barkassen, bis hin zu großen Containerschiffen. Mittendrin kleine Boote mit Händlern, die mit Obst, Gemüse oder sogar mit Garküchen bestückt sind. Max, der mit dem Hafenkommandanten telefoniert hat, bekommt einen Platz an Pier vier, im Nordhafen zugewiesen. Giorgio muss höllisch aufpassen, auf dem Weg dahin, keines der kleinen Boote zu übersehen. Feste Regeln, wie sonst in den meisten Häfen üblich, scheint es hier nicht zu geben.

Nachdem sie endlich an der Pier, hinter zwei nebeneinanderliegenden Dschunken festgemacht haben, kommen sofort mehrere Händler längsseits und versuchen ihre Waren zu verkaufen. Pia holt sich einen Teller chinesische Nudelsuppe an Bord. Die Anderen verzichten vorerst. Es liegt ein merkwürdiges Gemisch an Gerüchen in der Luft. Das Meer, Maschinenöl, Essensdüfte, allerlei Gewürze, Vanille und Kakao liefern eine ganz eigenartige Symbiose. Giorgio stellt verwundert fest:: „Ist Euch das auch schon aufgefallen, jeder der bisher angelaufenen Häfen riecht ein bisschen anders. Dieser hier riecht besonders exotisch!“ „Jetzt, wo Du es sagst, fällt es mir auch auf!“ Theresa hält ihre Nase schnuppernd in die Luft. Die Crew der Catalina macht sich Landfein und beschließt, in diesen Riesenmoloch einer vierzehn Millionenmetropole einzutauchen.

Direkt hinter der Pier beginnt der Trubel und fasziniert sie auf Anhieb. Moderne Hochhäuser wechseln sich fast nahtlos mit kleinen Holzhäusern ab. Bunte Märkte für alle möglichen oder unmöglichen Waren, gibt es in Hülle und Fülle. Achtspurige Straßen mit endlosem Verkehr wechseln sich mit kleinen Gassen, die nur Fußgängern vorbehalten sind, ab.

Rikschas, zweirädrige Lastkarren, jede Menge Fahrräder, Motorroller, Autos und bunte Autobusse bestimmen das Straßenbild. Ein richtiges System können sie in diesem Gewirr nicht erkennen, aber es hat dennoch einen eigentümlichen Reiz. An allen Ecken gibt es einfache, aber einladend wirkende Straßenrestaurants, direkt daneben kleine Handwerksbetriebe oder Läden. Es herrscht überall ein ohrenbetäubender Lärm. „Sauber ist die Stadt nicht!“ stellt Flo fest, als sie um die nächste Ecke biegen und direkt gegenüber einen großen Slum mit Wellblechhütten oder einfachsten Holzverschlägen entdecken. „Also diese Stadt ist schrecklich und schön zugleich!“ bringt Max auf den Punkt, was der Rest der Crew empfindet.

Giorgio steuert jetzt, um den Mädchen eine Freude zu machen, eine der großen Shopping Malls an und entscheidet sich für SM City, einen riesigen Einkauftempel, in dem sich vorwiegend Schuhgeschäfte aneinander reihen. Im Eingangsbereich mustert sie eine elegant gekleidete ältere Dame und spricht Giorgio kurz darauf an: „Entschuldigung, das ich Sie einfach so anspreche, aber ich hörte, das Sie deutsch sprechen. Landsleute findet man hier nicht so oft. Wenn man hier bereits fast 25 Jahre lebt, freut man sich, mal wieder die Deutsche Sprache zu hören!“ Das macht nichts, wir freuen uns immer, im Ausland nette Landsleute zu treffen!“ entgegnet Giorgio höflich und lädt die Dame spontan zu einem Kaffee in die Kaffeebar nebenan ein. Natürlich auch mit dem Hintergedanken, von ihr einige Tipps für Manila zu bekommen.Sie erzählt sofort, dass sie mit ihrem Mann vor über 25 Jahren hier eine Importagentur für deutsche Produkte gegründet hat, die jetzt, da ihr Mann nicht mehr lebt, von ihrem Sohn erfolgreich weiter geführt wird. „Wir haben über 120 Mitarbeiter!“ berichtet sie stolz.

Giorgio erzählt kurz von ihrer Weltumseglung und fragt dann, was man hier in Manila gesehen haben muss und wo man gut essen kann. Maria, wie sie sich vorstellt, sprudelt nur so vor Tipps und Ideen und will am liebsten alle auf einmal zum Besten geben: Also essen sollten sie in jedem Fall im Pier One, die haben eine authentische Philippinische Küche mit hervorragenden Curry Gerichten. Sonst haben wir Lokale aus allen Erdteilen, auch die ganz einfachen Straßenlokale haben meistens gutes Essen. Besichtigen können sie vieles, am besten nehmen Sie sich ein Trishaw oder Tuc Tuc, mit einem ortskundigen Fahrer und lassen sich die Stadt zeigen. Aber handeln sie auf jeden Fall vorher den Preis und die Zeit aus. Sonst werden Sie gnadenlos über den Tisch gezogen!“ lacht Maria. Pia möchte wissen, wie es sich als Europäische Frau in Manila so lebt. Sehr gut, Kindchen, sehr gut. Wenn man eine Firma hat und aus Europa kommt, ist man geachtet. Wenn man dann nicht überheblich und Arrogant auftritt sondern den Einheimischen auf Augenhöhe begegnet und sogar für Arbeitsplätze sorgt, kann man hier wirklich gut leben. Aber man muss auch Abstriche machen und mit dem Klima fertig werden. Es gibt hier vieles, aber eben vieles auch nicht, was wir aus Deutschland so kennen und lieben. Vor allem das gute Brot und den Käse!“

Ein paar Minuten später verabschiedet sie sich von den Weltenbummlern und verschwindet in der Mall. „Nettes Mädchen!“ meint Max respektlos. „Also, jetzt gucken wir erst mal, was die Schuh technisch so drauf haben. Dann können wir ja diese Tuc Tuc Fahrt machen!“ schlägt Flo vor. „Gegenvorschlag, Ihr geht Schuhe gucken, Max und ich bleiben noch auf einen Drink.. Dann verhandeln wir mit einigen Tuc Tuc Fahrern und in zwei Stunden treffen wir uns hier wieder und fahren los!“ Giorgio hat den gequälten Blick seines Sohnes richtig interpretiert und selbst auch keine große Lust, den Mädchen beim Schuhe stöbern Gesellschaft zu leisten. Als alle fünf dann am Abend todmüde auf ihr Schiff zurückkommen, werden sie von Kolumbus und Felicia stürmisch begrüßt. Theresa spielt mit ihnen, während der Rest der Crew sich in die Deckchairs und Hängematten wirft. Sie müssen die Erlebnisse dieses Tages erst mal Revue passieren lassen.Also die Stadt ist schon toll und aufregend, aber Leben könnte ich hier nicht. Das ist mir viel zu rummelig. Dagegen ist Hamburg ja direkt langweilig!“ sinniert Flo. Wir haben mit unserem Fahrer wirklich Glück gehabt. Nicht nur, dass er gut englisch konnte, er war auch nett und freundlich und hat uns wirklich viel Interessantes zeigen können!“ Giorgio ist immer noch beeindruckt von den vielen fremdländischen Gerüchen und Eindrücken.

Pia vermisst Arthur und hängt schon am Telefon, um ihm alles zu berichten. Auch Flo muss danach unbedingt mit Bolle quatschen. Am Abend wollen sie den Tipp von Maria ausprobieren. Sie bestellen sich ein Taxi zum Restaurant Pier One. Hier gab es milde oder scharfe Currygerichte. Flo flirtet so lange mit dem jungen Kellner, bis der endlich in die Küche stiefelt, um einige Rezepte für sie zusammen zu stellen. Die Folge davon ist, dass der Chefkoch aufgeregt herauskommt und ärgerlich wissen will, warum sie seine Rezepte haben wollen. Erst als Giorgio sich einmischt und erklärt, wer sie waren und alle mit seinem Essen so zufrieden sind, dass sie es auf ihrer Weltreise nach kochen wollen, ist er beruhigt, stellt eigenhändig eine kleine Sammlung mit zehn Gerichten für seine deutschen Gäste zusammen und überreicht sie Flo feierlich mit tiefer Verbeugung. Drei Tage bleiben sie noch in Manila, besuchen oft die bunten Märkte, schlendern durch die Stadt und machen mit ihrem Tuc Tuc Fahrer vom ersten Tag noch eine schöne Tour ins Hinterland.

Dann setzt Giorgio die Abfahrt auf den Abend des fünften Dezember fest. Ihr nächstes Ziel ist Taiwan, das ehemalige Formosa. Bis dahin sind es knapp 1000 Seemeilen. Bei einigermaßen günstigen Winden ungefähr acht Tage Fahrtzeit. Da die Zeit der Taifune vorbei ist, stellt sich die Crew auf einen ruhigen Törn ein.

 

Kapitel 28.

28. Taiwan, zwischen Tradition und Moderne

Der Hauptgrund, weshalb Giorgio und seine Kinder überhaupt nach Taiwan wollen, ist ihre Liebe zur Chinesischen Kunst und Kultur. Vor allem Möbel und Kunsthandwerk hat es ihnen angetan. Das größte Museum der Welt hierfür ist das Nationale Palastmuseum in Taipeh, was die schönsten und wertvollsten Artefakte chinesischer Kultur aus sechs Jahrtausenden beherbergt. Über 600.000 Stücke werden dort im Wechsel gezeigt. Man braucht mindestens drei Wochen, um alles zu sehen. Während ihres Törns stimmt Reiseführer Max die Crew auf Taiwan ein.

„Giorgio, wenn wir anschließend nach Hongkong wollen, sollten wir den Hafen von Kaohsiung im Süden anlaufen und nicht nach Taipeh fahren, das sind fast 400 Km mehr. Dann verdaddeln wir nicht so viel Zeit und können von da aus mit dem Zug nach Taipeh fahren. Da gibt es einen Super Schnellzug, der in 90 Minuten in der Hauptstadt ist. Außerdem sehen wir was von der Landschaft und es ist billig!“ „Was für einen klugen Mann ich doch bekomme!“ feixt Theresa. Der Rest der Mannschaft ist von einer Zugfahrt auch sofort angetan.

Max fährt ungerührt fort: „Taiwan ist bei Europäern relativ unbekannt, obwohl es ein sehr modernes und sicheres Land ist. Die meisten Touristen kommen aus Asien oder Amerika. Die Infrastruktur ist Spitze und das Essen ganz anders, als sonst irgendwo in Asien!“ Er sieht Flo grinsend an: „Die Küche ist wie für Dich gemacht Flo. Hühner Brüstchen oder Schenkel ist ein arme Leute Essen. Innereien, Kopf und Pfoten vom Huhn, Rind oder Schwein sind bei der besseren Gesellschaft angesagt.“ Alle verziehen das Gesicht. Flo sieht ihn angeekelt an und verkündet: „Wenn das so ist, sollen die ihren Fraß alleine essen. Wir essen lieber an Bord!“ Max beruhigt sie sofort: „Selbstverständlich kannst Du Restaurants aus allen möglichen Ländern finden, sogar ein echt Bayrisches.“

Da die Catalina oft mit heftigen Gegenwinden zu kämpfen hat, können sie erst nach zehn Tagen in den Hafen von Kaohsiung einlaufen.

Es gibt sogar eine Städtepartner-schaft mit Hamburg. Dieser Hafen ist allerdings weitaus größer als der Hamburger Hafen. Man leistet sich sogar den Luxus, ankommende Schiffe mit einer kleinen Barkasse zu ihrem Liegeplatz zu geleiten. An der Pier, an der sie schließlich festmachen, liegen mehrere große, elegante Motoryachten. Keine unter dreißig Meter. Die Catalina ist der einzige Großsegler und in bester Gesellschaft. Als sie festmachen wollen, sind sofort helfende Hände zur Stelle, die die Taue an Bug und Heck auffangen und befestigen. Da hier alte Großsegler offensichtlich ein seltener Anblick sind, bildet sich sofort eine Menschentraube am Kai, bestaunt das Schiff und diskutieren eifrig. Pia bringt, nachdem sie die Gangway heruntergelassen hat, vorsichtshalber die Hunde in Stellung, um allzu Neugierige davon abzuhalten auf die Catalina zu klettern. Da sie schon am nächsten Tag in die Hauptstadt wollen, fragt Giorgio beim Hafenmeister gleich nach einer Bewachung für die Catalina und einem Hunde Sitter für Felicia und Kolumbus.

Beides stellt für die Hafenverwaltung kein Problem dar. So können sie am nächsten Tag pünktlich um Acht Richtung Bahnhof aufbrechen. Das Taxi braucht in dem Verkehrs-gewühl über eine halbe Stunde, sodass sie erst fünf Minuten vor der Abfahrt dort ankommen. Sie müssen sich noch orientieren und hetzen in letzter Minute auf den Bahnsteig, wo ihr Zug abfahrbereit steht. Direkt nach ihrem Einstieg, setzt sich der Express fast lautlos in Bewegung. Sie staunen über den Komfort und Gediegenheit dieses Zuges: „Ist das hier die Luxusklasse oder sind alle Wagen so elegant?“ fragt Giorgio. „Ich habe für uns die Businessclass gebucht, das war nur zehn Euro teurer als der Normalpreis!“ erwidert Max zufrieden. Der Zug rauscht mit hoher Geschwindigkeit durch die abwechslungsreiche Landschaft. Dienstbare Geister verwöhnen sie mit Essen, Getränken und Lesestoff. Die Speisen sind verführerisch zubereitet. Die Mädchen entscheiden sich für Tofu mit verschiedenen, schwer definierbaren Gewürzen, während Giorgio und Max beherzt zu einem Austernomlett mit Chrysanthemen Blättern, in scharfer süßsaurer Soße, greifen. Es schmeckt exotisch aber ausgesprochen lecker. Wenn die Landesküche hier so toll ist, freue ich mich schon auf unser Dinner heute Abend. Ich muss unbedingt irgendwo ein Rezeptbuch mit Taiwanesischer Küche ergattern!“ Flo ist wieder in ihrem Element.

Pünktlich 90 Minuten später läuft der Express in den modernen Bahnhof von Taipeh ein. Max hat für sie Zimmer im eleganten Westgate Hotel gebucht, weil es in unmittelbarer Nähe vom Bahnhof ist und eine direkte Busverbindung zum Taiwan National Palastmuseum hat. Außerdem will er bei seinen Schwestern und Theresa Pluspunkte sammeln, in dem er ihnen zu gegebener Zeit erzählt, dass eines der besten und berühmtesten Kaufhäuser Asiens, das Pacific Sojo, ganz in ihrer Nähe ist. Sie beziehen ihre Zimmer und machen sich sofort zum Museum auf. Der kleine Hotelbus schlängelt sich geschickt durch den tosenden Verkehr zum nördlichen Stadtrand. Dort liegt das Palastmuseum, eingebettet in eine bewaldete, hügelige Landschaft und strahlt die Würde und Eleganz eines prächtigen Palastes aus.

Die Dimensionen sind gigantisch. Giorgio wird sofort klar, dass sie an einem Tag gar nicht alles besichtigen können. Er entscheidet deshalb, sich hauptsächlich auf Gemälde, Jade Figuren, Schmuck sowie chinesische Möbel zu konzentrieren. Dann gibt es noch eine extra Abteilung mit den schönsten und wertvollsten Stücken der chinesischen Kaiser. Die würden sie eigentlich auch gern noch sehen wollen.

Das Museum begeistert und überwältigt die Weltenbummler Es ist hell, freundlich und keineswegs langweilig. So völlig anders, als alle bisherigen Museen. Die hier zusammen getragenen Artefakte müssen einen unschätzbaren Wert haben. Dem entsprechend ehrfürchtig schleichen die Menschen durch die Räume. Nach einer kleinen Stärkung, in Form einer chinesischen Reispfanne, machen sie sich über den Schmuck der chinesischen Kaiser her. Selbst Giorgio, der schon viel gesehen hat, staunt über die riesige Anhäufung von Gold und Edelsteinen, die teilweise so groß wie Hühnereier sind und in allen Regenbogenfarben leuchten. Gegen fünf Uhr stöhnt Flo: „Ich kann nicht mehr. Meine Füße tragen mich nicht mehr und mein Gehirn ist auch nicht mehr aufnahmefähig!“ „Das wundert mich nicht!“ kommt der bissige Kommentar von ihrem Bruder. „Du blöder Hammel!“ zischt sie zurück.

Wenn Giorgio nicht dazwischengeht, entsteht der schönste Streit zwischen den Beiden. Wir werden jetzt ins Hotel fahren. uns ausruhen. Morgen früh sehe ich mir noch die chinesischen Möbel an. Wer will, kann mich begleiten!“ Zu seiner Überraschung wollen alle. Er freut sich, dass das kulturelle Interesse seiner Crew offensichtlich doch größer ist, als befürchtet. Am Abend sitzt die Crew, zur Freude der Mädchen, in einem vege-

Vegetarisches Buffet in Taipeh

tarischen Restaurant, die es hier wie Sand am Meer gibt und staunen, was aus Tofu alles möglich ist und wie gut vegetarische Küche schmecken kann. „Flo, lass Dir bloß die Rezepte geben oder schreib alles auf, das ist ja köstlich!“ schwärmt Theresa. Selbst Giorgio muss zugeben, dass das Essen, auch ohne Fleisch vorzüglich ist. Flo flirtet schon wieder mit dem Kellner und versucht ihm die Geheimnisse der Tofu Küche zu entlocken. Entweder hat er sie nicht verstanden oder ist gegen Flo´s Verführungskünste immun, denn er verschwindet ohne ein Wort in der Küche.

Nach einer Weile kommt er mit einem wohlbeleibten Koch an den Tisch zurück, sagt jedoch kein Wort sondern deutete auf den Koch. „Was kann ich für Sie tun, meine Dame?“ fragt er Flo in fast akzentfreiem deutsch. „Donnerwetter, sie sprechen ja deutsch!“ entfährt es Flo geistreich. Dann erklärt sie dem Koch ohne rot zu werden, wer sie sind und dass sie eine Kollegin von ihm ist. Da wir alle leidenschaftliche Vegetarier sind und noch nie so gute Tofu Gerichte gegessen haben, bitte ich Sie, praktisch unter Kollegen um einige Rezepte dieser leckeren Köstlichkeiten!“ Der Koch dreht sich auf dem Absatz um, eilt in die Küche und kommt eine Minute später mit einem kleinen Heft zurück, das er Flo feierlich überreicht. „Von Kollege zu Kollege, darin habe ich einen Großteil meiner Rezepte aufgeschrieben, sogar mit europäischen Schriftzeichen!“ meint er feierlich. Woher sprechen Sie so gut Deutsch?“ will Giorgio wissen. „Ich habe vier Jahre in München und Hamburg gearbeitet. Ihr Land gefällt mir gut, ich habe dort viel gelernt.“ Flo bedankt sich herzlich und beginnt sofort in dem Heft zu blättern.

Nach einer Weile brechen sie auf, um sich noch den berühmten Wolkenkratzer Taipeh 101 bei Nacht anzusehen.

Der ist toll erleuchtet und ein architektonischer Genuss, wie Giorgio feststellt. Besonders beeindrucken ihn die großen, frei schwebenden Gewichte, die im oberen Teil des Gebäudes angebracht sind. Der Sinn dieser Gewichte ist, das Haus auch bei starken Stürmen oder sogar Erdbeben im Gleichgewicht zu halten und extreme Schwankungen zu vermeiden. Giorgio bewundert diese geniale Idee der Architekten und Ingenieure und muss diese Pendel genau unter die Lupe nehmen.

(Wenn Sie mehr über dieses interessante Bauwerk erfahren möchten hier anklicken https://de.wikipedia.org/wiki/Taipei_101 )

Am nächsten Morgen sind sie schon früh unterwegs um sich die exquisiten Möbel der chinesischen Kaiserzeit anzusehen. Für den späten Nachmittag ist bereits die Rückreise nach Kaohsiung geplant, obwohl ihnen Taipeh gut gefällt und sie gern noch ein paar Tage für diese interessante Stadt dran hängen würden. Aber Giorgio spricht ein Machtwort: Ich kann Euch ja verstehen, mir geht es genauso. Taiwan wäre noch sehr interessant, denn es ist auch das Land der Tempel…

Taipeh ist auch für seine schönen Tempel bekannt.

Aber wenn wir unseren Zeitplan nicht wenigstens einigermaßen einhalten, brauchen wir für den Rest unserer Reise glatt noch ein Jahr länger. Das kann ich Hubertus nicht antun. Auch Ihr solltet langsam beruflich mal in die Hufe kommen, denn Ihr werdet schließlich auch nicht jünger!“ lacht er. Die Mädchen sehen ihn böse an. „Willst Du damit sagen, dass bei uns langsam der Lack ab ist und wir sehen sollen, das wir unter die Haube kommen?“ Flo funkelt ihren Vater verärgert an. „Natürlich nicht, aber wenn Ihr studieren wollt und man für das Studium im Schnitt sechs Jahre veranschlagt, dann noch eventuell ein Referendariat anhängt, solltet Ihr bald nach unserer Rückkehr loslegen mit dem Studium. Sonst seit Ihr über dreißig, wenn Ihr in den Beruf einsteigt und das wollt Ihr mit Sicherheit nicht und ich auch nicht!“ fügt er in Gedanken an den teuren Unterhalt von gleich drei Studenten hinzu.

Die Gemüter beruhigen sich wieder. Nachdem Pia die Worte ihres Vaters durchdacht hat, muss sie ihm sogar Recht geben. „So hab ich das noch gar nicht gesehen, aber Du hast Recht. Wir können Dir ja nicht ewig auf der Tasche liegen und wollen schließlich auch mal selbst unsere Brötchen verdienen.“ Flo und Max stimmen jetzt ihrer Schwester zu. Nach dem Museumsbesuch ist sogar noch eine Stippvisite im berühmten Kaufhaus Pacific Sojo 101 drin, da Giorgio seine Töchter unbedingt bei Laune halten will. Voll bepackt mit bunten Taschen und Kartons werfen die Fünf sich nach zwei Stunden in ein Taxi und lassen sich zum Bahnhof kutschieren. Nach einer schönen Zugfahrt, kommen sie am Abend in Kaohsiung an und lassen sich mit einem Taxi zu ihrem Schiff bringen. Sie werden mit lautem Gebell und Freudentänzen von Felicia und Kolumbus stürmisch begrüßt und waren auch froh, wieder in ihrer gewohnten Umgebung zu sein.

Gegen acht Uhr morgens drängt Giorgio zum Aufbruch, zahlt bei der Hafenkomman-dantur die Liegegebühren und den gebunkerten Sprit. Als er zurückkommt sind bereits alle Arbeiten erledigt, es müssen lediglich die Leinen eingeholt und die Gangway hochgezogen werden. Fertig zum Auslaufen, langsame Fahrt voraus, zwei Strich Steuerbord und Kurs Westsüdwest!“ Giorgio hört von der ersten Offizierin Pia sofort ein kräftiges „Ay, ay Käpt´n!“

 

29. Hongkong der geheimnisvolle Schmelztiegel